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Seestadt sucht Hülle

Die neue Seestadt in Bregenz. Das Millionenprojekt soll bis 2015 fertig sein.
Die neue Seestadt in Bregenz. Das Millionenprojekt soll bis 2015 fertig sein. ©VN-Grafik
Bregenz - Architekten und Projektbetreiber tüfteln an Seestadt. Fassadengestaltung offen.

Ein Plakat auf dem Parkplatz weist darauf hin, was hier in den kommenden Jahren entstehen soll. „Mehr Stadt. Mehr Leben“, so lautet das Motto der Bregenzer Seestadt. Aber wie das neue Quartier aussehen soll, wenn 2015 die Türen aufgehen, das ist noch offen. Es ist ein einmaliges Projekt für Bregenz, was die Dimension betrifft. Praktisch ein ganzer Stadtteil wird binnen vier Jahren aus dem Boden gestampft. Vor eineinhalb Jahren wurde ein Siegerprojekt gekürt. Fertig sind die Pläne deshalb aber noch lange nicht: „Der Wettbewerb war nicht der Abschluss, sondern eher der Anfang. Wir müssen noch einige Fragen klären“, gibt Prisma-Projektbetreiber Bernhard Ölz zu. Die Gebäudeformen haben sich mittlerweile zum Teil geändert. Und in welche Hülle die verschiedenen Gebäude getaucht werden, ist noch nicht entschieden. „Mein Wunsch sind typische Materialien für Innenstädte. Also Stein, Putz, Glas oder Ziegel. Eine Holzfassade wird es wohl nicht werden.“ Der Gestaltungsbeirat der Landeshauptstadt ist jedenfalls eingebunden. Der ursprüngliche Zeitplan musste bereits vor dem Sommer nach hinten korrigiert werden – die VN berichteten: Mit dem Bau der Seestadt soll im Herbst 2012 begonnen werden. Eröffnung wäre dann 2015.

Kein reines Einkaufszentrum

Im Inneren sollen auf einer Nutzfläche von über 20.000 Quadratmetern Handel, Büros, Gastronomie und Wohnungen zusammenkommen. „Wir bauen kein reines Einkaufszentrum“, unterstreicht Ölz. Die ersten beiden Stockwerke sind aber hauptsächlich für Geschäfte reserviert. 150 Namen gebe es bereits. Für 30 Marken ist Platz. Verträge seien noch nicht unterschrieben. Ölz strebt eine bunte Mischung an: „Wir brauchen Zugpferde. Wir werden uns aber vom Angebot klar von anderen Handelszentren in der Umgebung unterscheiden.“ Die Wohnungen werden vermietet. Verkauft wird nichts. „Wir erarbeiten zur Zeit auch ein Modell gemeinsam mit dem Land, leistbare Wohnungen zu schaffen.“ Die derzeit oberirdischen Parkplätze werden in die Tiefe verlegt. Aber wie tief? Eine zweistöckige Tiefgarage wäre möglich. Aber auch ein drittes Stockwerk könnte in den feuchten Untergrund gebaut werden. Der Boden ist aufgrund der Seenähe nicht ideal.

­Baustelle am Nadelöhr

Die Seestadt wird Bregenz mehr Verkehr bringen. „Bis zu fünf Prozent“, schätzt Ölz. Durch die Garageneinfahrten, etwa schon auf Höhe der Bezirkshauptmannschaft, wird allerdings auch die Seestraße entlastet. Derzeit arbeitet man an Varianten, um einen Verkehrskollaps während der Bauzeit zu vermeiden. „Die Seestraße muss voraussichtlich ein Jahr lang gesperrt werden“, sagt Ölz. Der Verkehr wird dann über die Bahnhofstraße umgeleitet.

Leutbühel wird “zukunftsfit” gemacht

Die Seestadt wird Bregenz verändern, so viel ist klar. Angesichts der zahlreichen Projekte – Landesmuseum, Kornmarktplatz, Bahnhofs­arel werden ebenfalls neu – soll auch die Innenstadt „zukunftsfit“ gemacht werden, wie Roland Murauer vom Beratungsunternehmen Cima erklärt. Vor dem Sommer wurde unter seiner Leitung der „Quartiersentwicklungsprozess Leutbühel“ gestartet. „Es geht darum, welches Gesicht der Leutbühel zukünftig haben soll. Die erste Phase haben wir gerade abgeschlossen“, sagt Murauer. Alle Eigentümer wurden angeschrieben. Bis Februar soll eine Strategie fertig sein. Seestadt-Betreiber Bernhard Ölz will klarstellen: Eine Abwanderung von Innenstadt-Geschäften in die Seestadt sei nicht gewollt: „Wir wollen keinen Leerstand produzieren.“ Unternehmer, die umziehen wollen, würden gar nicht berücksichtigt.

Sechs Millionen Euro Kosten für Stadt Bregenz

„Wir sind an einem sensiblen Punkt angelangt“, streicht der Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart hervor. Denn die immer konkreteren Pläne müssten mit dem Masterplan in Einklang gebracht werden. Gleichzeitig müsse das Projekt wirtschaftlich nachhaltig bleiben, ein guter Branchenmix sei gefordert. „Das ist eine große Chance für Bregenz, hier ein neues Quartier entstehen zu lassen.“ Ein zentraler Aspekt dabei sei die Seespange als Verbindung zum See. Das lässt sich die Stadt einiges kosten: 4,5 Millionen Euro muss die Stadt für die Seespange aufbringen. Für die Fußgängerzone sind nochmals 1,5 Millionen Euro veranschlagt. Man versuche noch, von Bund und Land Gelder zu lukrieren. „Klar ist aber: Die Seespange wird gebaut. Sie ist wichtig für die Akzeptanz der Seestadt“, betont Linhart.

Gestaltungsbeirat

In das Projekt ist auch der Gestaltungsbeirat der Stadt eingebunden. „Wir sind ein beratendes Gremium. Es geht um den Dialog mit externen Fachleuten“, erklärt Beiratsmitglied und St. Galler Kantonsbaumeister Werner Binotto. „Die Herausforderung ist, dass die Qualität des Siegerprojekts erhalten bleibt und problematische Aspekte gelöst werden.“ Konkret spießt es sich an der Fassadengestaltung der Seefront. Sollen alle Gebäude gleich aussehen? „Wir brauchen Einheit in der Vielfalt. Die verschiedenen Gebäude sollen die Idee einer gewachsenen Stadt suggerieren. Diese Komplexität soll erhalten bleiben. Gleichzeitig ist es ein Projekt, und das verlangt Disziplin.“ Als Kommission seien sie darum besorgt, dass „in dieser hervorragenden Lage keine normale Einkaufsstraße entsteht.“ Die Zusammenarbeit bewertet Binotto als sehr gut.

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