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Reaktionen zur Steuerreform

Strache kann sich mit der Steuerreform nicht anfreunden
Strache kann sich mit der Steuerreform nicht anfreunden ©APA
Wien - Vehemente Kritik von den Oppositionsparteien, zufriedene Gesichter bei den Regierungsparteien. Die Reaktionen auf die von SPÖ und ÖVP beschlossene Steuerreform fallen naturgemäß sehr unterschiedlich aus. Die FPÖ spricht beispielsweise von einem "kümmerlichen Paketchen".
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FPÖ: “Kümmerliches Paketchen”

Vehemente Kritik an der Steuerreform üben FPÖ und Team Stronach. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache nannte am Freitag das von der Regierung geplante Vorhaben ein “kümmerliches Paketchen” und hielt der Regierung vor, sich nicht dem Ausgabenproblem zu widmen. Für Team Stronach Klubobfrau Waltraud Dietrich ist die Reform eine “bloße Geld-Umverteilaktion”, die nur “Wohlfühlzahlen” verwende.

Strache zeigt sich überzeugt, dass die Wirkung der Steuerreform für die Arbeitnehmer in “spätestens zwei Jahren” wieder “verpufft” sei: “Meilensteine sehen anders aus.” Als falsch hätten sich laut Strache die Ankündigungen der Regierungsspitze über keine bevorstehenden Steuererhöhungen herausgestellt. Für ihn bedeuten die “teilweise massiven” Erhöhungen bei der Umsatzsteuer, bei der Grunderwerbssteuer und der Kapitalertragssteuer eine “weitere Mehrbelastung”.

Team Stronach: “Sturm im Wasserglas”

Dietrich bezeichnete ebenfalls in einer Aussendung die Steuerreform als “Sturm im Wasserglas” und warnt in den “wenigen bisher bekanntgewordenen Eckdaten” vor “Wohlfühlzahlen”. Wie eine “bloße Geld-Umverteilaktion ohne echte Reformen” den Österreichern von Bundeskanzler und Vizekanzler verkauft werde, kann laut Dietrich “gespannt” erwartet werden.

Kritik kommt auch vom Präsidenten des Katholischen Familienverbands, Alfred Trendl. Er betonte, dass die Politik die Familien mit der Reform “für dumm verkaufen” wolle und ihnen besonders durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer schade. Nicht vereinbar sei für Trendl die Steuerreform mit der Ansage, Österreich zum familienfreundlichsten Land Europas zu machen. Einen “Skandal” sieht er darin, dass “Mehrkindfamilien durch die Steuer armutsgefährdet werden”.

Grüne: “Lediglich eine Tarifanpassung”

Die Grünen üben scharfe Kritik an der Steuerreform. Klubobfrau Eva Glawischnig und Budgetsprecher Bruno Rossmann sprachen bei einer Pressekonferenz am Freitag lediglich von einer “Tarifanpassung”, von der vor allem Spitzenverdiener profitieren würden. Ob sie der Regierung die nötige Zweidrittelmehrheit für eine Erhöhung der Kapitalertragssteuer (KESt) liefern werden, halten sie sich noch offen.

“Von einer Steuerreform kann man nicht sprechen, wir haben es mit einer Tarifanpassung zu tun”, sagte Glawischnig. Der Hauptteil der Entlastung gehe in die mittleren und oberen Einkommensbereiche. “Die Behauptung, dass Niedrigverdiener entlastet werden, ist falsch.” Es seien die obersten zehn Prozent, die “maximal Minibeträge zahlen werden” und die in den Verhandlungen geschützt worden seien.

Als “besonders problematisch” sehen die Grünen die Gegenfinanzierung. “Bis zur Hälfte ist diese Tarifanpassung auf Sand gebaut”, meinte Glawischnig. Sie befürchte, dass die Reform dank fehlender Gegenfinanzierung durch Kürzungspakete in den kommenden Monaten bezahlt werden müsse. Dass Geld aus der Betrugsbekämpfung kommen soll, sei zwar positiv, die veranschlagten knapp zwei Mrd. Euro seien aber “vollkommen überhöht”. Vor allem die “Millionärssteuern” seien ein “PR-Gag”: “Das betrifft 418 Personen.” Verlierer seien die Niedrigverdiener und vor allem Frauen seien im Stich gelassen worden, denn von den fünf Mrd. Euro Entlastungsvolumen würden zwei Drittel auf Männer entfallen.

Untere Einkommen würden unterdurchschnittlich entlastet, kritisierte auch Rossmann, dadurch gebe es auch einen unterdurchschnittlichen Effekt auf den Konjunkturbereich. Während Mindestpensionisten in einer Größenordnung von maximal 110 Euro entlastet werden, könne etwa ein Nationalratsabgeordneter mit einer Entlastung von rund 2.300 Euro rechnen. Die Erhöhung der Grunderwerbssteuer gehe “tief in die Mittelschicht” hinein und von der Registrierkassenpflicht seien vor allem kleine Gewerbebetriebe, die es ohnehin schon schwerer hätten, betroffen.

Ob die Grünen der Regierung zur nötigen Verfassungsmehrheit für eine Erhöhung der Kapitalertragssteuer auf Dividenden, ohne dass gleichzeitig die KESt auf Sparbücher steigt, verhelfen werden, halten sie sich noch offen. Der Bereich der Kapitalertragssteuer sei noch “diskussionswürdig”, sagte Glawischnig. “Wir werden uns das im Detail anschauen, wenn die Texte vorliegen”, meinte sie. “So einfach wird es nicht gehen, dass die Regierung zu uns kommt und die Zustimmung bekommt.”

Sehr große Zustimmung in der SPÖ

Die Steuerreform dürfte die SPÖ-Gremiensitzungen unbeschadet überstehen. Sämtliche vor dem Präsidium befragten Parteispitzen lobten das Verhandlungsergebnis überschwänglich. Dass es nichts mit einer Millionärs- oder Erbschaftssteuer wurde, sieht man in der SPÖ großteils gelassen.

Pensionistenchef Karl Blecha meinte etwa, über solche Abgaben werde man ohnehin wieder reden müssen, sollten sich die Erwartungen bezüglich der Gegenfinanzierung als zu optimistisch erweisen. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser befand, dass sich die Tür in Sachen Vermögensbesteuerung ohnehin geöffnet habe: “Und wenn der Türspalt offen ist, sieht man Licht dahinter.”

Als einer der größten Skeptiker hatte sich in den letzten Tagen der Tiroler Landesparteichef Ingo Mayr präsentiert. Die Zweifel sind jetzt weg. Die SPÖ-Vertreter hätten “sehr gut verhandelt”, meinte Mayr. Entscheidend sei für ihn, dass die Entlastung nicht von jenen finanziert werde, die eigentlich entlastet werden sollten.

Für den burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl stellt sich die Sache recht einfach dar. Die SPÖ habe sich bei der Entlastung durchgesetzt, die ÖVP beim Schutz der Millionäre. Einen “Etappensieg” für seine Partei erkannte der oberösterreichische SPÖ-Chef Reinhold Entholzer im Ergebnis der Verhandlungen. “Klar” wäre ihm allerdings eine höhere Vermögensbesteuerung lieber gewesen.

Michael Ritsch, Vorsitzender der Vorarlberger SPÖ und oft auch kritischer Geist in der Partei, ist diesmal mit dem Erreichten zufrieden. Für ihn sei Voraussetzung für eine Zustimmung gewesen, dass jedem 50 Euro pro Monat mehr zukämen. Jetzt seien es fast 100. Positiv ist für ihn, dass vermögensbezogene Punkte dabei sind, mehr sei mit dieser ÖVP erwartungsgemäß nicht möglich gewesen.

SP-Chef Werner Faymann erklärte vor dem Präsidium, dass er in den Gremien für das Paket werben werde. Auch die Gegenfinanzierung hält er für gelungen, obwohl er selbst unverändert für eine Millionärssteuer eintrete. Das wichtigste sei ihm jedoch, dass die schon im Wahlkampf versprochene Lohnsteuer-Senkung auch tatsächlich komme: “Meine Verantwortung ist es Wort zu halten und das haben wir getan.”

Die einzigen Misstöne im roten Jubelchor kamen von der Sozialistischen Jugend. Rund ein Dutzend SJ-Anhänger versammelte sich vor dem Parlament ausgerüstet mit einem Galgen, an dem ein Reichensteuer-Sack baumelte. SJ-Chefin Julia Herr meinte, sie fände durchaus Aspekte der Steuerreform positiv, sie befürchte aber, durch den Verzicht auf Reichensteuern werde die Gegen-Finanzierung nicht funktionieren und dann werde die ÖVP wieder einmal auf soziale Einschnitte drängen.

Zufriedene erste Eindrücke bei ÖVP

Großteils zufrieden über die ersten Informationen zur Steuerreform haben sich ÖVP-Vertreter vor Beginn des Bundesparteivorstands Freitagmittag gezeigt. Der niederösterreichische Landesparteichef Erwin Pröll erklärte etwa gegenüber Journalisten bei seinem Eintreffen: “Es dürfte halbwegs geglückt sein.”

Pröll zeigte sich froh über den Verhandlungsabschluss und dass die Diskussion nun zu Ende ist, denn diese schade nur dem Wirtschaftsstandort. Im “Interesse des Ganzen” sei es notwendig gewesen, “Extremstandpunkte zu verlassen”, verwies er auf das Motto “Leben und Leben lassen”. Nach den ersten Informationen dürfte die Steuerreform “halbwegs geglückt” sein, so Pröll. Er räumte ein, dass es noch “Ecken und Kanten” geben kann. Die von der SPÖ gewünschte Vermögenssteuer konnte verhindert werden und so erklärte er: “Die Kuh, die man melkt, schlachtet man nicht.” Parteichef Reinhold Mitterlehner und Finanzminister Hans Jörg Schelling gaben sich beim Eintreffen vor der Parteizentrale wortkarg. Auf die Frage, ob sie sich im Vorstand eine breite Zustimmung erwarten, meinten sie aber: “Ja.” Zu Beginn der Vorstandssitzung noch nicht eingetroffen war Wirtschaftsbundobmann Christoph Leitl.

Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer erkannte ein gutes Ergebnis für die Steuerzahler. Es sei zugesagt worden, dass es keine zusätzlichen Belastungen für die Gemeinden gibt: “Die Gemeinden werden mit dem Ergebnis leben können.” Details kenne er noch nicht. Natürlich handle es sich beim Ergebnis um einen Kompromis.

Der burgenländische Landesparteichef Franz Steindl erkannte auf das erste Hinschauen ebenfalls eine gelungene Reform. Die Mittelschicht werde entlastet und er hoffe auf eine Kaufkraftstärkung. Der oberösterreichische Landesparteichef Josef Pühringer sprach von der größten Reform. Die Österreicher werden mehr Geld in der Börse haben. Markus Wallner, Vorarlbergs Landesparteiobmann, sah gute Impulse für die Wirtschaft. An sich sei es “gut gelaufen”. Von der Eingangssteuersenkung werde “jeder profitieren”. Auch erkannte er “sehr humane Lösungen”. Dass die Stiftungen verschont werden, gehe in Ordnung, da diese sonst ins Ausland gehen. Wilfried Haslauer, Salzburger Landesparteichef, sah für die Wirtschaft das Schlimmste abgewendet.

Familienministerin Sophie Karmasin freute sich über die “deutliche Entlastung” für die Familien und auf jeden Fall eine schwarze Handschrift. Zufrieden zeigte sich auch Beamten-Gewerkschaftschef Fritz Neugebauer. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka räumte ein, es werde immer jemanden geben, der mehr oder weniger zufrieden sei. Der frühere Verteidigungsminister Werner Fasslabend erklärte bei seinem Eintreffen, “es sei offensichtlich gelungen, trotz angespannter Budgetsituation eine solide Reform herbeizuführen”. Der Großteil werde eine erkennbare Steuererleichterung erfahren. Als ÖVPler könne man durchaus stolz sein. Ziel sei es gewesen, den mittleren Bereich zu entlasten und das sei gelungen.

Ecovis Austria: “Schlechter geht’s kaum mehr”

Beißende Kritik an den bisher bekanntgewordenen Eckpunkten der Steuerreform kommt von der Steuerberatungskanzlel Ecovis Austria. Partner David Gloser hält die geplanten Mehreinnahmen durch Betrugsbekämpfung von 1,8 Mrd. Euro für “lachhaft”. In Summe die Zusammenfassung Glosers: “Schlechter geht’s kaum mehr”.

Wien. Der neue Spitzensteuersatz von 55 Prozent werde international dem Standort Österreich schaden und die ohnehin hohen Lohnnebenkosten sinken nicht. Auch sei die Erhöhung der Kapitalerstragssteuer (KESt) auf Unternehmensausschüttungen von 25 auf auf 27,5 Prozent eine “Watschn” für den Mittelstand. Denn Gewerbeunternehmen hielten häufig GmbHs im Familienbesitz, damit ergebe sich für sie in Summe durch die Steuerreform eine höhere Belastung als vorher.

Gloser bescheinigt den heimischen Steuerbehörden, schon jetzt “relativ effizient und kompetent” zu arbeiten, daher sei die Annahme, durch Betrugsbekämpfung 1,8 Mrd. Euro mehr zu lukrieren nicht glaubwürdig.

Wirtschaftstreuhänder: “geglückte Tarifreform”

“Die Tarifreform für Kleine ist geglückt, das ist fein. Große Strukturreform ist es aber keine” urteilt Klaus Hübner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, über die bisher bekannten Eckpunkte der Steuerreform. Die veranschlagten zwei Mrd. Euro an Zusatzeinnahmen aus der Betrugsbekämpfung hält er für “völlig unrealistisch”. Selbst die Hälfte wäre nur “gerade noch vorstellbar”.

Wenn man nun von 1.000 Euro mehr Netto pro Person spreche, müsse man erst die Streichung von Ausnahmen bei Sonderausgaben und höhere Steuern auf verschiedene Produktgruppen gegenrechnen. Dann blieben wohl für viele nur mehr 500 Euro Mehreinnahmen. “Aber mehr können wir uns nicht leisten, das ist auch die Wahrheit”, so Hübner zur APA. Die Höhere Kapitalertragssteuer (KESt) für Dividenden “ist zu akzeptieren, weil der Konsens her musste”.

Lob gibt es von Hübner für das Ziel, eine Mrd. Euro durch eine Verwaltungsreform einzusparen. “Dass es so schnell greift, glaube ich nicht, aber die paktierte Absicht ist etwas schönes”. Der Erfolg sei auch unabdingbar, da aus Hübners Sicht die Mehreinnahmen bei der Betrugsbekämpfung deutlich niedriger ausfallen werden als veranschlagt. Die höhere Besteuerung bei der Vererbung von Immobilien sei immer noch besser als eine allgemeine Vermögens- und Erbschaftssteuer, “damit wird man leben müssen”. Noch seien die Details aber nicht klar, daher könne man auch noch nicht sagen, wie weit Firmen betroffen sind.

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