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Diplomatie und Homophobie

Guido Westerwelle könnte der erste offen schwule Außenminister werden.
Westerwelle mit seinem Lebensgefährten Mronz
"Es ist Deutschland hier!"
Westerwelle weigert sich, Englisch zu sprechen

Kurz nach der Bundestagswahl sieht alles danach aus, als werde Guido Westerwelle (FDP) Deutschlands neuer Außenminister – auch seine Homosexualität wird damit wieder öffentlich thematisiert. Die Zeitungen sind voll mit Fotos des FDP- Chefs und seines Lebensgefährten Michael Mronz. Dass sich Westerwelle offen zu seinem Schwulsein bekennt, ist in Europa kein großes Thema mehr. In Regionen wie dem Mittleren Osten und Asien könnte es aber möglicherweise zu Problemen führen. Oder einen Schritt hin zu mehr Toleranz bedeuten, sagen Experten.

Coming-out

Sein offizielles Coming-out hatte Westerwelle vor fünf Jahren – am 50. Geburtstag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Auf die CDU-Chefin bezieht sich der potenzielle Außenminister auch, wenn er Sorgen über mögliche diplomatische Schwierigkeiten zurückweist: „Manche Länder mögen auch Probleme damit gehabt haben, dass Angela Merkel die erste Frau im Kanzleramt geworden ist“, sagte Westerwelle zu Anfang des Jahres. „Natürlich trägt sie keinen Schleier auf dem roten Teppich, wenn sie die arabischen Staaten besucht.“ Er sei davon überzeugt, dass das Privatleben heutzutage kein Hindernis mehr darstelle. Die Entscheidung, wen Deutschland als politische Repräsentanten ins Ausland schicke, beruhe zudem ausschließlich auf deutschen politischen und moralischen Standards.

Schwule kriminalisiert

Trotzdem wird Westerwelle auf seinen Reisen mit Kollegen aus Ländern konfrontiert sein, die Homosexualität verfolgen und diskriminieren. Die International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA) lis­tet 80 Staaten weltweit, die gleichgeschlechtlichen Sex per Gesetz als illegal erklären. Im Iran, in Mauritanien, Saudi-Arabien, im Sudan und Jemen steht darauf sogar die Todesstrafe. Bei Besuchen in solchen Regionen könne es für Westerwelle durchaus zu heiklen Situationen kommen, sagt Eberhard Sandschneider von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Vorbild

Noch im Dezember 2008 hatte Westerwelle im Magazin „Stern“ angekündigt, sich dafür einzusetzen, homophoben Staaten und solchen, die Frauenrechte nicht achteten, die Entwicklungshilfe zu streichen. Westerwelle könnte nach Expertenmeinung ein Vorbild für mehr Toleranz in anderen Teilen der Welt sein. Zwar könnten politische Kräfte bei Spannungen die Homosexualität Westerwelles nutzen, um die Bevölkerung gegen die „westliche Dekadenz“ aufzuhetzen, sagte Volker Perthes von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Einig sind sich viele: Ob Westerwelle ein guter Außenminister wird, hat nichts mit seinem Privatleben zu tun.

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