Justizdaten-Affäre: Bedingte Haftstrafen für alle zwölf Angeklagten
Sie wurden für schuldig befunden, von 2002 bis 2010 Exekutionsdaten von knapp 40.000 juristischen und 92.000 Privatpersonen weitergegeben und dafür insgesamt etwa 300.000 Euro kassiert zu haben.
Richterin Stephanie Öner verurteilte die Justiz-Beamten zu bedingten Haftstrafen zwischen sechs und 24 Monaten – mit einer dreijährigen Probezeit. Für die Richterin waren die Abfragen und Weitergaben der Daten “nicht nachvollziehbare Handlungen”, die von Bediensteten getätigt worden waren, die einen “verantwortungsvollen Posten” innehatten.
Prozess gegen Hauptangeklagten folgt
Während die Verteidiger für ihre zwölf Beschuldigten milde Urteile erbaten, sprach der Staatsanwalt von “ganz klarem Missbrauch”. Den zwölf Justiz-Beamten wurde vorgeworfen, Exekutionsdaten an den Betreiber einer Wiener Kreditauskunftei zuerst abgerufen und dann weitergegeben zu haben. Das Verfahren gegen den 68-jährigen Hauptangeklagten – er soll sich seit 2002 entgeltlich geheime Daten aus dem elektronischen Register der Justiz (VJ) besorgt haben – wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt. Der Unternehmer wird derzeit nach mehreren gescheiterten Selbstmord-Versuchen im Wiener Otto-Wagner-Spital (OSW) stationär behandelt.
Angeklagte reumütig
Die Angeklagten zeigten sich teils reumütig geständig, teils uneinsichtig. Zweitere erregten bei der Staatsanwaltschaft einigen Unmut. Es deute alles auf Missbrauch hin, schließlich hätten einige ihre Schuld eingesehen, außerdem müsse jedem Beamten klar sein, dass die Weitergabe von Daten an Privatpersonen ebenso unrechtmäßig sei wie die Tatsache, dass man sich das dafür erhaltene Entgelt “in die eigene Jackentasche steckt”.
Das fehlende Unrechtsbewusstsein einiger Beschuldigter kommentierte die Anklage so: “Wenn das (Weitergeben von Daten, Anm.) ok wäre – warum machen das dann nicht alle? Die Nachfrage wäre sicherlich groß.” Auf die Aussage einer Justiz-Beamtin, sie habe hinter dem Ankauf der Daten “rechtliches Interesse” vermutet und sich deshalb “nichts dabei gedacht”, meinte der Staatsanwalt: “Das ist sowas von aus der Luft gegriffen, dass ich es gar nicht fassen kann.”
Auch Vorarlberger angeklagt
Die angeklagten Gerichtsvollzieher, Rechtspfleger und für Schreibarbeiten eingesetzte Kanzleikräfte an Vorarlberger, Tiroler, steirischen, oberösterreichischen und niederösterreichischen Bezirksgerichten sollen zwischen 2002 und 2010 die Screenshots ausgedruckt sie der Kreditauskunftei weitergeleitet haben, wobei sie dafür laut Anklage mit einem bis 1,50 Euro pro gelieferter Seite bezahlt wurden. Knapp 170.000 Seiten sollen in gesetzwidrigerweise ausgedruckt worden sein. Geheime Daten von knapp 40.000 juristischen und nicht weniger als 92.713 Privatpersonen wurden angeblich weitergegeben.
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