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Ein echter Gift-Zwerg

Feldkirch – Feldkirch. EHEC, das klingt eher nach technischem Gerät denn nach gefährlichem Darm-Bakterium. Aber genau das steckt hinter dem schwerfälligen Begriff „Enterohämorrhagischer Escherichia coli“. Derzeit sorgt der Keim in Deutschland für viele und schwere Krankheitsfälle.
Auch in Vorarlberg ist EHEC nicht unbekannt. Vier Personen infizieren sich im Schnitt pro Jahr mit diesem Keim, der in Wiederkäuern wie Rindern und Schafen zu Hause ist und von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. „Blutige Durchfälle oder Folgen wie Nierenerkrankungen sind zum Glück jedoch sehr, sehr selten“, sagt die leitende Oberärztin der Pathologie im Landeskrankenhaus Feldkirch, Dr. Ulrike Gruber-Mösenbacher.

Vorsichtsmaßnahmen

Nichtsdestotrotz rät sie vom Verzehr von rohen Milch-, Käse- und Fleischprodukten ab. Auch rohes Gemüse und Salat sollten gründlich gewaschen werden, da der Keim über Ausscheidungen von Kühen, Schafen oder Ziegen aufgenommen wird. Am sichersten macht dem EHEC zehnminütiges Kochen bei 70 Grad den Garaus. Beim EHEC handelt es sich um einen echtenGift-Zwerg mit der fatalen Eigenschaft, sich über ein spezielles Protein an die Darmwand heften zu können. Außerdem besitzt der Keim ein Gen, das Toxine bildet, welche die Darmschleimhaut angreifen. „Das kann den blutigen Durchfall verursachen“, erklärt Gruber-Mösenbacher.

Kinder und alte Menschen

Das größte Gefährdungspotenzial weisen Kinder und alte Menschen mit einem geschwächten Immunsystem auf. Wenn Stuhlproben von Kindern in der Pathologie einlangen, wird automatisch nach diesem Keim gesucht. Bislang seien glücklicherweise noch keine Patienten an den Auswirkungen einer EHEC-Infektion gestorben. „Alle konnten geheilt werden, auch jene, die kurzzeitig dialysepflichtig wurden“, beruhigt die Ärztin. Der vehemente Ausbruch in Deutschland überrascht jedoch selbst sie. Laut neuesten Meldungen gibt es bereits 140 bestätigte und 160 Verdachtsfälle. Einige Betroffene kämpfen sogar um ihr Leben.

Antibiotika wirkungslos

Das Bakterium enthält Gifte in verschiedenen Stärken. Dagegen wirken nicht einmal Antibiotika. Sie haben sogar einen negativen Effekt, weil der Keim in seinem Überlebenskampf noch mehr Gift freisetzt. Deshalb besteht die Behandlung vorrangig im Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes. „Dennoch ist es wichtig, den Erreger eines Durchfalls zu identifizieren“, betont Dr. Ulrike Gruber-Mösenbacher. Die Krankheit bricht innerhalb einer Woche nach dem Keimbefall aus.

Die Symptome einer EHEC-Infektion sind von denen eines normalen Durchfalls allerdings kaum zu unterscheiden. „Ist der Durchfall über zwei Tage besonders heftig und Blut im Stuhl sichtbar, sollte ein Arzt aufgesucht werden“, so Gruber-Mösenbacher. Im Falle einer Erkrankung heißt es auch, bei zwischenmenschlichen Kontakten aufzupassen. Denn im Gegensatz zu Salmonellen ist das EHEC von Mensch zu Mensch übertragbar. 2011 wurden bisher in Österreich fünf Patienten nach einer Infektion mit der aggressiven Unterart 0157 des EHEC-Erregers behandelt, eine 43-jährige Frau aus der Steiermark starb.

EHEC-Keime: sind eine besonders gefährliche Form des Darmbakteriums Escherichia coli. Natürliches Reservoir der Bakterien ist der Darm von Wiederkäuern, speziell von Rindern. Die Keime können durch direkten Kontakt mit Tieren, aber auch durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln – zum Beispiel Rindfleisch oder Rohmilch – übertragen werden.Eine Infektion ist auch durch rohes ungewaschenes Gemüse oder – bei mangelnder Hygiene – von Mensch zu Mensch möglich. Eine EHEC-Infektion führt zu Durchfällen, die auch blutig sein können. Weitere Symptome sind Übelkeit, Erbrechen und zunehmende Bauchschmerzen. Als Folge droht das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das zu einer schweren Nierenschädigung und sogar zum Tode führen kann.

VN

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