Debatte um religiöse Beschneidungen erreicht Vorarlberg
Am 26. Juni hatte das Landesgericht Köln entschieden, dass religiös motivierte Beschneidungen Körperverletzungen darstellen. Seither tobt in Deutschland ein heftiger Streit um die Zulässigkeit dieser insbesondere unter Juden und Muslimen weit verbreiteten Praktik. Von einem massiven Eingriff in die Religionsfreiheit ist die Rede. Auch in Vorarlberg melden sich nun die Kritiker zu Wort.
Ex-Muslime fordern Verbot für Beschneidungen
Cahit Kaya von der Bewegung der Ex-Muslime fordert das umgehende Verbot der Beschneidung von Kindern. „Eine solche Beschneidung kann auch psychologische Folgeschäden mit sich führen.“ Kaya spricht sich nicht grundsätzlich gegen religiöse Beschneidungen aus. Worauf es ihm ankommt, ist, dass ein Kind selbst entscheiden kann. Und zwar erst dann, wenn es sich über sämtliche Vor- und Nachteile im Klaren ist. Das ist bisher nicht der Fall: „Das Kind wird gezwungen, es hat keine Wahl und das kann im Nachhinein belastend sein“, so Kaya.
Landespolitik gibt Stellung ab
Vorarlbergs FPÖ-Klubobmann Egger verlangte einen Stopp von Beschneidungen an Kindern, da es sich um einen “massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte” und einen unnötigen medizinischen Eingriff handle. Als Erwachsene könnten diese selbst entscheiden, ob sie eine Beschneidung wollten. Vertreter des Justizministeriums hatten kürzlich eingeräumt, dass es keine klare Regelung diesbezüglich in Österreich gebe, dass aber “von einer Straflosigkeit ausgegangen wird”.
Währenddessen nimmt die Diskussion immer größere Ausmaße an. Auch die Politik im Land hat sich nun eingeschalten. Landeshauptmann Markus Wallner sprach sich am Dienstag gegen religiös motivierte Beschneidungen aus, bis die rechtliche Situation in Österreich geklärt sei. Inzwischen empfahl er den Vorarlberger Ärzten von eben jenen Beschneidungen abzusehen. Laut Wallner handelt es sich um ein “wegweisendes Urteil” aus Deutschland.
In Österreich gebe es bisher keine Regelung, es gebe aber Beratungen im Justiz- und im Gesundheitsministerium, eine solche zu schaffen. Egger war das zu wenig: “Er soll als Arbeitgeber klare Aussagen treffen, um Sicherheit für die Ärzte zu schaffen”, so der FPÖ-Chef in Richtung Wallner.
Sprickler-Falschlunger greift Wallner an
Sprickler-Falschlunger forderte Wallner dagegen auf, “seine Aktion rückgängig zu machen”. Die Rechtslage in Österreich dazu sei laut Justizministerium klar. “Es gibt deshalb auch keinen Änderungsbedarf”, hielt sie fest. Sie glaube, Wallner hätte größere Hemmungen gehabt, gäbe es in Vorarlberg eine größere jüdische Gemeinde. Die bis dato gehandhabte Praxis habe gut funktioniert, ein Verbot bedeute eine schlechtere medizinische Behandlung für die betroffenen Kinder. Das Kölner Urteil habe keinen Einfluss auf den Rest Deutschlands. “Warum nun ein derartiger Aufschrei stattfindet, ist mir schleierhaft. Denn CDU, FDP und SPD haben sich bereits klar dafür ausgesprochen, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig sein müsse”, so Sprickler-Falschlunger.
Medizinischer Aspekt
Die Religionsgemeinschaften sehen die Entfernung der Vorhaut als einen harmlosen Eingriff mit tausende Jahre alter Tradition und hohem Symbolwert. Außerdem sprechen die Befürworter von hygienischen und medizinischen Vorteilen. So soll die Übertragung von Infektionen minimiert werden. Kaya weist darauf hin, dass ein beschnittener Penis zwar besser vor infektiösen Krankheiten schützen soll, gleichzeitig dadurch auch die Gefahr erhöht wird, dass deswegen auf Verhütung verzichtet wird. „Dadurch wäre jeder Vorteil wieder zunichte und das Risiko sich Krankheiten einzufangen sogar höher. Und bei guter Körperpflege überzeugt auch die Beschneidung aus hygienischen Aspekten nicht.“
(APA, VOL.AT-Simon Vonbank)
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