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Anklage gegen Gerichtsbeamten

Feldkirch - Für den Feldkircher Gerichtsbeamten Harald S. (49), gegen den die Staatsanwaltschaft Innsbruck nach einer gerichtsinternen Anzeige über ein Jahr ermittelte wurde nun Anklage wegen Missbrauchs der Amtsgewalt eingebracht. Aufgrund des hohen Schadens drohen bis zu zehn Jahre Haft. Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig.

Dem seit Sommer 2009 suspendierten Leiter der Strafabteilung wird vorgeworfen, er habe „über einen Zeitraum von 14 Jahren (Mai 1995 bis Juli 2009) Aktenkopien für Verfahrensbeteiligte hergestellt, diese teilweise über den amtlichen Postversand verschickt und sich dafür insgesamt über 400.000 Euro auf ein privates Konto überweisen lassen“. Nach VN-Informationen sollen so vor allem Rechtsanwälte und Versicherungen rascher an ihre Akten gekommen sein. Die offizielle Gerichtsgebühr für eine kopierte Aktenseite betrug im Jahr 2009 noch 50 Cent. Danach wurde die Gebühr auf einen Euro angehoben. Wie viel der Rechtspfleger für seine Express-Kopierdienste verlangt hat, ist nicht bekannt. Die Anfertigung der Kopien räumt Harald S. zwar ein, den Vorwurf des Amtsmissbrauchs bestreitet er jedoch.

Erlass im Jahr 1995

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hätte der Beschuldigte „die gesetzlich vorgesehenen Gebühren vorschreiben und die Verfahrensbeteiligten anweisen müssen, die Kosten auf das Konto des Gerichtes zu überweisen“. Das sei im Jahre 1995 mit einem Erlass des damaligen Präsidenten des Landesgerichts unmissverständlich klargestellt worden, weshalb die davon abweichende Praxis ab diesem Zeitpunkt einen wissentlichen Missbrauch darstelle, so Behördensprecher Mayr. Der brisante Fall wirft viele Fragen auf – nicht zuletzt deswegen, weil die Praktiken des Beamten offenbar bereits lange vor 1995 gerichtsintern bekannt waren, mehrmals untersagt wurden und dennoch erst im Jahr 2009 zu einer Strafanzeige führten. Walter Pilgermair, Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck, konnte gestern aus terminlichen Gründen keine Stellungnahme abgeben und verwies auf den Landesgerichtspräsidenten Heinz Bildstein, der ebenfalls beruflich verhindert war. Für Gerichtssprecher Reinhard Flatz ist klar: „Es gibt hier sicherlich Erklärungsbedarf seitens der Justiz.“ Eine detaillierte Stellungnahme kündigte der Sprecher für heute, Dienstag, an.

Alle Richter befangen?

Aus Anwaltskreisen heißt es, man sei davon ausgegangen, dass die Vorgangsweise vom Gericht genehmigt sei und die bezahlten Gebühren intern verrechnet würden. Ob der Schöffenprozess gegen den suspendierten Beamten in Feldkirch über die Bühne gehen wird, ist wegen der möglichen Befangenheit der Richterschaft mehr als fraglich. Laut Flatz hat sich bislang ein Richter für befangen erklärt. Insider gehen schon jetzt davon aus, dass Harald S. in Innsbruck vor Gericht gestellt wird. Verlust der Amtsstellung Wird der 49-Jährige des Amtsmissbrauchs für schuldig befunden, drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Weiters beantragte die Staatsanwaltschaft im Fall einer Verurteilung den Verfall der erlangten Vermögenswerte. Auch seinen Beamtenstatus könnte der Beschuldigte verlieren. Gemäß § 27 Strafgesetzbuch (StGB) ist ab Rechtskraft einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe für einen Beamten der automatische Amtsverlust zwingend vorgesehen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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