Im Wirtschaftsaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in Österreich Arbeitskräftemangel. Den sollten „Gastarbeiter” ausgleichen. Am 15. Mai 1964 schloss Österreich deshalb ein Anwerbeabkommen mit der Türkei ab. Zwei weitere Abkommen wurden 1962 mit Spanien und 1966 mit Jugoslawien unterzeichnet. Mit 220.000 ausländischen Arbeitnehmern erreichte die ‘Gastarbeiter’-Beschäftigung 1974 ihren ersten Höhepunkt. In dieser Zeit verließ auch Remzi Cansiz seine Heimat am Schwarzen Meer.
Remzi ging Anfang März 1973 als einziger von fünf Geschwistern nach Österreich. Seine spätere Frau kannte er da schon. Ein Jahr und einen Aktenordner voller Liebesbriefe später hat er sie geheiratet und nach Dornbirn geholt.
Mit dem Wörterbuch auf Raten
Wie war der Anfang? „Schwer.” Remzi konnte nicht Deutsch. Das erste Wort hat er im Zug gelernt: „Ganz gut.” Damit kommt man nicht weit. In der türkischen Boulevardzeitung Tercüman las er dann die rettende Anzeige und bestellte sich einen Langenscheidt Deutsch-Türkisch . . . in London! Für umgerechnet 480 Schilling. Die hat er auf Raten abgestottert. Bei einem Stundenlohn von 18 Schilling wäre das anders nicht gegangen.
Heute hat Remzi sein eigenes Rolladengeschäft. Beide Söhne und eine der drei Töchter arbeiten mit im Familienbetrieb. Und er selber? Fühlt er sich als Österreicher oder Türke? Beides, irgendwie.
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