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100-Milliarden-Dollar-Jackpot: Wettrennen um Iran-Gelder hat begonnen

Gabriel machte den Auftakt.
Gabriel machte den Auftakt. ©AP
Der Iran kann US-Regierungskreisen zufolge bei einer Umsetzung des Atom-Abkommens auf die Freigabe von eingefrorenen Geldern in Milliardenhöhe hoffen. Die Summe belaufe sich auf mehr als 100 Milliarden Dollar, sagten US-Regierungsvertreter. Im Zuge der Sanktionen gegen den Iran wurde dem Land auch der Zugang zu Finanzmittel auf internationalen Konten verwehrt.
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Die Strafmaßnahmen waren gegen die Islamische Republik verhängt worden, weil jahrelang keine Einigung im Atomstreit erzielt werden konnte. Seit Dienstag der vergangenen Woche gibt es eine Übereinkunft. Das Abkommen von Wien sieht vor, dass der Iran seine Nukleararbeiten auf lange Dauer begrenzt. Im Gegenzug heben die USA, die EU und die Vereinten Nationen ihre Sanktionen gegen das Land auf, das entgegen seiner eigenen Darstellung der Arbeit an Atomwaffen verdächtigt wird. So sollen auch Handelsbeschränkungen sollen fallen, so dass der Iran wieder Öl und Gas exportieren könnte. Die Lockerung soll allerdings nur nach und nach kommen und bei Vertragsverstößen rückgängig gemacht werden. Verstößt der Iran gegen die jüngste Vereinbarung, könnten einige Strafmaßnahmen nach Angaben von Diplomaten binnen 65 Tagen wieder in Kraft treten.

Deutsche machen Auftakt

Schon jetzt hat ein Wettlauf um Milliarden-Deals mit dem Iran begonnen. Es geht um Geld – richtig viel Geld. 100 Millarden Dollar eingefrorener Gelder werden bei einer Umsetzung des Atom-Deals freigegeben. Wie gut unterrichtete Kreise berichten, will der Iran diese Summe fast zur Gänze in die Modernisierung seiner Wirtschaft pumpen. Westlichen Unternehmern winken traumhafte Auträge – es handelt sich um einen regelrechten “Jackpot”. Vizekanzler Gabriel reiste bereits am Wochenende als “Türöffner” für die deutsche Wirtschaft nach Teheran. Dort setzte er sich aber auch für einen Dialog über andere Themen ein. Nach 14 Jahren Stillstand wollen Deutschland und Iran ihre regelmäßigen Konsultationen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit wieder aufnehmen. Erstmals seit 2001 soll Anfang nächsten Jahres die gemeinsame Wirtschaftskommission unter Leitung der zuständigen Minister wieder tagen. Das sagte der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montag in Teheran nach einem Treffen mit Ölminister Bidschan Namdar Sanganeh und iranischen Wirtschaftsvertretern.

Dialog für Menschenrechte

Gleichzeitig warb der Vizekanzler für einen Dialog mit dem Iran über Menschenrechte, die Stellung der Frau und den Schutz religiöser Minderheiten. “Als Freunde wollen wir mit ihnen auch darüber reden”, sagte er. “Auch wirtschaftliche Freiheit braucht Individualität und die Entwicklung individueller Freiheiten.”

Gabriel setzte sich auch für eine stärkere Zusammenarbeit bei der Krisenbewältigung ein. Er bekräftigte, dass das Sicherheitsbedürfnis Israels nicht infrage stehen dürfe. “Wirkliche Freundschaft erweist sich dann, wenn man auch offen und partnerschaftlich und respektvoll über schwierige Themen sprechen kann. Dann zeigt sich erst, wie intensiv die Freundschaft ist.”

Der Iran erkennt das Existenzrecht Israels nicht an. Für Deutschland gehört die Sicherheit Israels dagegen zur Staatsräson.

Berlin plant “strategische Beziehungen”

Der deutsche Vizekanzler ist der erste westliche Spitzenpolitiker, der die Islamische Republik nach dem Atomabkommen vom vergangenen Dienstag besucht. Am Sonntagnachmittag wollte Gabriel auch den iranischen Präsidenten Hassan Ruhani treffen. Begleitet wird der Minister von rund einem Dutzend Wirtschaftsvertretern. Die deutschen Exporte sind im Zuge der Sanktionen eingebrochen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hofft nun, dass die Ausfuhren innerhalb von vier Jahren von 2,39 Milliarden im Jahr 2014 auf zehn Milliarden Euro mehr als vervierfacht werden können.

Gabriel sieht Potenzial vor allem in den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau, Petrochemie oder erneuerbare Energie. Auch der iranische Wirtschaftsminister Sanganeh signalisierte großes Interesse an der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. “Es ist wichtig, dass strategische Beziehungen zwischen Iran und Deutschland gesehen und geplant werden.”

Auch Frankreich wittert gefüllte Auftragsbücher

Auch Frankreichs Außenminister Laurent Fabius will schon bald in den Iran reisen. Er folge damit einer Einladung des iranischen Außenministers Mohammad Jawad Zarif, sagte Fabius. “Er hatte mich schon einmal eingeladen, aber ich hatte die Einladung nicht angenommen.” Dieses Mal habe er zugesagt.

Ein Datum für seine Reise nannte Fabius nicht. Für Frankreich ist das Abkommen mit Teheran auch aus wirtschaftlicher Sicht bedeutend: Französische Firmen hoffen auf gute Geschäfte, wenn die Sanktionen gegen den Iran schrittweise gelockert werden. “Handel ist sehr wichtig, er erlaubt Wachstum”, sagte Fabius. “Er ist für die Iraner sehr wichtig, er ist für uns sehr wichtig.” Wirtschaftliche Motive seien aber nicht ausschlaggebend bei der Einigung auf das Atomabkommen gewesen.

Österreichs Unternehmer scharren in den Startlöchern

Auch Bundespräsident Heinz Fischer will nach dem positiven Abschluss der Atomverhandlungen in den Iran reisen. Ein konkretes Datum für den seit langem geplanten Besuch gibt es allerdings noch nicht. Der Besuch mit einer großen Wirtschaftsdelegation wurde seit 2013 wegen der fehlenden Einigung im Atomstreit mehrfach verschoben. Österreichische Unternehmen scharren seit Monaten in den Startlöcher, um neue Geschäfte mit dem Iran abzuschließen.

Die fünf UN-Vetomächte, Deutschland und der Iran hatten am Dienstag in Wien jahrelange Verhandlungen über ein Atomabkommen abgeschlossen. Die Regierung in Teheran verpflichtet sich unter anderem zu Begrenzungen bei der Urananreicherung und akzeptiert internationale Kontrollen. Im Gegenzug sollen die Sanktionen der Weltgemeinschaft gegen den Iran schrittweise gelockert werden.

(APA/dpa/Red.)

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