Eine Branche feiert sich selbst – und ihre Zukunft
Der „Stickercocktail“ ist mehr als ein Branchentreff. Er ist eine Art Klassentreffen für die Vorarlberger Textilindustrie – gesellig, charmant und doch mit ernstem Unterton. Denn hinter der gemütlichen Atmosphäre steht ein klares Ziel: Austausch. „Die Veranstaltung gibt es seit rund 25 Jahren. Damals noch im alten Stickerei-Zentrum, war es ein Ort, wo sich Mitglieder der Innung und des Verbands abseits des Tagesgeschäfts austauschen konnten“, erzählte ein langjähriger Organisator im Gespräch mit LÄNDLE TV. Die Idee: Gespräche führen, die zwischen Aufträgen und Produktionsprozessen oft untergehen – und das hat funktioniert.
Glanzstücke im Museum – und in der Modenschau
Ein besonderer Höhepunkt des Abends: die Ausstellung im Stickereimuseum. Dort funkelte es in allen Farben und Techniken – manche Exponate über 50 Jahre alt. Passend dazu wurde die neue Schau „Martin Leuthold: Inspiration“ eröffnet. Der international renommierte Schweizer Designer hat mit seinen Entwürfen die Stickereiwelt geprägt. Die Kuratoren zeigten sich stolz: „Wir haben in den letzten Jahren viel aufgearbeitet und möchten das Museum weiter als Plattform nutzen, um die Stickerei ins Zentrum zu rücken.“
Wer dachte, Stickerei sei ein Auslaufmodell, wurde spätestens bei der Modenschau eines Besseren belehrt. Gezeigt wurden Modelle der letzten fünf Jahrzehnte – von zarten Spitzenkleidern bis zu opulenten Stoffkombinationen. „Man sieht, was man aus einem einfachen Stoff alles machen kann. Das ist für mich ein kleines Kunstwerk“, sagte eine der Models sichtlich bewegt.
Hightech trifft Handwerk
Die Stickerei in Vorarlberg hat sich gewandelt. Vieles, was einst mühsam von Hand gefertigt wurde, übernehmen heute computergesteuerte Maschinen. Doch das Handwerk lebt weiter – als kreatives Herzstück, als gestalterisches Element und als kulturelles Erbe. Und es bleibt wirtschaftlich relevant: Noch immer gehen große Teile der Produktion in den Export.
„Ich denke, Stickerei wird nie ganz verschwinden. Es gibt kaum einen großen Designer, der nicht irgendwann Stickereien einsetzt“, betonte ein Branchenkenner. Die Technik sei zeitlos: „Man kann sie nicht einfach einer Modeepoche zuordnen. Sie erlebt ständig neue Interpretationen.“
Auch internationale Gäste waren beeindruckt: „Das ist eine einzigartige Region europäischer Stickereitradition. In einer globalisierten Welt ist dieses Handwerk ein seltenes Gut, das es in anderen Ländern kaum noch gibt,“ sagte ein Besucher aus Großbritannien.
Tradition in Bewegung
Am Ende war es ein Abend, der zeigte, was Lustenau so besonders macht: Hier trifft Geschichte auf Gegenwart, Handwerk auf Technik und Leidenschaft auf wirtschaftlichen Erfolg. Der „Stickercocktail“ war keine reine Nostalgieveranstaltung, sondern ein lebendiges Statement: Die Stickerei lebt – und sie bleibt.
Quelle: LÄNDLE TV
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