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Zwei Herzen in einer Brust

Zwei Herzen schlagen in der Brust von Christoph Thoma
Zwei Herzen schlagen in der Brust von Christoph Thoma ©MiK
Bregenz - WANN & WO traf Christoph Thoma, Geschäftsführer beim Stadtmarketing Bregenz und Kulturstadtrat in Bludenz, zum Sonntags-Talk über seinen Werdegang und die zwei Herzen in seiner Brust.

WANN & WO: War Kulturmanagement schon auf dem Konservatorium der Plan?

Christoph Thoma: Beim Studium war für mich völlig klar, dass ich Musiker werde. Ich habe aber schnell begriffen, dass ich an der Trompete zu schwach bin, um davon zu leben, und wurde später Lehrer. Ich habe realisiert, dass mich Kunst im Allgemeinen – Literatur, Konzerte, Ausstellungen – sehr interessiert. Nach neun Jahren wollte ich eine Veränderung. So kam der Wechsel ins Kulturmanagement.

WANN & WO: Ist er leicht gefallen?

Christoph Thoma: Ich hatte schon über verschiedene Tätigkeiten Einblicke ins Kulturmanagement bekommen. Dann kam die Stelle bei der Jeunesse in Wien. Das war ein unglaublicher Einschnitt. Ich habe mein Auto verkauft, mein Haus verkauft und wirklich Tabula rasa in Vorarlberg gemacht.

WANN & WO: Sind Sie ein Mensch, der so etwas konsequent durchzieht?

Christoph Thoma: Dazu muss man vielleicht wissen, dass ich mal 170 kg gewogen habe. In den Jahren 2000 und 2001 habe ich 70 kg abgenommen. Ich habe hinterfragt: Wie und warum lebe ich? Wie will ich leben? Davor hatte ich auch aufgehört zu rauchen, am 6. Jänner 1999 – von 60 auf 0 Zigaretten täglich.

WANN & WO: Wie sehr achten Sie auf die eigene Gesundheit?

Christoph Thoma: Das ist in den letzten Jahren viel stärker geworden, weil ich jetzt zwei wunderbare Töchter habe. Man denkt anders und versucht, in diesem stressigen Job auf sich selbst zu achten. Ich habe wieder elf Kilogramm abgenommen. Meine Gattin hat mich Ende März gefragt, ob ich nicht bei Bludenz läuft mitmachen wolle – ein ganz dezenter Hinweis. (schmunzelt) Seither bin ich wieder drei bis fünf Mal in der Woche unterwegs.

WANN & WO: Sie haben also nicht für die Wahl abgenommen?

Christoph Thoma: Nein! (lacht) Warum auch? Ich bin ein leidenschaftlicher Genussmensch.

WANN & WO: Wie sind Sie dann nach Bludenz gekommen?

Christoph Thoma: Es war für mich eine schwierige Entscheidung, von Wien nach Bludenz zu ziehen – als Lauteracher. Ich hatte in Wien einen neuen Freundeskreis aufgebaut. Das zu verlassen, war eine Herausforderung. Von Bludenz ging es 2008 beruflich wieder nach Graz.

WANN & WO: Wie war das für die Familie, als sie fünf Jahre lang nach Graz gependelt sind?

Christoph Thoma: Ich hatte in Graz nur das Büro und meine Wohnung. Das Schwierigste war, dass ich eine kleine Tochter hatte. Wenn ich am Freitag nach Hause gekommen bin, war es oft ein Kampf: Lässt sie mich überhaupt zu? Wenn ich am Sonntag wieder gefahren bin, war es super, aber ich bin halt wieder gegangen. Das war hart. Meine Frau war nur ganz kurz in Karenz, sie arbeitet Vollzeit in ihrer eigenen Steuerberatungskanzlei. Es hat funktioniert, aber nur darum, weil die Vertrauensbasis und das Wissen da war, dass der jeweils andere auch leben muss.

WANN & WO: Warum ist Bludenz so eine Konstante geworden?

Christoph Thoma: Meine Frau ist eine Ur-Bludenzerin. Mein Schwiegervater war viele Jahre Polizeikommandant in Bludenz. Die Stadt hat eine unglaubliche Lebensqualität und da spreche ich nicht als Politiker: Skigebiete vor der Haustür, Hallenbad, Muttersberg, Buchenwald, eine Innenstadt, wie es sie sonst architekturhistorisch in Vorarlberg kaum gibt, gute Mobilität, etc. Bludenz wird unterschätzt und permanent schlecht geredet.

WANN & WO: Ist ihr Schwerpunkt beim Stadtmarketing Bregenz oder beim Posten als Stadtrat in Bludenz?

Christoph Thoma: Das ist einfach: Ich bin ganz klar Geschäftsführer vom Bregenzer Stadtmarketing – das ist meine zentrale Aufgabe – und mache mit Leidenschaft in Bludenz Politik. Diese beiden Welten kann ich operativ für mich vollkommen trennen. Das will ich so und werde es immer so handhaben.

WANN & WO: Wie bringen Sie das unter einen Hut?

Christoph Thoma: GF beim Stadtmarketing ist mein Job. Ich verlasse das Haus um halb acht, bin etwa um viertel nach acht im Büro und dann geht es mit Terminen durch bis etwa um fünf oder halb sechs. Am Abend gehe ich dann in die Bludenzer Politik. Danach beantworte ich aber auch noch E-Mails bis um zehn oder zwölf Uhr nachts.

WANN & WO: Sind Sie ein emotionaler Mensch?

Christoph Thoma: Auf jeden Fall, ich kann auch auf den Tisch klopfen. Ich diskutiere gerne, löse aber auch gerne Diskussionen auf. Ich halte es nicht aus, wenn ich Sachen mitnehmen muss und sie drei Tage nicht besprechen kann. Konflikte versuche ich aktiv anzugehen. Das sieht aber nicht jeder gern. Klartext ist nicht immer erwünscht. Vielleicht werde ich mit meinen 42 Jahren jetzt aber auch ein bisschen diplomatischer (lacht). Ich bin davon überzeugt, man darf auch mal Klartext reden! Man muss immer fair bleiben, fundiert argumentieren und auch mit Kritik umgehen können. Das ist nicht immer einfach – niemand wird gern kritisiert. Ich erwische mich aber immer öfter dabei, dass ich Mails schreibe und diese erst am nächsten Tag abschicke. Das wäre vor drei Jahren undenkbar gewesen.

WANN & WO: Was spricht für Bregenz als Europäische Kulturhaupstadt 2024?

Christoph Thoma: Wir prüfen aktuell eine mögliche Bewerbung. Es gibt einen Prozess, der hinterfragt, ob man sich bewirbt. Es geht darum, über Stadtgrenzen hinaus zu diskutieren. Das Rheintal ist eine große Stadt mit viel Potenzial. Der Kulturbereich, den man als Begriff sehr weit fassen kann, gibt Handlungsspielraum. Wir haben positive Erfahrungen in den Gesprächen, gerade zwischen Dornbirn und Bregenz, gemacht. Diese Impulse bringen uns alle weiter.

WANN & WO: Was ist Kultur?

Christoph Thoma: Kultur heißt Leben, Umfeld, Gestaltung – wir reden immer nur von Kunst, aber Kultur zeigt, was für eine Lebensrealität wir uns schaffen. Es geht uns verdammt gut. Wenn man z.B. mit einem Flüchtling redet – ich denke da an ein kürzliches Erlebnis – wird das schnell klar.

WANN & WO: Was sagen Sie zum Nachtleben in Bregenz und Bludenz?

Christoph Thoma: Kritik am Angebot ist schnell geäußert, aber es gibt Gründe, weshalb manche Dinge nicht so ausgeprägt sind. Wir haben keine Universität in Vorarlberg, das Klientel an Menschen, die viel ausgehen, fehlt ein Stück weit.

WANN & WO: Haben Sie Freizeit?

Christoph Thoma: Das kann ich nicht beantworten. Wenn ich Nachrichten ansehe oder am Hometrainer bin, ist das Freizeit. Ich sehe mir politische Diskussionen an, gestern z.B. Kreisky gegen Mock. Dabei sehe ich dieselben Themen wie heute: Steuererleichterungen, Arbeitsplätze schaffen, etc. Dann radle ich weiter, lache und denke: ,Mir geht es so gut!‘ Das ist meine Freizeit.

Zur Person

Christoph Thoma
Alter/Wohnort: 42/Bludenz
Ausbildung: Studium Trompete am Landeskonservatorium, Kulturmanagement an der Fernuni Hagen
Beruf: Geschäftsführer Stadtmarketing Bregenz, Kulturstadtrat in Bludenz, mehrere Ehrenämter

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