An der langen Gerasdorfer Straße ist Wien zu Ende. Stadt und Land vermischen sich, Felder wechseln sich ab mit schmucken Einfamilienhäusern und dem einen oder anderen Weingarten. Mittendrin: Eine Außenstelle der Universität für Bodenkultur. Und daneben: Ein Feld, teils brach, mit Zelten, bunten Plakaten und dem Duft nach vollveganer Küche aus einem Glashaus, das zum Gemeinsschaftsraum umfunktioniert wurde.
Feld für bessere Nutzung besetzt
Die Aktivisten – wir haben mit zweien gesprochen, Fräulein Ingwer und Fräulein Himbeer (echte Namen und Bilder mit erkennbaren Gesichtern möchten die Feldbesetzer lieber nicht veröffentlicht haben) scheinen sich über die Besitzverhältnisse des Feldes nicht ganz im Klaren zu sein. Ein Mail von der BIG hilft weiter: Die Verhältnisse sind laut Sprecher Ernst Eichinger sogar vollkommen klar. Die BIG ist Eigentümer der Liegenschaft. Sie ist an die BOKU vermietet. Das Mietverhältnis ist aufrecht und die Kündigungsfrist beträgt ein Jahr. Ansprechpartner für die Feldbesetzer ist somit die BOKU.
Die Art der Nutzung ist jedoch, was den Aktivisten sauer aufstößt. “Wir finden, dass eine landwirtschaftliche Fläche auch landwirtschaftlich genutzt werden soll und nicht bebaut”, sagt Fräulein Ingwer. Und war eine der ersten, die am 17. April das Feld besetzt hat.
Feldbesetzer von Floridsdorf richten sich häuslich ein
Viele der Sprüche an Wänden und die grundsätzlichen Ideen von Solidarität und Kommunenträumen erinnern stark an die Hausbesetzer im Epizentrum, jenem Haus, das im Oktober 2011 in der Lindengasse besetzt worden war. Die Feldbesetzer wirken jedoch ernsthafter. Statt Hängematten und Bier wurde bereits ein buntes Kompostklo errichtet, das Feld teilweise wieder besät. Kein Wunder: Ein guter Teil der Feldbesetzer von Floridsdorf besteht aus Studenten der BOKU. Das Chaos scheint sich in Grenzen zu halten. Statt auf Matratzen oder dem Boden schläft man hier in gepflegten Zelten, statt Bier in Strömen fließt sauberes Wasser.
“Dabei war ich schon im Epizentrum”, erzählt Fräulein Ingwer. “Aber nicht dauernd, nur ein paar Mal vorbeigeschaut.”
Die Infrastruktur scheint jedenfalls vorhanden, es gibt ein Büro und eine Küche. Draußen im Freien wird gearbeitet und nicht geblödelt. In der ‘Zentrale’ im Glashaus stehen Setzlinge statt leeren Flaschen und Aschenbechern. Der einzige wirkliche Unterschied zu einer echten Gärtnerei? Einige Poster an der Wand, die Solidarität und Landwirtschaft für alle fordern.
“Gekommen um zu bleiben”
Wie die meisten Besetzer möchten auch die Fräuleins Ingwer und Himbeer länger bleiben. Auf Akzeptanz stoßen sie jedenfalls: Vielleicht ist es der öffentlich zugängliche Kuchen am Tisch, vielleicht einfach eine gewisse Sympathie nach natürlicher Nutzung des Areals. Beim Besuch von Vienna Online waren jedenfalls Anrainer vor Ort und in angeregte Gespräche mit den Besetzern verwickelt. “Gestern hatten wir eine sehr interessante Diskussionsrunde mit den Nachbarn”, erzählt Fräulein Himbeer. Keine Spur der Aggressionen, die andere Hausbesetzer oft trotz aller Toleranzrhetorik oft Menschen gegenüber an den Tag legen, die nicht zu ihren Kreisen gehören. Die Feldbesetzer von Floridsdorf sind tatsächlich für jeden Besuch offen.
Jeden?
“Angst vor einer Räumung durch die Polizei haben wir nicht”, gibt sich Fräulein Ingwer selbstsicher. Und fügt gleich hinzu, dass wir auch jederzeit eingeladen seien, ob privat oder als Journalisten. Sie jedenfalls sei gekommen um zu bleiben, sagt sie. Das gilt wohl auch für den Rest der Feldbesetzer von Floridsdorf.
(PFR)
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