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Länderchefs über Errichtung neuer Erstaufnahmezentren einig

Voves lehnt Sanktionen ab, wär aber mit Zuweisung durch Innenministerin einverstanden.
Voves lehnt Sanktionen ab, wär aber mit Zuweisung durch Innenministerin einverstanden. ©APA
Die Landeshauptleute haben sich am Dienstag in Klagenfurt auf die Errichtung neuer Erstaufnahmezentren, "Verteilerquartiere" genannt, geeinigt. Außerdem hat man sich erneut zur Erfüllung der Unterbringungsquoten bis 31. Jänner bekannt.
"Diktat wird nicht akzeptiert"

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zeigte sich in einer ersten Reaktion sehr zufrieden mit den Beschlüssen. Neue Verteilerquartiere soll es nach Ansicht der Länderchefs nicht in jedem Bundesland geben, in Verhandlungen will man Kooperationen vereinbaren. Bereits fix sei die Zusammenarbeit zwischen Wien und seinem Bundesland, sagte der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ). Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) kündigte an, “mittelfristig” ein Verteilerquartier in Kärnten errichten zu wollen. Insgesamt sind bei den Verteilerquartieren aber die meisten Fragen offen, etwa wie viele solcher Einrichtungen entstehen sollen, wo sie stehen sollen, welche Kapazität man möchte und ab wann sie gefüllt werden können.

Quartiere werden vom Bund finanziert

Klar ist für die Länderchefs, dass die Verteilerquartiere Einrichtungen des Bundes sein werden und folglich auch von diesem zu finanzieren. Die dort untergebrachten Flüchtlinge sollen trotzdem bei der Erfüllung der Unterbringungsquote für das Bundesland mitzählen. In der Regel sollen sich Migranten dort nur ein oder zwei Tage aufhalten, bis über eine Erstaufnahme entschieden ist. Danach sollen sie in die vom Land organisierten Privatunterkünfte gebracht werden. Nur im Falle von Engpässen sollen Asylwerber auch länger in den Verteilerquartieren leben, dann wären die Kosten wohl aufzuteilen. Der Salzburger Wilfried Haslauer (ÖVP) sprach sich für ein Belegungslimit von 100 Personen pro Quartier aus.

“Durchgreifen”, wenn Quoten nicht erfüllt werden?

Falls die Unterbringungsquoten bis Ende Jänner nicht erfüllt werden, können sich etwa Wiens Bürgermeister Michael Häupl und der steirische Landeshauptmann Franz Voves (beide SPÖ) ein Durchgreifen der Innenministerin vorstellen. Wie in der geltenden Bund-Länder-Vereinbarung vorgesehen, soll der Bund dann selbst Quartiere einrichten, sagte Häupl.

Erwin Pröll (ÖVP), Landeshauptmann von Niederösterreich, wo das mit über 1.600 Personen völlig überbelegte Erstaufnahmelager Traiskirchen steht, wird mit dem Jahreswechsel den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz übernehmen. Er kündigte eine außerordentliche Landeshauptleute-Konferenz an, falls die Länder bis Ende Jänner die Quoten nicht erfüllen. Mikl-Leitner möchte, dass die Bund-Länder-Vereinbarung im nächsten Halbjahr im Sinne der neuen Beschlüsse adaptiert wird und mit Juli in Kraft tritt. Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) zeigte sich in einer ersten Reaktion vorsichtig optimistisch, Kritik gab es dagegen von Freiheitlichen und Grünen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sieht eine reine Symptom-Bekämpfung, Grünen-Abgeordnete Alev Korun wies daraufhin, dass noch nicht einmal klar sei, was die Verteilzentren überhaupt leisten sollten.

Mikl-Leitner: “Historische Neuausrichtung”

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zeigt sich von den Beschlüssen der Landeshauptleute zum Thema Asyl angetan. Auf Anfrage der APA sprach sie von einer “historischen Neuausrichtung”. Sie sei sehr zufrieden.

Tatsächlich ist die Innenministerin mit ihrem Ansinnen, das System auf breitere Beine zu stellen durchgekommen. Die Erstabklärung wird nun nicht mehr automatisch in Traiskirchen und Thalham sondern in Länderbüros des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vorgenommen, wo laut Mikl-Leitner auch die Ressourcen für die medizinische und Daten-Abklärung vorhanden sind. Anschließend kommen die Flüchtlinge in Verteiler-Quartiere, ehe sie in Privatunterkünfte gebracht werden.

Allerdings dürfte es nicht in jedem Bundesland solche neuen Einrichtungen geben, was Mikl-Leitner aber nicht stört, wie sie sagt. Die Kosten für die Verteiler-Zentren werden übrigens im Verhältnis 60 Prozent Bund, 40 Prozent Länder aufgeteilt, wie es auch jetzt schon in der Grundversorgung festgelegt ist.

Wo entstehen Verteilzentren?

Zumindest am Papier werden die Erstaufnahmestellen in Traiskirchen und Thalham aufgelöst. Allerdings werden sie weiter als Übergangsquartiere für jene Fälle benötigt, in denen gemäß Dublin-Verfahren ein anderer Staat für das Verfahren zuständig ist. Zudem dürften sie auch Standorte jener Verteiler-Quartiere sein, wo die Flüchtlinge für zwei bis drei Tage unterkommen, ehe sie in Privatquartiere im jeweiligen Bundesland gebracht werden. Mikl-Leitner geht davon aus, dass in Traiskirchen künftig nicht mehr als 400-500 Flüchtlinge untergebracht sind, derzeit sind es über 1.600.

Wo letztlich die Verteilzentren etabliert werden, wird der Bund in Kooperation mit den Ländern entscheiden. Dieses partnerschaftliche Vorgehen habe sich schon bisher bewährt, meint die Innenministerin.

Geht es nach Mikl-Leitner, werden die neuen Regeln schon mit Juli kommenden Jahres wirksam. Bis dahin ist der 15a-Vertrag von Bund und Ländern zu adaptieren und sind Anpassungen unter anderem im Grundversorgungs-, im Asyl- und im Ausführungsgesetz für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl durchzuführen.

Kooperieren Bundesländer?

Abgesehen vom grundsätzlichen Beschluss zu weiteren Erstaufnahmezentren – sie werden nun “Verteilerquartiere” genannt – sind in diesem Bereich sehr viele Fragen noch offen. Unklar ist etwa wie viele zusätzliche Verteilerquartiere es geben wird, wo diese eingerichtet werden und bis wann das geschehen wird. Auch welche Bundesländer bei der Aufnahme kooperieren, ist größtenteils offen.

Für die Landeshauptleute ist es jedenfalls fix, dass die Verteilerquartiere “Institutionen des Bundes” sein werden, die dort untergebrachten Flüchtlinge aber auf die Erfüllung der Quote durch die Länder anzurechnen sein werden. Bei unerwartet starken Flüchtlingsströmen sollen die Verteilerzentren Asylwerber auch länger als 48 Stunden aufnehmen.

Das Burgenland werde mit Wien kooperieren, sagte Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) nach der Landeshauptleutekonferenz vor Journalisten. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), der Gastgeber der Konferenz, sagte, “mittelfristig” strebe er für Kärnten ein Verteilerquartier an. Erwin Pröll (ÖVP) schloss aus, dass es weitere Erstaufnahmezentren in Niederösterreich geben werde. Für ihn ist klar, dass Flüchtlinge künftig vor allem in jene Bundesländer gebracht werden, die die Quote nicht erfüllen. Ähnliches war auch von Kaiser zu hören.

Vorarlberg: “Verteilzentrum” von 30 bis 40 Personen möglich

Die Verteilerquartiere sollten aber der Größe des Landes entsprechen, sagte Pröll, in Vorarlberg würde etwa eine Kapazität von 30 bis 40 Personen reichen. Auf die Frage, ob in Tirol ein Erstaufnahmezentrum einzurichten sei, sagte Kaiser: “Es wird dort Sinn machen, wo viele Flüchtlinge ankommen.” Der Tiroler Brennerpass gilt als Flüchtlingsroute.

Pröll, der zum Jahreswechsel den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz übernimmt, kündigte die Einberufung einer außerordentlichen Landeshauptleutekonferenz an, falls die Quoten bis 31. Jänner nicht erfüllt sind. Der Niederösterreichische Landeschef nahm zusätzlich den Bund in die Pflicht, der auch durch die Beschleunigung der Asylverfahren einen Beitrag leisten müsse.

(APA)

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