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World of Warcraft: Wrath of the Lich King

Arthas von Menethil, einst Sohn des Königs, nun verderbter Oberbösewicht.
Arthas von Menethil, einst Sohn des Königs, nun verderbter Oberbösewicht. ©Waibel
Bereits vier Jahre hält sich Azeroth dominierend auf dem Markt und nun schickt sich die 11,5 Millionen Spieler zählende Gemeinde an, den rauen schönen Norden Nordends zu erobern.  

Für die Spieleindustrie sei World of Warcraft ein Fluch, so hört man oft. Die Spieler wären zu sehr an das süchtigmachende Onlinerollenspiel gebunden und würden kaum noch andere Spiele kaufen. Fakt ist: Blizzard Entertainment hat vor vier Jahren ein grandioses Stück Software auf die Zockercommunity losgelassen und es seitdem gut gepflegt, wenngleich das letzte Addon Burning Crusade die Aktiven nicht immer überzeugt hat. So ist World of Warcraft oder WoW, wie es von seinen treuen Jüngern liebevoll genannt wird, mehr als nur ein Spiel, es ist für viele eine zweite Realität geworden, wo sie ihre Krieger, Magier, Priester, Schurken, Jäger und andere Charaktere liebevoll pflegen und sich mit ihnen in der virtuellen Realität mehr oder minder identifizieren. Über 11 Millionen Spieler weltweit sprechen zudem eine deutliche Sprache. WoW ist auch ein gesellschaftliches Phänomen. Zugangsfreundlich aber je nach Geschmack mit variiender Spieltiefe weiß das MMO längst nicht nur dauerzockende Gameprofis zu motivieren. In WoW findet man Menschen aus allen Bevölkerungschichten und jeden Alters, jeder Religion, Staatszugehörigkeit, und im Gegensatz zu anderen MMOs auch Frauen Seite an Seite mit ihren männlichen Kollegen. Vom Hochschulprofessor zum hart arbeitenden Handwerker, vom 12jährigen Hauptschüler bis hin zum 85jährigen Pensionisten gewissermaßen.

Ich bin Fan der ersten Stunde, habe die Geburt von WoW mitsamt seinen Anlaufwehen hier in Europa miterlebt und durfte sogar den besonderen Zauber der Final Beta in Europa genießen. Und ich kann sagen, mit dem neuen Addon „Rache des Lichkönigs” ist World of Warcraft zum besten WoW aller Zeiten avanciert.

Nebst diversen Veränderungen in der Spielmechanik im Allgemeinen und der Möglichkeit, die neue Klasse „Todesritter” auf Level 55 beginnen zu können, sofern man über einen 55er Spielecharakter anderer Klasse verfügt, bietet das Addon auch technische Highlights. So wurde die zwar nicht mehr ganz zeitgemäße, aber in ihrem Gesamteindruck unübertroffen stimmige Optik technisch aufgebohrt und an die Möglichkeiten heutiger Gamerechner angepasst. So lässt sich WoW aber auch auf alten Systemen mit entsprechend niedrigerer Grafikqualität genauso gut zocken, Eigner moderner leistungsstarker Systeme freuen sich über schärfere Texturen, mehr Details und einen physikalisch korrekt berechneten Schattenwurf. Besonders letzteres Feature haucht gleich nach den vor einiger Zeit eingeführten Wettereffekten dem Game noch einmal richtig viel Leben ein, verbraucht aber irre Rechenpower. So verfüge ich zwar über ein sehr leistungsfähiges System, habe aber als Fan der durchgehend flüssigen Bildraten auf hohem Niveau lieber die Details ein wenig heruntergeschraubt. Insgesamt ist noch Feintuning vonnöten, damit insbesondere die Schattendarstellung problemlos flüssig zumindest auf schnellen Systemen läuft.

Primär richtet sich das neue Addon natürlich an Spieler mit Level 70 Charakteren, die weiter auf Level 80 leveln wollen, und dazu geht die Reise zum neuen Kontinent Nordend. Nach Abschluss des 68ten Levels steht dazu Spielern im Besitz des Addons eine Schiffsverbindung in den hohen Norden zur Verfügung, Hordespieler nutzen den Zeppelin. In jedem Fall erwarten den Zocker ein Ladebildschirm und der Eintritt nach Nordend an einem von zwei Startpunkten, entweder im Südosten oder Südwesten der Insel.

Das Setting des vielerortens sehr skandinavisch wirkenden Landstrichs ist bestimmt vom Einfluss des namensgebenden Lichkönigs Arthas, einst Sohn des Königs und Arthas von Menethil genannt. Dieser hatte sich im Versuch, sein Volk gegen die untote Geißel zu schützen, vom Schwert Frostgram vereinnahmen lassen – Parallelen zu Herr der Ringe mit dem alles beherrschenden Ring sind vermutlich rein zufällig ;)
Seitdem residiert Arthas im Zentrum von Nordend in seiner Festung Eiskrone und wartet in einem noch kommenden Patch, in dem der Zugang zu Eiskrone freigeschaltet werden wird, auf Schlachtgruppen, die ihm den Garaus machen wollen. Bis es aber soweit ist, steht viel Arbeit bis auf Level 80 an, und das bekannte Ausrüstungsfarmen in den normalen Gruppeninstanzen. Der Weg bis zum derzeitigen Höchstlevel wurde seit WoW Classic nicht mehr so stimmig inszeniert. Angefangen von einer unglaublichen Vielfalt der Landschaften, von Dschungel bis hin zur bedrohlichen, weite Teile Nordends beherrschenden Eiskrone-Festung des Lichkönigs, was in seiner Vielfalt das ohnehin schon große Nordend noch viel beeindruckender wirken lässt. Die Eiskrone erinnert frappant und nicht ganz zufällig an Mordor. Damit so mancher Powergamer nicht einfach zum 80ten Level durchrast, ohne den großartigen Questcontent zu sehen, haben sich die Designer eines raffinierten Kniffs bedient, der nicht immer nur für Lust sorgt: So müssen die Helden, die ja bereits im vorhergehenden Addon Burning Crusade lange Zeit auf dem Rücken ihrer Flugreittiere unterwegs waren, wieder auf ihr gewöhnliches Bodenmount umsteigen. Das führt gerade in Bezug auf das Rohstoffsammeln bis Level 77 zu Frust, wenn man sich mühsam zur Erzader durchkämpft, die man auf der Karte sieht, um kurz davor eines Spielers auf dem Rücken seines Flugmounts aus dem Blau herunterstürzend gewahr zu werden, der einem das Erz ohne die Mühen des Kontakts mit feindlichen Kreaturen vor der Nase wegschnappt.

Andererseits weist der neue Kontinent und das Addon an sich wirklich eine derartige Vielzahl von qualitativ hochwertigen, stimmigen Quests auf, dass es sich in dieser Hinsicht sogar über WoW Classic setzen kann. Zur Erzählung epischer Geschichten bedienen sich die Designer erstmals einer neuen grandios funktionierenden Technik, Phasing genannt. So durchlebt der Spieler im Zuge einer Questreihe verschiedene Phasen seiner Geschichte, während der das Spiel bestimmte questrelevante Personen ein- und ausblendet und sogar Effekte hinzufügt oder weglässt. Danach verändert sich für jeden Spieler im Zuge einer Reihe die Umgebung dynamisch, endlich sind aus der Sicht jedes einzelnen Spielers Geschichten erzählbar, die einen ungemein faszinieren, ohne das ganze mit Instanzen und Ladebildschirmen zu versehen. Andere originelle Quests, wie auf dem Rücken von Drachen zu kämpfen oder Geschütze zu bedienen, geben der Questerei eine besondere Würze.

Auch die Mobs, also die Nichtspielercharaktere auf dem Feld der Ehre erfuhren eine Überarbeitung. Nebst den allgegenwärtigen Untoten und Teilen der Geißel prägen wieder allerlei Tiere aber auch nun vermehrt Drachen das Bild. Einige Teile der Questgeschichte sind sogar um die Geschichte der verschiedenen Drachenschwärme (rot, blau, schwarz und Bronze) gestrickt. Ergänzt wird das bunte Poutpourri um Eisenzwerge, Riesen und hünenhafte Vrykul, die am ehesten an Wikinger erinnern. Eine freundliche neue Rasse sind die Tuskarr, walroßähnliche Humanoide, für die man sogar ins Feld zieht.

Die angekündigte neue Klasse, von Blizzard auch gerne „Heldenklasse” genannt, spielt sich fantastisch. Obwohl ich bereits mehrere Charaktere auf Level 70 besitze, die in den Startlöchern für Nordend standen, habe ich erst meine Todesritterin voller Genuss auf 80 gespielt und erforsche ich hoch in den Lüften nun auf dem Rücken meines treuen Netherdrachen gerade den rauen Endgame-Content Nordends. Nach einer stimmigen Questreihe, in deren Verlauf der neue Todesritter nicht nur eine standesgemäße Ausrüstung für den Weg bis Level 68 erhält, sondern auch gestärkt mit Skills mit 58-59 die östlichen Pestländer Azeroths verlässt, geht es in de Scherbenwelt. Dank der Tatsache, dass Blizzard nunmehr nach der Beschleunigung der Levelgeschwindigkeit von 20 auf 60 nun auch die von 60 auf 70 angepasst, geht auch für einen Neueinsteiger der Weg bis nach Nordend recht rasch vonstatten. Neu im Addon ist auch der Beruf des Schriftgelehrten der mittels Glyphen die einzelnen Klassen noch feiner austariert verstärken soll. So sind diese Glyphen zwar ein nettes Zünglein an der Waage, insgesamt enttäuscht der neue Beruf entgegen jenem des Juwelenschleifers, der im Addon Burning Crusade eingeführt wurde, die meisten Spieler. Die bisherigen Berufe erhielten eine Überarbeitung, so können nun sogar hochwertigste epische Rezepte für andere Spieler hergestellt werden, nicht nur für den Berufsausübenden selbst. Das kurbelt die Wirtschaft an und lässt Raum, zwischen seinen Charakteren und Berufstreibenden einen regen Austausch von auch hochwertigen Items zu pflegen. Noch dazu muss man so nicht zwingend „Raiden” (Stundenlange Schlachtzüge in knackige Dungeons mit 24 weiteren Spielern…), um an gute Ausrüstung zu kommen.

Fazit:
Resümierend kann zusammengefasst werden: Seit Wrath of the Lich King erlebt WoW eine neue Hochphase und kann als das schönste World of Warcraft aller Zeiten beschrieben werden. So steht einem weiteren Höhenflug des Blizzard MMOs bis zum Erscheinen eines neuen Addons hoffentlich Ende 2009 nichts entgegen, wenngleich auch einige Konkurrenzprodukte im neuen Jahr die Speicher der Server erblicken werden. Doch auch Herr der Ringe Online, Warhammer Online oder Age of Conan konnten dem Genreprimus auch nur annähernd das Wasser reichen. Das liegt nicht zuletzt am Feinschliff, am MMO aus einem Guß, in das die Entwickler nach wie vor viel Liebe stecken. Ausserdem: Von den Progamern kritisiert, bietet WoW seit dem Addon viel Raum für Casualgamer und Solisten, die nur dann und wann etwas mit Gruppen anderer Spieler machen wollen. Für mich ganz klar das MMO, – wenn nicht das Spiel aller Zeiten, derzeit noch immer ungeschlagen und verdient die Nummer eins. 11,5 Millionen Spieler weltweit können nicht irren.

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