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WKÖ-Chef Mahrer fordert schärfere Zumutbarkeits-Bestimmungen für Arbeitslose

©Screenshot WKÖ PK "Mehr Dynamik am Arbeitsmarkt"
Harald Mahrer will die Zumutbarkeits-Bestimmungen für Arbeitslose verschärft haben. Er fordert von Jobsuchenden, beim Pendeln bzw. für jobbedingte Umzüge flexibler zu sein.

Über 800.000 Menschen sind in Österreich arbeitslos oder in Kurzarbeit. Jetzt im Herbst soll wegen einer Vielzahl an erwarteten Firmenkonkursen die Massenarbeitslosigkeit noch größer werden. Und genau in dieser Zeit will Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer die Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose verschärfen.

Die Wirtschaftskammer (WKÖ) drängt angesichts der coronabedingten Arbeitsmarktkrise und des regionalen Fachkräftemangels auf mehr Mobilität der Arbeitskräfte sowie auf mehr Qualifizierung. 

Präsident Harald Mahrer und Generalsekretär Karlheinz Kopf präsentierten am Mittwoch ein "Maßnahmenpaket, mit dem mehr Dynamik am heimischen Arbeitsmarkt entstehen soll".

"Flexibler beim Pendeln sein"

Die Wirtschaftskammer fordert von Jobsuchenden, beim Pendeln beziehungsweise für jobbedingte Umzüge flexibler zu sein - sie will also bei der Wegzeit über Zumutbarkeitsbestimmungen reden.

Trotz hoher Arbeitslosenzahlen würden "zahllose Firmen" Arbeitskräfte suchen. Die Arbeitslosen würden oftmals aber nicht dort wohnen, wo Jobs angeboten werden. "Da geht mehr beim Pendeln und beim Übersiedeln."

Das dürfte unter dem Strich nichts anderes heißen als: Jobsuchende sollen künftig auch in weiter entfernte Bundesländer zum Arbeiten gehen. Zielführend seien aber nicht "der großartige Zwang", sondern Anreize, betont die WKÖ.

Unternehmen bekommen keine Fachkräfte

Naturgemäß Unterstützung für Mahrers Forderungen kommt von seinem Salzburger Wirtschaftskammer-Präsidenten Peter Buchmüller. Der meint rückenstärkend: "Die WKS hat bereits im Juni darauf verwiesen, dass etwa die Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitsuchende angesichts der derzeit herrschenden Rekordarbeitslosigkeit viel zu großzügig sind. Denn die Unternehmen klagen nach wie vor, dass sie keine Fachkräfte vermittelt bekommen. Deshalb führt an der Überarbeitung der Zumutbarkeitsregeln kein Weg vorbei."

Welcher Arbeitsweg gilt derzeit als zumutbar?

(Info der AK)

  • Bei einem Teilzeitjob gelten jedenfalls eineinhalb Stunden Wegzeit für Hin- und Rückweg als zumutbar - unabhängig vom Ausmaß der Teilzeitbeschäftigung.   
  • Bei einem Vollzeitjob gelten jedenfalls zwei Stunden Wegzeit für Hin- und Rückweg als zumutbar.                                                                            
  • Ein wesentliches Überschreiten der genannten Wegzeiten ist unter besonderen Umständen möglich – z.B. wenn am Wohnort lebende Personen üblicherweise längere Wegzeiten zurücklegen oder besonders günstige Arbeitsbedingungen angeboten werden.

Was passiert, wenn ich eine Stelle nicht annehme?

(Info der AK)

Zum zeitweiligen Verlust des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe kommt es, wenn Sie sich weigern, die Arbeit aufzunehmen. Auch wenn Sie eine Nach- oder Umschulung nicht besuchen, eine Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ablehnen oder zu wenig Eigeninitiative zum Auffinden einer Beschäftigung zeigen, können Sie Ihren Anspruch verlieren.

Bei all diesen Punkten kommt es beim ersten Mal zum Verlust des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe für sechs Wochen. Bei wiederholter Weigerung verlieren Sie das Geld für acht Wochen. Die Erhöhung der Sperrfrist auf acht Wochen gilt bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft.

Die PK der WKÖ zum Ansehen

GPA-djp: "Starrsinn hilft nicht bei Bewältigung der Arbeitsmarktkrise"

Weitere Stellschrauben,eine Verfestigung der Arbeitslosigkeit zu verhindern, sei ein degressives Arbeitslosengeld und eine Senkung der Lohnnebenkosten, sagte WKÖ-Präsident Harald Mahrer am Mittwoch in Wien. Arbeitszeitverkürzungen, wie sie Arbeitnehmervertreter urgieren, werden von den Wirtschaftsvertretern kategorisch abgelehnt. "Das Ziel muss sein, den Kuchen größer zu machen und nicht das Gegenteil zu tun", sagte am Mittwoch Harald Mahrer.

Der Ton zwischen den Sozialpartnern ist damit wieder rauer geworden.

Die Gewerkschaft warf den Wirtschaftskämmerern vor, sich offenbar weiterhin selbst ein Denkverbot in Richtung Arbeitslosigkeit aufzuerlegen. "Dabei bringt eine Reduktion der Normalarbeitszeit neue Jobs", sagte Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA-djp, in einer Aussendung. "Starrsinn hilft nicht bei der Bewältigung der Arbeitsmarktkrise." Man könne nicht einfach abwarten und hoffen, dass sich die Wirtschaft schon irgendwie erholen werde.

Das Modell "90 für 80" sehe eine geförderte Arbeitszeitverkürzung vor, die auch dem Unternehmen etwas bringe, bekräftigte die Gewerkschaft. Arbeitslose jetzt wie Mahrer aufzufordern umzuziehen, um einen Job zu finden, sei nicht zumutbar und löse kein einziges Problem. "Es braucht mehr Jobs", sagt die Gewerkschafterin.

IV unterstützt WKÖ

In der Industriellenvereinigung fürchtet man hingegen, dass Arbeitszeitverkürzung Jobs gefährdet. IV-Präsident Georg Knill sprach heute von "gefährlichen Experimenten", die in die völlig falsche Richtung wirken würden, und einer "Kampfansage an Arbeitsplätze". Für sinnvoll hält die Industriellenvereinigung die Wirtschaftskammervorschläge, die Mobilität von Arbeitskräften zu erhöhen, da das Ost-West-Gefälle auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor gegeben sei.

Hier gehöre die überregionale Vermittlung durch das AMS ausgebaut.

(APA) (Red.)

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