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"Winnetou"-Darsteller Pierre Brice 86-jährig gestorben

Im deutschsprachigen Raum ein Star, in Frankreich ein Unbekannter. "Winnetou"-Darsteller Pierre Brice war ein Phänomen.

Selten wurde ein Schauspieler mit einer Rolle so identifiziert wie der Franzose. Obwohl sein Indianerkostüm seit Jahrzehnten im Kasten hing, wurde um den Darsteller, der am Samstag im Alter von 86 Jahren starb, Personenkult betrieben. Nicht so in seinem Heimatland.

Karl May in Frankreich nicht bekannt

Pierre Brice war ein rein deutschsprachiges Phänomen. Warum das so war, hatte für ihn zwei Gründe, wie er vor einigen Jahren der dpa sagte. “In Frankreich war und ist Karl May nicht bekannt. Dort gab es andere Helden, ‘Die drei Musketiere’ zum Beispiel von Alexandre Dumas”, so der Franzose. Der zweite Grund sei womöglich der, dass man sich im deutschsprachigen Raum nach dem Krieg nach Romantik und Werten sehnte, für die Winnetou und die Karl-May-Filme stehen.

In vierzig Sprachen übersetzt

Karl May (1842-1912) war einer der produktivsten deutschen Autoren von Abenteuerromanen. Sein Werk wurde in mehr als vierzig Sprachen übersetzt. Nur in Frankreich, Großbritannien und den USA ist er weitgehend unbekannt. Auch Brice hatte bis zu seinem ersten Dreh – “Der Schatz im Silbersee” im Jahr 1962 – nie Karl May gelesen. Danach wurde er zum Spezialisten. Bis 1968 spielte er die Rolle des Winnetou in insgesamt elf Karl-May-Filmen.

Protestwelle nach Filmtod

Das Publikum in Deutschland und Österreich war begeistert. So sehr, dass sein Filmtod im Jahr 1965 eine Protestwelle auslöste, die den beliebten Indianer für kurze Zeit wieder auferstehen ließ. Brice war mit seiner Minimalmimik zur Idealverkörperung des Mayschen Indianerhäuptlings geworden. Ob “Das Traumschiff”, “Ein Schloss am Wörthersee” oder “Die Hütte am See”: Die Filme danach erzielten nur mäßigen Erfolg.

Anfänge vielversprechend

Hierzulande ein Star, in Frankreich der “berühmte Unbekannte des französischen Kinos”, wie die Presse ihn nach einem Arte-Dokumentarfilm im Jahr 2007 nannte. Dabei waren seine Anfänge vielversprechend. Er spielte unter anderem in “Le Miroir à deux faces” von André Cayatte und “Les Tricheurs” von Marcel Carné. Sein Gesicht war dem Publikum nicht unbekannt. Doch Ende der 1950er Jahre gab es keinen Mangel an Schauspieler-Jungstars. Er musste mit Jean-Paul Belmondo und Alain Delon konkurrieren, dem er zudem ähnlich sah.

Introvertiert und zurückhaltend

“Beide hatten eine gewisse Ähnlichkeit. Beide übten denselben Beruf aus. Pierre gelang es nicht, sich in Frankreich zu behaupten”, meinte auch der Schauspieler Gérard Chambre. Die introvertierte, zurückhaltende Art von Brice tat ein Übriges. So ging der “Beau” nach Italien und Spanien, wirkte dort in zahlreichen Mantel- und Degenfilmen mit, bevor ihn der deutsche Produzent Horst Wendlandt entdeckte und ihm die Rolle seines Lebens gab: Winnetou, den er nach seinen Film- und TV-Versionen auch bei den Karl-May-Festspielen in Elspe und in Bad Segeberg mimte.

Lange Zeit lebte Brice in seinem Jagdschloss in der Nähe von Paris. Doch seiner deutschen Frau zuliebe ließ er sich ein Haus in Garmisch bauen. “Meine ewigen Jagdgründe liegen in Deutschland”, erklärte er vor seinem Umzug im Jahr 2014. Brice schien den edlen Apachenhäuptling bis zum Schluss verkörpern zu wollen. (APA)

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