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Wikipedia-Konferenz in Dornbirn

Der 22-jährige Thomas Planinger ist Autor für die Online-Enzyklopädie Wikipedia und Mitarbeiter der WikiCon 2012.
Der 22-jährige Thomas Planinger ist Autor für die Online-Enzyklopädie Wikipedia und Mitarbeiter der WikiCon 2012. ©VN/Dünser
Mehr als 200 Teilnehmer aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein haben sich am Wochenende bei der größten Wikipedia-Konferenz (WikiCon) im deutschsprachigen Raum an der FH Vorarlberg in Dornbirn vor allem mit Freiheit bzw. Zensur im Internet und internen Herausforderungen auseinandergesetzt. In einer "Dornbirner Erklärung" wurde versucht, dafür bestimmte Leitplanken zu setzen.

Die Online-Enzyklopädie Wikipedia sieht sich vermehrten Versuchen ausgesetzt, dass “starke Interessengruppen” auf die Inhalte Einfluss nehmen wollen. Diese Einflussnahme von Unternehmen, Verbänden, NGOs und staatlichen Stellen finde offen und verdeckt, zum Beispiel über bezahlte Lobbyisten statt. Für den Umgang damit brauche es klare Linien, forderte Heinrich Rudolf Bruns bei einer Podiumsdiskussion auf der “WikiCon”. Der deutsche Journalist und Blogger gilt als Wikipedia-Insider. Gegenüber der APA erklärte er, dass “kaum ein Weg daran vorbeiführen wird, uns (Wikipedia, Anm.) zu öffnen”. Der inhaltliche Input, beispielsweise durch PR oder etwa auch von Wissenschaftlern, die Wikipedia vielfach skeptisch gegenüberstehen, sollte jedoch lediglich bestenfalls als Basis eines Artikels dienen.

Wie Artikel auf Wikipedia zustande kommen und wer darüber bestimmt, war auch auf der WikiCon in Dornbirn ein umstrittenes Thema. Hinter den Kulissen von Wikipedia toben sogenannte Editierkriege zwischen Autoren und Administratoren um Relevanz, Wahrheitsbeweise und Formulierungen. Sie können die “Community” spalten, erinnerte Bruns an eine besonders heftig geführte Auseinandersetzung, der schließlich der “Spiegel” 2010 einen langen Artikel widmete. Es ging um die Frage, ob der Donauturm in Wien “nur” ein Aussichtsturm sei oder auch in die Kategorie Fernsehturm falle. Die daran entzündete Diskussion respektive über die grundsätzliche Frage wer über die Inhalte der Online-Enzyklopädie letztendlich entscheidet, nahm bis dahin ungeahnte Ausmaße an. Unter den Reitern “Diskussion” und “Versionsgeschichte” ist bei den einzelnen Wikipedia-Artikel nachzulesen, wie um Inhalte gerungen und gestritten wird.

Der Umgang untereinander ist auch im Zusammenhang mit der rückläufigen Zahl an Wikipedia-Autoren zu sehen bzw. neue zu gewinnen. Auf der WikiCon in Dornbirn gab es verschiedene Workshops, um Interessierte für eine Mitarbeit zu gewinnen.

“Dornbirner Erklärung”  von Wikipedia

Die Idee, grundsätzliche Positionen in einer “Dornbirner Erklärung” festzuhalten oder einzufordern, war während der größten Wikipedia-Konferenz (WikiCon) geboren worden. Bis zur mehrfach verzögerten Verlesung am Sonntagnachmittag am Ende des Kongresses mit über 200 Autoren und Administratoren war engagiert um Formulierungen gerungen worden.”Freies Wissen schafft Mehrwert für alle”, steht als Leitsatz am Anfang der Erklärung. Durch die hohe Akzeptanz und Nutzung von Wikipedia könne sich die bloße Vermittlung von Wissen “ein Stück weit zurücklehnen” – Wikipedia könne sich neuen Aufgaben stellen, wie beispielsweise der Vermittlung von Verständnis. Es gebe nicht nur die eine Wahrheit, in der deutschsprachigen Wikipedia sollen deshalb verschiedene Sichtweisen auch in den Artikeln ausgebaut werden.

Allerdings überfordere es manche Leser, ein Thema ausführlich und tiefgehend zu behandeln. Es soll deshalb überlegt werden, ähnlich wie die englische “simplified Wikipedia” ein solches Modell für die deutsche Ausgabe zu organisieren. Die Wikipedia-Organisationen von Deutschland, Österreich und der Schweiz beschlossen außerdem eine Expertengruppe für Digitalisierungsprojekte für Sammlungen und Museen einzurichten, weiters sollen “Freie Bücher” eine Vertiefung bei bestimmten Themen anbieten.

Mehrfach war von Teilnehmern der Jahrestagung eingefordert worden, dass Wikipedia zu Fragen des Urheberrechts klarere Positionen beziehen soll. Ein Thema war beispielsweise der Umgang mit dem Anti-Piraterie-Abkommen ACTA. “ACTA ging zwar nicht durch das Europäische Parlament”, heißt es im Schlussdokument , “lauert aber an der Hintertür bei ähnlichen Handelsabkommen. Wikipedia-Organisationen und -Sympathisanten müssen Stellung nehmen, etwa bei Konsultationsverfahren”.

(APA)

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