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Wiener Student in Ankara in U-Haft: Keine Anklage

Der Student und Autor wurde in Ankara verhaftet.
Der Student und Autor wurde in Ankara verhaftet. ©APA
Der Österreicher, der in Ankara inhaftiert wurde, sitzt noch immer in U-Haft. Auf die Anklage muss er weiter warten.


Zehn Tage nach seiner Festnahme hat ein türkisches Gericht für den österreichischen Studenten und Autor wegen Verdachts auf Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation die Untersuchungshaft angeordnet. Der 29-Jährige wurde nach Angaben seiner Anwälte ins Sincan-Gefängnis in Ankara gebracht. Anklage gegen ihn sei bisher nicht erhoben worden, hieß es am Freitag aus dem Außenministerium in Wien.

Der Verdacht gegen den Aktivisten laute auf Mitgliedschaft in einer linksgerichteten “terroristischen Vereinigung”, bestätigten seine Anwälte am Freitag mehreren Medien. Sie wiesen die Vorwürfe umgehend zurück: Der Österreicher habe “keine Verbindung” zu Terrororganisationen und halte sich bei seiner Arbeit als Journalist an die Gesetze. Die Staatsanwaltschaft hat nun mehrere Wochen Zeit, Anklage zu erheben. Bei einer Verurteilung drohen dem 29-Jährigen bis zu zehn Jahre Haft.

Besuchsverbot für Diplomaten

Österreichische Diplomaten durften den Beschuldigten bisher nicht besuchen, weil dies laut türkischem Recht in Polizeigewahrsam nicht möglich sei. In Untersuchungshaft werde ein Botschaftsmitarbeiter ihm nun einen Besuch abstatten, so Außenministeriumssprecher Peter Guschelbauer am Freitag auf Anfrage der APA. Das Außenministerium in Wien stehe in ständigem Kontakt mit seinen Anwälten und seiner Familie.

Der Österreicher studiert seit 2015 Politikwissenschaft an der Technischen Universität des Nahen Ostens in Ankara und schreibt für verschiedene Medien in der Türkei und im Ausland, darunter das deutschsprachige linksradikale Magazin re:volt. Er und drei türkische Staatsbürger waren am Dienstag vergangener Woche von der Anti-Terror-Polizei im Zuge von Ermittlungen gegen die verbotene linksextreme Gruppe TKP/Kivilcim in Ankara festgenommen und in Polizeigewahrsam gebracht worden. Der 29-Jährige hatte Beiträge für die Publikation einer Organisation verfasst, die mit der TKP/Kivilcim in Kontakt stehen soll.

Berichtete über die PKK

Bei einer Anhörung wurde er zu seinen Artikeln und Recherchen über einen kommunistischen Politiker aus der Türkei befragt, wie aus dem Anhörungsprotokoll laut Nachrichtenagentur AFP hervorgeht. Der Student sagte demnach, er sei Wissenschafter und besitze Bücher über links- und rechtsgerichtete Ideologien “und sogar literarische Werke”. Zu seinen Artikeln über den Kurden-Konflikt und die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sagte der Österreicher, darüber berichte er “objektiv”. Die PKK ist in der EU, den USA und der Türkei als Terrororganisation verboten.

“Das türkische Regime hält ihn sich also weiterhin als Geisel”, schrieb unterdessen der Politikwissenschafter Thomas Schmidinger am Freitag auf Facebook. Er forderte, Druck auf die österreichische und europäische Politik auszuüben, um alle “verfügbaren v.a. ökonomischen” Mittel für die Freilassung seines ehemaligen Studenten einzusetzen. “Die türkische Botschaft in Wien kann natürlich auch von einfachen BürgerInnen entsprechend angefragt werden”, merkte er weiter an.

Kurz bat um Freilassung

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte bereits zuvor die Freilassung des 29-Jährigen gefordert und die Türkei um Erklärung gebeten, warum der freie Autor festgehalten werde. Auch die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen drängt auf seine Freilassung.

(APA/red)

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