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Michael Ludwig aktiviert die "Kampfmaschine SPÖ Wien"

Wiens SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Ludwig
Wiens SPÖ-Chef und Bürgermeister Michael Ludwig ©APA
Bürgermeister Michael Ludwig hat in seiner ersten Rede als Vorsitzender am Landesparteitag der Wiener SPÖ in der Messe zu einem Rundumschlag gegen die türkis-blaue Bundesregierung ausgeholt und die Genossen auf Einigkeit sowie die Herausforderungen der Zukunft eingeschworen.

Dazu will er die “Kampfmaschine SPÖ Wien” in Fahrt bringen, um den politischen Mitbewerbern zu zeigen, “was wir können”. Zu Beginn der mehr als einstündigen Rede hob Ludwig die Einigkeit in der Partei hervor: “Wenn man in den Saal hereinkommt, merkt man schon die Kraft unserer Bewegung.” Er, Ludwig, habe in den vergangenen Monaten viele Gespräche geführt: “Wir haben – wie wir in Wien sagen – uns ausg’redt. Das war gut und wichtig.”

Ludwig ging in seiner Rede erwartungsgemäß auch mit der türkis-blauen Bundesregierung hart ins Gericht. Es dürfe keine Toleranz gegen Neofaschismus und Rechtsextremismus geben, mahnte er. “Wenn wir jetzt konfrontiert sind in einer Situation, wo man im Tagesrhythmus von sogenannten Einzelfällen hört, von der Nichtabgrenzung zum rechtsextremen Gedankengut”, so müsse man sich fragen, welche Konsequenzen daraus abgeleitet würden.

Warnung vor dem rechten Rand

Dabei wies Ludwig auf die von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) errichtete “roten Linie” hin, auf die der Regierungschef fast täglich hinweise. Da stelle sich die Frage nach der Wirksamkeit dieser roten Linie, so Ludwig: “Das Machtwort, das der Bundeskanzler spricht, das offensichtlich verhallt.” Damit verknüpft sei auch die Frage: “Wer treibt wen? Die Bundesregierung die Rechtsextremen oder die Rechtsextremen die Bundesregierung?” Es bestehe Gefahr, dass sich das gesamte politische Spektrum aufgrund dieser Entwicklung immer stärker nach rechts entwickle, warnte er.

Kurz ging der Bürgermeister auch auf das Verhältnis der SPÖ zur FPÖ ein. Es gebe einen Kriterienkatalog auf Bundesparteiebene und einen “eindeutigen Beschluss der SPÖ Wien, dass mit dieser FPÖ in Wien keine Koalition einzugehen ist”. Weiter: “Ich gehe davon aus, dass wir derzeit keine Veranlassung haben, von diesem Beschluss abzugehen.”

Klage gegen Sozialhilfe-Gesetz angekündigt

Harsche Kritik gab es auch für das – von ihm als “hartherzig und unsozial” bezeichnete – neue Sozialhilfegesetz. In diesem Zusammenhang sicherte er der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner seine Unterstützung zu, über den Bundesrat gegen das Gesetz vorzugehen. “Ich werde gleich am Montag die sozialdemokratischen Bundesräte aus Wien zu mir bitten, dass wir uns da gemeinsam verständigen.” In Richtung Rendi-Wagner fügte er hinzu: “Du kannst sicher sein, wir stehen an deiner Seite, wie auch in allen anderen Fragen.”

Eine weitere Zusicherung gab es auch für seinen einstigen Konkurrenten um den Bürgermeister-Sessel, den nunmehrigen EU-Wahl-Spitzenkandidaten Andreas Schieder, der ebenfalls anwesend war. “Lieber Andi, du kannst ganz sicher sein, wir stehen an deiner Seite und kämpfen um den ersten Platz in Wien.”

Kritik an Umgang mit der FPÖ

In seiner Rede kritisierte Ludwig auch den Umgang der FPÖ mit den Medien, die von der Bundesregierung eingeführte Regelung für den Karfreitag und überhaupt die “unrichtigen Angriffe” der Bundesregierung auf Wien. Ebenso strich er die Wichtigkeit der Sozialpartnerschaft, der sozialen Gerechtigkeit und des respektvollen Umgangs der Menschen miteinander hervor.

Zum Abschluss gab er sich kämpferisch: “Wir haben schwere Monate vor uns.” Es gebe starke Signale, dass ÖVP, FPÖ und auch NEOS in Zukunft einen sozialdemokratischen Bürgermeister verhindern wollen würden. “Ich kann euch eines sagen: Ich kann auch sehr ungemütlich werden.” Vor allem dann, wenn es darum gehe, Angriffe gegen die Stadt abzuwehren. “Die SPÖ Wien ist eine Kampfmaschine”, motivierte er schließlich seine Parteifreunde – diese solle nun in Fahrt gebracht werden. Das solle aber nicht aus einem Selbstzweck passieren, sondern: “Weil es uns darum geht, dass wir die Zukunft unsere Stadt bestimmen wollen. Denn ‘Zusammen sind wir Wien'”, spielte er auf das Motto des Parteitags an.

Die 74. Parteiveranstaltung der Sozialdemokraten wartet mit mehreren Premieren auf: Abgesehen davon, dass es sich um die erste papierlose Variante handelt, so gab es einige personelle Änderungen im Vergleich zur letzten regulären Ausgabe. Bundesparteichefin Rendi-Wagner wird am Samstag erstmals vor die Wiener Genossen treten. Es ist außerdem der erste Parteitag mit Bürgermeister Ludwig als Parteichef – und der erste, bei dem er sich mit seiner Wiederwahl bestätigen lassen muss.

Sein Vorgänger Michael Häupl – er wurde zu Veranstaltungsbeginn mit besonders viel Applaus begrüßt – hat die Latte dabei durchaus hoch gelegt, er kam meist auf über 90 Prozent Zustimmung. Erst als es in der SPÖ nach der Wien-Wahl 2015 zu kriseln begann, schlug sich das auch in den Ergebnissen nieder. Ludwigs Kür zum Parteichef erfolgte auf einem Sonderparteitag im vergangenen Jahr. Dabei setzte er sich mit 57 Prozent der Stimmen gegen seinen Konkurrenten und nunmehrigen EU-Wahl-Spitzenkandidaten Andreas Schieder durch.

Schieder hat den Wienern aber nicht den Rücken gekehrt – auch er hat heute einen Auftritt. Ganz nach dem Veranstaltungsmotto “Zusammen sind wir Wien. Zusammen sind wir Europa” – steht in der Messe nämlich auch die EU im Fokus: Schieder und SPÖ-Delegationsleiterin Evelyn Regner – sie tritt ebenfalls wieder zur EU-Wahl an – werden sich im Rahmen eines Talks mit dem Thema beschäftigten.

Weitere Personalentscheidungen

Nebst der Ludwig-Wahl werden im Laufe des Tages auch weitere Personalentscheidungen vollzogen – dazu zählen die bereits angekündigten Neubesetzungen im Präsidium und im Vorstand. Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures und Neo-Frauenvorsitzende Marina Hanke rücken ins Präsidium nach und werden Ludwigs Stellvertreterinnen. Stadtrat Jürgen Czernohorszky, Klubobmann Josef Taucher und der Vorsitzende der SPÖ-Hietzing, Gerhard Schmid, werden in den Vorstand einziehen. Auch darüber stimmen die Delegierten ab.

Für Debatten und Gesprächsstoff werden auch die rund 190 Anträge sorgen, die von den diversen Bezirks- und Vorfeldorganisationen eingebracht wurden. Deren Bandbreite reicht von Absagen an Bundesvorhaben bis zu Forderungen nach einem Ende des U-Bahn-Essverbots.

(APA)

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