Wer stadtauswärts über den Wiener Naschmarkt bummelt, soll künftig bei der U4-Station Kettenbrückengasse nicht mehr auf einen Parkplatz stoßen - sondern auf eine Markthalle mit Verkaufsständen und Gastronomie. Das Areal soll zudem begrünt werden. Die Details sind noch offen, ein erster Schritt wird aber nun gesetzt: Planungsstadträtin Ulli Sima und der Mariahilfer Bezirksvorsteher Markus Rumelhart (beide SPÖ) haben am Montag ein Bürgerbeteiligungsverfahren angekündigt.
Flohmarkt am Naschmarkt nicht betroffen
Die gegenständliche Fläche gehört zu den größten Asphaltwüsten im inneren Stadtbereich. Dort, wo bis Anfang der 1970er-Jahre noch Marktgebiet war, parken nun Autos. Deren Zahl ist allerdings überschaubar. Im Durchschnitt ist die Abstellfläche laut Stadt lediglich zu 40 Prozent ausgelastet. Lebendig wird es dort nur an Samstagen, wenn der Parkplatz zum Flohmarkt wird. Der soll auch nach dem Umbau dort stattfinden, wird versprochen.
Ein Hauch von London vor dem Wiener Naschmarkt! Wie am berühmten Borough Market möchten wir am aktuellen Parkplatz vor...
Gepostet von Ulli Sima am Samstag, 3. Oktober 2020
Der Naschmarktparkplatz zwischen Kettenbrückengasse und Rüdigerhof ist nicht nur eine wenig attraktive Gegend, sondern im Sommer mit rund 12.000 Quadratmetern eine der größten Hitzeinseln der Stadt, wie Sima berichtete. Der Hotspot soll nun entschärft und begrünt werden. "Das Ziel ist ein kühler Ort mit ausreichend Schatten, möglichst viel Grün und hoher Aufenthaltsqualität."
Offene Markthalle mit Gastronomie
Herzstück des Projekts soll eine offene Markthalle werden. Vorgesehen ist ein überdachter Bereich, in dem vor allem regionale Produkte angeboten werden. Bis Juni können die Wienerinnen und Wiener ihre Ideen und Vorschläge einbringen. Danach folgt ein europaweiter Gestaltungswettbewerb, der voraussichtlich im Herbst startet.
Wenn es technisch umsetzbar ist, soll das Dach der Markthalle begrünt und mit Photovoltaikelementen ausgestattet werden. Versprochen werden auch Cooling-Elemente rund um das Gebäude - wobei Sima klarstellte: Mit richtigen Bäumen ist eher nicht zu rechnen. Denn bei der Fläche handelt es sich laut Stadträtin um die Wienfluss-Überbauung, also um eine Brückenkonstruktion, auf der keine großen Schattenspender gepflanzt werden können.
Schatten und Begrünung sollen für Abkühlung sorgen
Angedacht sind darum andere Elemente, die den nötigen Schatten bieten könnten, aber auch die Begrünung mit flachwurzelnden Pflanzenarten oder die Kühlung durch verschiedene Wasserelemente. Auch eine Nutzung der Windströmung wird geprüft. Änderungen des Oberflächenbelags und Teilentsiegelungen sind laut Sima ebenfalls vorstellbar.
Wenig erfreut über das Projekt sind die Wiener Grünen, die bis vor kurzem noch das Verkehrs- und Planungsressort innehatten. Es werde an diesem im Sommer sehr heißen Platz nun noch mehr Beton und Stahl geben, beklagte der nicht amtsführende Stadtrat Peter Kraus in einer Aussendung am Montag. "Es ist also fix, dass eine Markthalle kommt. Wie diese zur Abkühlung des Hitzepols mitten in der Stadt beitragen soll, ist vollkommen rätselhaft. Außerdem wird damit das Jugendstilensemble entlang der Wienzeile verschandelt - das zerstört nicht nur das Stadtbild, sondern verschlechtert auch die Lebensqualität der Bevölkerung."
Kritik an Naschmarkt-Halle
Die Stadträtin und der Mariahilfer Bezirksvorsteher würden zudem auch eine Entscheidung des Bezirksparlaments ignorieren, das sich einstimmig für eine ergebnisoffene Befragung der Anrainerinnen und Anrainer ausgesprochen habe, kritisierte Kraus. Er plädierte für die Errichtung eines Naschmarkt-Parks mit Bäumen, Grün- und Wasserflächen. Zudem wies er auf eine von den Grünen durchgeführte Befragung in Mariahilf hin. Rund 80 Prozent hätten dabei eine Markthalle abgelehnt, berichtete er.
Skeptisch äußerten sich auch die Freiheitlichen. Eine Bürgerbeteiligung, so befand der Mariahilfer FPÖ-Bezirksparteiobmann Leo Kohlbauer, könne nur ergebnisoffen stattfinden. Sima hingegen habe bereits fix fertige Pläne. Ein Erhalt des Status quo werde von der Stadtregierung offensichtlich nicht in Erwägung gezogen: "Mit vollen Händen will Frau Sima hier das Geld der Steuerzahler für ein Projekt, für welches es bestimmt keine Mehrheit in der Bevölkerung gibt, hinauswerfen." Jede Veränderung, so hielt Kohlbauer fest, zerstöre etwa die Größe und den Charakter des Flohmarktes.
(APA/red)
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