Wien-Wahl 2025: Ausgangslage, Ziele und Chancen der Parteien

Die Ausgangslage der Parteien bei der Wien-Wahl 2025 ist eine komplett andere als vor fünf Jahren. Damals sorgte das Ibiza-Debakel für einen Absturz der Wiener Blauen, die 2015 sogar die 30-Prozent-Marke überspringen konnten. Alle anderen Parteien legten damals zu. Vor allem die ÖVP erfreute sich über kräftigen Zuspruch, der Rückenwind der Bundespartei unter Obmann Sebastian Kurz war spürbar.

2020 bedeutete aber auch eine Zäsur: Die SPÖ unter Ludwig entschied sich damals, die Koalition mit den Grünen nicht weiter fortzusetzen. Damit kamen die NEOS zum Zug. Die beiden Parteien schmiedeten eine "Fortschrittskoalition", die mit überdimensionalem Punschkrapfen aus der Taufe gehoben wurde. Dass die rot-pinke Koalition nach der Wien-Wahl 2025 fortgesetzt wird, gilt als wahrscheinlich - falls es sich ausgeht. Möglich ist das, es könnte aber knapp werden.
Die Ausgangslage, Ziele und Chancen der Parteien bei der Wien-Wahl 2025
SPÖ

Amtsinhaber Michael Ludwig kann relativ entspannt in die Wahl-Wahl gehen. Was nicht bedeutet, dass es per se Zugewinne geben muss. Im Gegenteil: Von den 41,6 Prozent aus dem Jahr 2020 ist man laut aktuellen Umfragen noch entfernt. Das Überspringen der 40-Prozent-Marke gilt aber als durchaus möglich. Bedeuten würde dies, dass Ludwig vermutlich auch mit allen anderen Parteien Koalitionen schmieden könnte, falls es sich mit den NEOS nicht ausgeht. Völlig auszuschließen ist hier lediglich Rot-Blau. Apropos Blau: Die drohende Kanzlerschaft von FPÖ-Chef Herbert Kickl war der Grund, die Wahl auf das Frühjahr vorzuverlegen. Dieses Schreckgespenst ist den Roten nun abhanden gekommen.
Rekorde dürfte Ludwig jedenfalls keine holen. Wenn, dann wäre allenfalls ein negativer zu erwarten - falls es doch nicht gelingt, mehr als die 39,2 Prozent der Wähler zu mobilisieren, die 1996 das historisch schlechteste Wiener Ergebnis bedeuteten. An den Spitzenwert der 60,1 Prozent 1973, in der Ära Kreisky, ist nicht zu denken. Auch das bei der Wahl 2001 lukrierte Rekordplus von 7,8 Prozentpunkten ist völlig außer Reichweite. Noch größer wäre die Überraschung, käme der SPÖ der - durchgehend in der Zweiten Republik besetzte - Bürgermeister-Sessel abhanden. Denn eine realistische Mehrheit gegen die SPÖ zeichnet sich erneut nicht ab.
ÖVP

Die rosigen türkisen Jahre dürften vorbei sein. 2020 konnte die vom damaligen Finanzminister Gernot Blümel in die Wahl geführte Volkspartei sich auf den Wahltag freuen. Tatsächlich erreichte man 20,4 Prozent, ein Plus von 11,2 Prozentpunkten. Nun gehen Umfragen von einer Halbierung aus. Turbulente Zeiten erlebte die Partei Ende 2021: Nach dem Rückzug von Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz zog sich auch der Kurz-Vertraute Blümel von allen Ämtern zurück. Ex-Polizist und Nationalratsabgeordneter Karl Mahrer wurde als Nachfolger nominiert. Er sieht sehr wohl Chancen, den Abstieg in Grenzen zu halten, auch wenn eine gegen ihn vorliegende Anklage im Zusammenhang mit der Wienwert-Causa zumindest nicht helfen wird, dieses Ziel zu erreichen.
Wie es ist, herbe Verluste zu erleiden, weiß die Wiener Volkspartei. 2015 fiel man unter die Zehn-Prozent-Marke (9,2 Prozent). Damals wurde man sogar erstmals nur Vierte. Besonders gut war das Wiener Pflaster für die ÖVP bisher nie: Sie lag immer weit hinter der SPÖ - mit selbst zu Spitzenzeiten (1945, 1949, 1978 und 1983) nicht ganz 35 Prozent. Dass die ÖVP als Juniorpartner mit der SPÖ in Koalition geht, gilt zumindest nicht als sehr wahrscheinlich. Sollte sich eine Kooperation mit den NEOS nicht ausgehen, wäre die ÖVP eine Alternative. Die Bereitschaft gibt es: Den Wunsch, mitregieren zu wollen, haben die Stadt-Türkisen wiederholt bekräftigt.
GRÜNE

Wien muss das Burgenland werden. So lautet das - wenn auch nicht explizit ausgesprochene - Motto der Wiener Grünen. Auch sie möchten wieder an die Macht. Seit Wochen wird für ein Comeback von Rot-Grün geworben, also für jene Kombination, die im Burgenland inzwischen regiert. Wobei auch die Wiener Ökopartei sich vermutlich schwer tun wird, das Ergebnis von 2020 zu halten. Damals konnte man mit 14,8 Prozent das bisher beste Resultat bejubeln. Trotzdem war Parteichefin Birgit Hebein rasch wieder Geschichte. Die Nachfolgerin von Maria Vassilakou als Obfrau und Stadträtin bzw. Vizebürgermeisterin wurde von ihrer Partei abserviert, nachdem Bürgermeister Ludwig sich nach zehn Jahren Zusammenarbeit für die NEOS entschieden hatte.
Es folgte die Kür eines Duos. Judith Pühringer und Peter Kraus führen die Partei seither gemeinsam, wobei Pühringer an der Spitze der Landesliste für die kommende Wahl steht. Dass die Grünen nach ihrem Gastspiel in der Bundesregierung bei Wahlen durchwegs Verluste eingefahren haben, macht zumindest nicht große Hoffnungen. Laut Umfragen dürfte sich das Minus aber in Grenzen halten - wobei es sogar schon Prognosen mit einem Plus gab. In der Oppositionsarbeit taten sich die Grünen in Wien naturgemäß zunächst schwer, waren doch nicht wenige realisierte Projekte noch unter ihrer Ägide ins Rollen gebracht worden. Auch Corona sorgte am Anfang der Legislaturperiode dafür, dass andere Themen wie etwa Verkehr oder Klimaschutz in den Hintergrund gedrängt wurden.
NEOS

Die Feststellung, dass sich eine Ausgangslage geändert hat, trifft auf keine Partei so sehr zu wie auf die NEOS. Von der kleinen Oppositionspartei ist man inzwischen zur - zwar noch immer nicht sonderlich großen - Regierungspartei mutiert. Und das nicht nur in Wien, sondern auch im Bund. In Wien wurde die Koalition mit der SPÖ nach dem Urnengang 2020, bei dem die NEOS leicht auf 7,5 Prozent zulegten, besiegelt. Von den ersten, noch massiv von der Pandemie geprägten Monaten bis zum Neuwahlbeschluss funktionierte die Arbeit weitgehend friktionsfrei. Zumindest verzichtete man auf öffentliche Geplänkel. In trauter Eintracht wurde auch die Vorverlegung der Wahl von Herbst auf April beschlossen.
Doch dann kam die Regierungsbildung im Bund. Die NEOS fanden sich in einer Dreierkoalition wieder, Christoph Wiederkehr, Wiener Landessprecher, Bildungsstadtrat und Vizebürgermeister wurde zum Bildungsminister ernannt. Er wurde wenige Tage, nachdem er von der pinken Basis zum Spitzenkandidaten für die Wien-Wahl gewählt worden war, nominiert. Nach kurzer Bedenkzeit verzichtete er schließlich auf eine Kandidatur in Wien. Chef der Stadt-Pinken bleibt er aber weiterhin. Vizebürgermeisterin und Bildungsstadträtin ist seit seinem Abgang die bisherige Klubchefin Bettina Emmerling, den ersten Listenplatz hat inzwischen die neue Klubchefin Selma Arapovic inne. Ziel der Stadt-Pinken ist die Fortsetzung von Rot-Pink.
FPÖ

Für die Blauen geht die Fahrt auf der Hochschaubahn weiter, nach der flotten Abwärtsfahrt dürfte man heuer wieder die Höhen erklimmen. Nach dem Auffliegen des Ibiza-Besuchs ihres Obmanns Heinz-Christian Strache - der Bundesparteichef stand auch an der Spitze der Wiener Partei - setzte es für die FPÖ 2020 ein gewaltiges Minus. Man rasselte von 30,8 Prozent auf nur 7,1 Prozent in den Keller der Ergebnisliste. Damals ging auch der Posten des Vizebürgermeisters, den der neue Parteichef Dominik Nepp vorübergehend bekleidet hatte, wieder verloren.
Nun könnte man zumindest die 20-Prozent-Marke wieder überspringen. Die FPÖ setzt weiter auf das Mobilisierungsthema Migration und hofft, vom blauen Höhenflug im Bund profitieren zu können. Während es dort kurzfristig nach einer Regierungsbeteiligung ausgesehen hat, ist eine solche in Wien völlig unwahrscheinlich. Wenig Freude dürften die Freiheitlichen auch über das erneute Antreten ihres Ex-Chefs haben. Heinz-Christian Strache hatte bereits 2020 mit abtrünnigen blauen Mandataren einen Versuch unternommen, schaffte den Einzug in den Gemeinderat jedoch nicht. Auch heuer dürfte sich das - zumindest wenn man die jüngsten Prognosen betrachtet - nicht ausgehen.
(APA/Red)
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