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Wie irreführend darf's denn sein? BGH: Kein Himbeertee ohne Himbeeren

BGH-Entscheid: Kein Himbeertee ohne Himbeeren.
BGH-Entscheid: Kein Himbeertee ohne Himbeeren. ©dpa
Wie genau muss der Verbraucher beim Einkauf auf die Verpackung schauen? Das hat der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) am Beispiel eines Früchtetees geprüft. Und entschied: Kein Himbeertee ohne Himbeeren. Bei einer Verpackung dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass ein Lebensmittel eine Zutat hat, die gar nicht enthalten ist.

Quarkcreme ohne Quark, Himbeertee ohne Himbeeren oder griechischer Käse aus Deutschland – nicht immer ist in Lebensmitteln das drin, was die Verpackung mit bunten Bildern und schönem Design verspricht. Am Beispiel eines Früchtetees prüften die höchsten deutschen Zivilrichter, ab wann der Verbraucher irregeführt wird.

Tee-Urteil: Verpackung darf nicht in den Irre führen

Im Fall eines auffällig mit Himbeeren und Vanille bebilderten Früchtetees von Teekanne urteilte der deutsche Bundesgerichtshof am Mittwoch: Bei einer Verpackung darf nicht der Eindruck entstehen, dass ein Lebensmittel eine Zutat hat, die gar nicht enthalten ist. Es reiche nicht aus, wenn die Zutaten zwar genau aufgeführt seien, die Aufmachung der Verpackung aber den Käufer irreführen könne. Entscheidend sei der gesamte Eindruck der Verpackung (Az.: I ZR 45/13).

Der BGH hob damit am Mittwoch ein Urteil des OLG Düsseldorf auf und stellte das landgerichtliche Urteil wieder her, das Verbraucherschützern Recht gegeben hatte. Sie hatten eine “Irreführung” des Verbrauchers moniert. Das sah der BGH nun auch so.

Fragen und Antworten zum Tee-Streit:

Um was ging es?

Im konkreten Fall hat ein Früchtetee des Marktführers Teekanne einen Rechtsstreit ausgelöst: der schon 2012 aus den Regalen genommene Kinder-Tee “Felix Himbeer-Vanille Abenteuer”. Auf der Verpackung tobte die beliebte Kinderbuchfigur mit Skateboard auf knallrotem Grund. Am Rand waren groß Himbeeren sowie eine verführerisch schöne Vanilleblüte abgebildet. Dazu war folgender Hinweis prominent platziert: “nur natürliche Zutaten”. Im Tee selbst waren allerdings nicht mal Spuren von echten Himbeeren und Vanille.

Hat Teekanne die Kunden getäuscht?

Der deutsche Marktführer weist das weit von sich. Seine Anwälte betonen, dass aus der Zutatenliste auf der Verpackung eindeutig hervorgegangen sei, dass es lediglich um den Geschmack von Himbeer und Vanille ging und dass es sich um zugesetztes Aroma gehandelt habe. Auch sei der “aromatisierte Kräutertee” der Normalfall.

Warum haben Verbraucherschützer dann geklagt?

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) spricht von einer “Werbelüge” und “klaren Irreführung” der Verbraucher. Schließlich waren im Tee selbst hauptsächlich Hibiskus, Äpfel, süße Brombeerblätter, Orangenschalen und Hagebutten – aber keine Spur von echten Himbeeren und Vanille, sondern nur Aromen mit Vanille- und Himbeergeschmack. Solche Aromen werden laut Verbraucherschützern aus Rohstoffen wie Holzspänen gewonnen – das Aroma Vanillin etwa aus Öl, Nelken oder Zuckerrüben.

Was sagen deutsche Gerichte dazu?

Das Landgericht Düsseldorf hatte 2012 den Verbraucherschützern recht gegeben, das OLG ein Jahr später Teekanne. Im Februar 2014 landete der Fall beim Bundesgerichtshof (BGH), der die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegte.

Was schreibt das EU-Recht vor?

Laut einer EU-Richtlinie darf die Etikettierung den Käufer nicht “über die Eigenschaften des Lebensmittels” irreführen, also Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung und Herstellungsart.

Wie hat der EuGH entschieden?

Grundsätzlich, so die Luxemburger Richter im Juni diesen Jahres, dürfen Hersteller auf der Verpackung nicht mit Bildern von Zutaten werben, die gar nicht im Produkt enthalten sind. Selbst wenn die Zutaten auf der Verpackung aufgeführt seien, könne – je nach Art und Weise der Aufmachung – der Käufer in die Irre geführt werden (Rechtssache C 195/14).

Warum ging das Ganze noch mal zum BGH?

Der BGH musste klären, ob die Aufmachung des Tees wirklich “zur Irreführung geeignet” war. Er hatte bereits sowohl in seiner Entscheidung im Februar 2014 als auch in der mündlichen Verhandlung durchblicken lassen, die Aufmachung suggeriere, dass Himbeeren oder Vanille oder Aromen von diesen im Tee seien. Auch sei es “nicht zwingend”, dass der Kunde schon im Laden genau die Angaben auf der Unterseite einer Tee-Verpackung studiert.

Handelt es sich um einen Einzelfall?

Nein – ob deutscher Käse in griechischer Aufmachung, Formfleisch statt abgebildeter Hähnchenbrust, Quarkcreme ohne Quark oder Erdbeerjoghurt ohne Erdbeeren – Verbraucherschützer beanstanden immer wieder ähnliche Fälle. Juristen und Verbraucherschützer hatten hohe Erwartungen an den BGH: Die mündliche Verhandlung wurde jedenfalls im Vorfeld von einer Reihe von Anwälten “aus Interesse” verfolgt. (dpa/red)

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