Wie in den USA: Anti-Israelisches Protestcamp an Uni Wien

Aktivisten haben am Campus der Universität Wien am Alten AKH ein Protestcamp errichtet. Die Aktion folgte einer "Pro Palästina"-Demonstration. Rund 100 Personen sind versammelt, teilte ein Polizeisprecher auf APA-Anfrage mit. Die Universität Wien distanzierte sich von der Versammlung.
Uni Wien distanzierte sich von "Pro Palästina"-Protesten
Die Aktivisten folgen wohl Protestcamps an Hochschulen in den USA, wo sie mittlerweile seit Wochen für eine intensive politische Debatte sorgen. Wie in den Vereinigten Staaten verurteilen die wohl linksgerichteten Demonstranten die israelischen Angriffe in Gaza.
Laut Polizei wurden Zelte errichtet und Transparente gezeigt. Derzeit gebe es keine Grundlage für eine Auflösung. Man prüfe aber die skandierten Parolen und den Inhalt der Transparente.
Die Universität Wien distanzierte sich Montag Abend "entschieden" von den Anliegen der "Pro Palästina Proteste" am Campus. Antisemitismus und die Verharmlosung von Terror hätten keinen Platz an der Universität Wien, hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA.
Polaschek verurteilt Protestaktionen, FPÖ verlangt Camp-Räumung
Für sachliche Diskussionen auch zu kontroversiellen Themen böten Universitäten ein kritisches Forum. Einseitige Darstellungen, Intoleranz, Rassismus und Antisemitismus dagegen verurteile man in aller Schärfe.
Auch Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) betonte, dass es "an Österreichs Universitäten keinen Platz für Antisemiten und Extremisten gibt": "In unserem Land gilt die Freiheit der Wissenschaft, jedoch lassen wir null Toleranz gegenüber jeglicher Form von extremistischen und anti-israelischen Haltungen walten", hieß es in einer der APA übermittelten Stellungnahme. "Ich verurteile daher alle Aktivitäten und Protestaktionen, die Terrorismus relativieren, Hass schüren und Menschen verunglimpfen aufs Schärfste. Als österreichische Bundesregierung gilt unsere volle Solidarität Israel."
Auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger zeigte am Rand einer Pressekonferenz wenig Verständnis für das Protestcamp. Antisemitismus sollte nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Sie erkenne "ein grundsätzliches Problem der linken Moral-Falle". Jene, die sich jetzt mit der palästinensischen Bevölkerung solidarisch zeigten, sollten vielleicht einmal schauen, wer hinter den Protesten stehe und ob sie nicht manipuliert würden. Der Wiener FPÖ-Klubobmann Maximilan Krauss verlangte in einer Aussendung eine umgehende Räumung des Camps. "Ich fordere in Wien ein eben so resolutes Vorgehen wie in Amsterdam, wo so ein Protestcamp bereits polizeilich geräumt wurde oder in der deutschen Bundeshauptstadt, wo man die Räumung an der Freien Universität Berlin ebenfalls bereits veranlasst hat."
ÖH sieht antisemitische Gruppen hinter Wiener Protestcamp
Die HochschülerInnenschaft (ÖH) an der Uni Wien hat sich vom am Montag errichteten Protestcamp distanziert. Zu diesem "Emcampment" hätten u.a. "ganz klar antisemitische Gruppierungen" wie "Der Funke" oder die Israelboykott-Kampagne BDS aufgerufen. Durch solche Proteste würden sich jüdische Studierende zunehmend unsicherer fühlen. Dass im Camp per Flyer zu einer "Global Student Intifada" aufgerufen werde, nannte sie am Dienstag per Aussendung "untragbar".
Den leidenden Menschen in Palästina würden antisemitische Bedrohungsszenarien für jüdische Personen nicht helfen, betonte die Studierendenvertretung. "So sehr man die brutale Kriegsführung der israelischen Regierung auch kritisieren muss, darf dies jedoch niemals dazu führen, dass sich jüdische Menschen nicht mehr sicher fühlen." Die Forderung nach einem befreiten Palästina kann nur mit der Forderung nach einer Befreiung von der Hamas einhergehen und könne auch nicht die Auslöschung des einzigen jüdischen Staates bedeuten.
Polizei beobachtet Kundgebung im Alten AKH
Die Lage im Protestcamp ist unterdessen laut dem Rektorat unverändert, hieß es auf APA-Nachfrage. Am Montag hatten laut Polizeiangaben im Anschluss an eine "Pro Palästina"-Demonstration 100 Personen am Campus der Universität Wien am Alten AKH ihre Zelte aufgeschlagen, Transparente angebracht, Palästina-Fahnen geschwungen und Parolen skandiert. Am späteren Dienstag Vormittag waren bei einem APA-Lokalaugenschein rund 30 bis 40 größtenteils mit Corona-Masken verhüllte Personen im Camp, die Polizei hatte rund eineinhalb Stunden davor von rund 25 Personen gesprochen. Die Kundgebung werde von der Polizei beobachtet. Derzeit gebe es keinen Grund zur Auflösung, es habe weder strafrechtliches Verhalten gegeben noch sei die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet.
Auf einer Wiese am Campus sind rund zehn Zelte aufgestellt, die zu einem guten Teil von Transparenten umzäunt sind. Campsprache ist teils Englisch, teils Deutsch, dazu läuft orientalische Musik im Hintergrund. Anders als bei sonstigen Studierendenprotesten am Campus, die stets auch anderes Publikum angezogen haben, dürfte es diesmal eher umgekehrt sein. Auf Transparenten ist unter anderem "No Islam Map, Luxor, Dokustelle Politischer Islam", "No feminist struggle without Palestine", "Widerstand ist international", "Escalate the struggle from campus to the streets" oder "Israel mordet, EU macht mit" und "Hands Off Rafah" zu lesen.
Unterdessen haben die Aktivistinnen und Aktivisten auf ihren Social-Media-Kanälen bzw. auch am Campus ihre Forderungen bekanntgegeben - wobei diese offenbar von den US-Vorbildern abgekupfert wurden und auf die heimischen Unis kaum passen. So wird etwa gefordert, dass die Hochschulen und Forschungsinstitute Forschungskooperationen und Finanzierungsprogramme mit dem Europäischen Verteidigungsfonds sowie mit Waffenherstellern und "allen anderen Unternehmen, die den Völkermord an den Menschen in Palästina, Kongo und Sudan ermöglichen und davon profitieren, einstellen". Außerdem sollen das Österreichische Verteidigungsforschungsprogramm FORTE aufgelöst und keine Forschungsmittel für Rüstungs- und Militärforschung aufgewendet werden.
(APA/Red)
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Herzlichen Dank für deine Zusendung.