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"Werde in Japan bleiben"

Osaka/VN - Olivia Simma lebt im erdbebenerschütterten Japan. Für sie kein Grund zur Panik.

Als Olivia Simma am vergangenen Freitagmorgen an ihren Arbeitsplatz fuhr, war eigentlich alles wie immer. An der Universität von Osaka, wo die Bregenzerin seit zwei Jahren als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig ist, gingen Studenten in Vorlesungen und Professoren in die Kaffeepause.

Mit dem, was um 14.45 Uhr Ortszeit geschehen sollte, hatte niemand gerechnet. Dass ein Erdbeben der Stärke 9,0 das Inselreich bis auf seine Grundfesten erschüttern würde, hatten selbst erfahrene Seismologen nicht vorausgeahnt. Und am wenigsten Olivia Simma. Die 31-Jährige berichtet: „Ich war zum fraglichen Zeitpunkt wie jeden Tag im Labor. Plötzlich sagte mir eine Kollegin, es würde unter ihr komisch wackeln.“ Den Ausführungen ihrer Mitarbeiterin habe sie zunächst keinen Glauben geschenkt. Erst als sie sich stärker konzentrierte, habe sie bemerkt: „Irgendetwas ging tatsächlich unter uns vor. Ungefähr zehn Minuten lang spürte ich dann in unregelmäßigen Abständen Erschütterungen.“

Keine unmittelbare Gefahr

Olivia Simmas großes Glück: Osaka, die drittgrößte Stadt Japans, wurde vom Jahrhunderterdbeben nur minimal getroffen. Das Epizentrum der verheerenden Naturkatastrophe lag mehrere Hundert Kilometer von Simmas Wahlheimat entfernt. „Trotzdem“, sagt die Wahljapanerin. „ Wir waren ganz schön verängstigt und haben uns mittels Internet sofort auf den neuesten Stand gebracht.“ Das ganze Ausmaß und die in vielerlei Hinsicht katastrophalen Folgen des Unglücks seien ihr aber erst klar geworden, als sie am Abend daheim den Fernseher eingeschaltet habe. Simma: „Als ich die Bilder der Wasserfluten, die aufgerissenen Straßen und die weinenden Menschen sah, begriff ich plötzlich: Etwas Schlimmes ist geschehen.“

Was folgte, waren besorgte Anrufe ihrer Mutter, die selbst Japanerin ist, unzählige Facebook-Nachrichten von Freunden und vor allem: Viele Fragezeichen. Diese lichteten sich aber schon nach kurzer Zeit. Schnell stellte Simma fest, dass es in Osaka so gut wie keine Schäden gegeben hatte. Dass die Häuser noch an Ort und Stelle standen. Und dass die Menschen mit der Katastrophe auf geradezu unheimliche Weise, nämlich mit stoischer Gelassenheit, umzugehen wussten.

„Ich glaube, dass sich die Europäer um einiges mehr Sorgen machen als die Japaner selbst“, sagt Simma. Fast lächelt sie dabei ein wenig. Auch sie, sagt die junge Wissenschaftlerin, habe sich fest vorgenommen, ruhig zu bleiben. Zwar habe sie ein E-Mail von der Österreichischen Botschaft in Tokio bekommen. Darin sei aber keine Warnung für die Region um Osaka ausgegeben worden. Aber auch davon abgesehen fühlt sich Simma ziemlich sicher: „Alle Indizien deuten darauf hin, dass Osaka nicht gefährdet ist. Auch nicht durch die atomaren Zwischenfälle.“

Als großes Glück im Unglück bezeichnet die 31-Jährige den Umstand, dass es in ihrem unmittelbaren Umfeld keine direkt Betroffenen gibt. Simma: „Den Familien und Bekannten meiner Freunde und Kollegen geht es gut, niemand ist ernsthaft zu Schaden gekommen.“
 

Noch ein Jahr in Japan

Auch Vorsichtsmaßnahmen hat Olivia Simma nur sporadisch getroffen: Gerade mal einen kleinen Wasservorrat hat sie angeschafft. Mehr hat sie angesichts der Entwarnungen für Osaka nicht für nötig befunden.
Noch ein ganzes Jahr will sie an der Osaka University arbeiten. „Wenn sich die Lage nicht noch dramatisch zuspitzen sollte, werde ich in Japanbleiben,“ sagt die junge Vorarlbergerin mit etwas zittriger Stimme. „Aber ich muss zugeben: Ein mulmiges Gefühl bleibt

Zur Person

Olivia Simma ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Osaka University in Japan.

Geburtsdatum: 8. Februar 1980

Ausbildung: Studiengang Genetik an der Universität Wien

Laufbahn: Matura, Dissertation

 

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