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"Wer früh dabei ist, wird profitieren"

©VN/ Bernd Hofmeister
Die Landesräte Karlheinz Rüdisser und Erich Schwärzler über Klimaschutz und Alternativ-Energien.

Alternative Energien und Klimaschutz: Welche Bedeutung haben diese Themen für die Wirtschaft – und für die Landwirtschaft?

Rüdisser: Das Ziel der Energieautonomie ist eine große Chance für die Wirtschaft, weil sie Marktpotenziale beinhaltet, die in der Zukunft einen wachsenden Markt darstellen werden. Und wer da früh genug dabei ist, der wird profitieren. Und wir wollen unterstützen, diese Entwicklung dynamisch mitzumachen. Das sehen wir etwa im Bereich der Althaussanierung, die regelrecht explodiert ist innerhalb eines Jahres – mit günstigen Rahmenbedingungen. Es hat sich fast verfünffacht. Das ist Wertschöpfung im Land, ein wichtiger Impuls für die Regionalwirtschaft. Schwärzler: Es heißt für die Zukunft, dass auch der Landwirt stärker Energiewirt werden soll. Im Bereich der Holzverbrennung haben wir etwa eine sehr erfolgreiche Zeit hinter uns – 85 Prozent des in unseren Wäldern anfallenden Energieholzes werden bereits in über 110 regionalen Holzverbrennungsanlagen – sprich Nahwärmeversorgungsanlagen – verbrannt. Wir wollten ganz bewusst nicht eine große zentrale Holzverbrennungsanlage im Rheintal bauen, sondern dort, wo der Wald auch wächst. Das ist auch Klimaschutz. Deswegen ja zu dezentralen Holzverbrennungsanlagen, auch wenn sie etwas teurer sind. Das bringt regionale Arbeitsplätze, das bringt regionale Wertschöpfung. Selbstverständlich ist es notwendig, dass man sie unterstützt, dass es eine Investitionsförderung gibt. Das bringt Freude, das bringt Stolz, eine eigene Energieanlagen zu haben. Ob das nun Lech oder eine andere Gemeinde ist. In der Landwirtschaft wird auch die Möglichkeit wahrgenommen, Biogasanlagen zu bauen. Oder denken Sie an Solarstrom, an Photovoltaik, einen ebenso wichtigen Bereich. Rüdisser: Wir haben in Vorarlberg wichtige Anlagenbauer, die auch international Akzente gesetzt haben, wie beispielsweise Mawera oder Köb, Calimax oder biogas.at. Schwärzler: Das ist eine Win-Win-Situation. Es kommt der Wirtschaft zugute, es gibt regionale Wertschöpfung und regionale Arbeitsplätze. Und mit dem Anlagenbau hat auch eine Entwicklung stattgefunden – Forschung und Entwicklung sind auf europäischem Standard.

Wie viele so genannte grüne Jobs – sprich Jobs in dem Bereich Klimaschutz oder Alternativ-Energie – gibt es denn in Vorarlberg?

Rüdisser: Das kann man derzeit kaum sagen. Wir wollen in einer Untersuchung zuerst einmal darstellen lassen, wie viele das wirklich sind. Und es müsste zunächst auch einmal festgelegt werden, was ein grüner Job in Wirklichkeit ist. Nehmen Sie beispielsweise die LED-Entwicklung bei Zumtobel, denken Sie an Architektur oder Fensterbau. Fenster mit der heutigen Technologie haben mit Fenstern vor 20 Jahren überhaupt nichts mehr zu tun. Wir haben Fensterbauer, die ihre Produkte in ganz Europa verkaufen. Bachmann Electronics hat sich innerhalb von fünf Jahren von einem Anlagen-Software-Produzent im Bereich der kunststoffproduzierenden Industrie zu einem grünen Unternehmen entwickelt. Ein Großteil der Jobs liegt heute im Bereich der Steuerung von Windkraftenergie. Also könnte man erst sagen, wie viel grüne Jobs es im Land Vorarlberg gibt, wenn der Begriff einmal definiert ist. Schwärzler: Es ist gelungen in den vergangenen Jahren, nicht nur von erneuerbarer Energie zu reden, sondern sie auch umzusetzen. Insgesamt wurden in diesem Bereich in den vergangenen zehn Jahren mehrere tausend Arbeitsplätze geschaffen. Die Wirtschaft hat in diesen Bereich investiert, hat in Forschung und Entwicklung investiert. Im Abfallbereich, Loacker oder Häusle, hat man ein Kreislaufdenken entwickelt. 150 neue Arbeitsplätze wurden allein in diesem Recycling-System geschaffen.

Vorarlberg soll, so lautet die Vision, bis 2050 energieautonom werden. Wie ist denn dieses Ziel zu erreichen?

Rüdisser: Das wird eine Kraftanstrengung. Aber man braucht ja auch große Ziele, damit man die Politik darauf ausrichtet, entsprechend ambitionierte Maßnahmen zu treffen. Wenngleich es natürlich auch ein paar Fragezeichen gibt, etwa wie diese Energieautonomie im Bereich der Mobilität zu bewältigen sein wird. Wir haben einen erfolgreichen Versuch mit der VLOTTE, bei der nun eine zweite Etappe genehmigt worden ist und Mittel vom Bund zur Verfügung gestellt werden. Wir bauen den öffentlichen Verkehr massiv aus. Aber offen ist, ob es gelingt, in der Mobilität die Substituierung von nichterneuerbaren Energieträgern zu schaffen. Eine zweite entscheidende Frage ist, wie wir die Prozesse, die derzeit in der Industrie mit nicht erneuerbaren Energieträgern wie Öl oder Gas ablaufen, bewältigen können. Schwärzler: Die Energiezukunft zeigt ein paar Dinge relativ deutlich auf. Die erste, oberste Forderung lautet: Energie einsparen. Wir müssen in diesem Bereich reduzieren. Am Passivhaus sieht man das bestens: Da brauchen wir noch ein Zehntel der Energie, das früher ein normales Haus gebraucht hat. Da ist viel gelungen. Das muss nun auch mit dem Bereich der Althaussanierung gelingen. Und das ist ja wieder eine Chance für die Wirtschaft, wie wir zuvor schon gesagt haben: Das bringt Arbeitsplätze, das bringt Innovation, das bringt Antworten für die Bürger. Wir wollen weiter auf Wasserkraft setzen. Und wenn die VLOTTE kommt, werden wir auch mehr elektrische Energie brauchen. Weg mit dem Öl aus Dschibutti – mehr eigene Energie aus der eigenen Region bringt Sicherheit. Das ist ein entscheidender Bereich.

In der Sache wird immer an die Verantwortung eines jeden Einzelnen appelliert. Dabei sind Industrie und Gewerbe die großen Klimasünder.

Rüdisser: Na ja. Da hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Die großen Klimasünder sind wir mit dem Verkehr. Und es ist der Haushalt, zu einem nicht unwesentlichen Teil. Was dort über die Heizungen in Häusern älterer Bauart emittiert wird, ist nicht zu vernachlässigen. Natürlich sind in Industrie und Gewerbe noch Potenziale vorhanden. Aber es gibt Technologien, die Amortisationen in vernünftiger Zeit erlauben. Und deswegen ist dort der Druck, etwas zu machen, viel größer als im privaten Bereich. Allein schon, weil es einen harten Wettbewerb gibt.

Wie kann man denn den Bürger für die Ziele des Klimaschutzes ausreichend begeistern?

Schwärzler: Die Begeisterung in diesem Land ist bereits groß. Es freut mich unheimlich, dass man vor über 30 Jahren nicht nur mit großer Mehrheit nein sagte zu Zwentendorf, sondern dass es damals diese Bürgerinitiativen für erneuerbare Energien gegeben hat. Da gab es großes Engagement, Bürger sagten, sie wollen das selber in die Hand nehmen. Was wichtig ist: Bürger wollen verlässliche Rahmenbedingungen, die langfristig gelten. Dann sind sie auch bereit zu investieren. Und deswegen ärgert mich diese Nicht-Entscheidung auf Bundesebene, was das Ökostromgesetz und die Einspeis-Regelungen betreffen. Es ist ärgerlich, dass man auf Bundesebene immer noch keine vernünftigen Einspeisregelungen zusammen bringt – und das nach eineinhalb Jahren. Vom Bürger zu verlangen, täglich aus der eigenen Tasche Geld darauf zu legen, das ist keine ehrliche Politik. Man muss die Leute begeistern. Rüdisser: Man sieht auch, was man mit Anreizen, beispielsweise in der Althaussanierung, erreichen kann. Wir haben auch eine zehnprozentige Steigerung im Solaranlagenbau. 1200 neue Anlagen kommen pro Jahr dazu. Rechnet man die Fläche pro Bevölkerung, sind wir da im Spitzenfeld positioniert. Die Bereitschaft der Bürger ist also da. Es rechnet sich ja auch. Es ist eine gute Zeit.

Wie innovativ sind Wirtschaft und Landwirtschaft in Sachen Alternativenergien?

Rüdisser: Die Wirtschaft ist sehr innovativ. Das sieht man schon an den Produkten, die auf den Markt kommen – von der ersten Holzfeuerungsanlage bis hin zu den heutigen modernen Anlagen. Unsere Wirtschaft zeigt, dass sie in der Lage ist, Produkte auf dem neuesten Stand der Technik zu entwickeln – und in manchen Bereichen sogar ein Trendsetter zu sein. Schwärzler: Wir hatten im Bereich Landwirtschaft-Erneuerbare Energien sehr große Erfolge. Und das in vielen Bereichen.

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