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"Wenn ich Herr meiner Zeit bin"

Das Glück näher bringen kann schon ein kurzes Gespräch am Rande des Philosophicums.

Herr Köhlmeier, was bedeutet für Sie Glück?

Köhlmeier: Mit ein wenig Koketterie würde ich sagen, die Abwesenheit von Unglück.

 

Eine pessimistische Sicht, die zum Auftakt des Philosophicums Lech, das heuer dem Thema „Die Jagd nach dem Glück“ gewidmet ist, somit im Raum steht.

Köhlmeier: Ja, es ist eine pessimistische Sicht, aber diese zeigt sich auch in den Märchen und Sagen. Das Glück wird erst sichtbar, wenn es mit dem Unglück konfrontiert wird. Auch im Märchen „Hans im Glück“ ist das so, es wird ja jedem klar, dass dem Hans das Glück Schritt für Schritt abhanden kommt.

 

Dieses Märchen hat aber auch eine moralisierende Funktion, nämlich den Menschen zu verdeutlichen, dass sie ohne Besitz glücklich sein können.

Köhlmeier: Ja, in Anbetracht der Zeit, in der diese Märchen entstanden sind, ist es ein verzweifelter Trost, eine fröhliche Seele zu haben. Dem materiellen Besitz wird ein geistiger Besitz entgegen gehalten, um eben den Mangel an materiellem Besitz zu kaschieren. Das Glück kann man nur dialektisch sehen, Glück ist der Fleck, an dem kein Unglück ist. Das ist wie mit dem Loch, das man nur von den Rändern her definieren kann.

 

Ist das nicht auch eine sehr zynische Sicht?

Köhlmeier: Nein, der Meinung bin ich nicht, es gibt ja immerhin unglücksfreie Zonen.

 

Jeder Mensch macht eine persönliche Glückserfahrung. Wann sind Sie, jetzt einmal ganz auf den Alltag heruntergebrochen, glücklich?

Köhlmeier: Wenn ich der absolute Herr meiner Zeit bin.

 

Ist das jetzt, lapidar gesagt, eine Klage, dass Sie zu wenig oft über Ihre Zeit verfügen können, oder erfahren Sie dieses Glücksgefühl oft?

Köhlmeier: Relativ oft, und ich glaube, das ist der Grund, warum ich diesen Beruf habe.

 

Augen auf bei der Berufswahl oder was raten Sie Menschen in unserer Gesellschaft, die meinen, dem Glück zu wenig oft zu begegnen?

Köhlmeier: Es ist schwer, jemandem einen Rat zu geben, manche Leute arbeiten auch gerne in einem Abhängigkeitsverhältnis, manche sagen, sie können nichts mit der Zeit anfangen, wenn sie nicht eine von außen gestellte Aufgabe haben. Es ist altruistisch, wenn man mit vernünftigen Vorgaben von außen gestellte Aufgaben erfüllt.

 

Somit liegt in der Zeit auch der Schlüssel, um sich über das eigene Glücksempfinden klar zu werden.

Köhlmeier: Wenn jemand wissen will, was für ihn Glück oder Unglück bedeutet, dann soll er die Zeit betrachten. Was bedeutet für mich Zeit? Sie ist das Geschenk, weil sie einfach da ist. Will ich Herr sein über meine Zeit oder will ich, dass mir jemand von außen nahelegt, wie ich sie verbringe.

 

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