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"Weltraumspaziergang" als Schwerstarbeit

Die NASA-Leute nennen das immer noch "Weltraumspaziergang" - aus alter Gewohnheit. Dabei wissen die Experten von der US-Weltraumbehörde ganz genau, dass es sich dieses Mal um echte Schwerstarbeit handelt.

Über sechs Stunden sind die Astronauten der „Discovery“ im Durchschnitt bei ihren insgesamt fünf „Spaziergängen“ im Einsatz, 17-Tonnen-Teile müssen sie durchs All bugsieren, auf Millimeter an der Internationale Raumstation ISS anpassen, montieren und zum Laufen bringen.

„Die komplizierteste Montagearbeit in der ISS-Geschichte“, meint ein NASA-Mann. Probleme und Pannen sind fest einkalkuliert. Auch im All ist es nicht anders als beim Handwerk auf der Erde – irgendwie klemmt’s immer. Meist dort, wo man es am wenigsten erwartet.

„Wir atmen alle erst einmal richtig durch, wenn wir es hinter uns haben“, meint Kirk Shireman, einer der NASA-Verantwortlichen für die Einsätze. Das komplizierteste Stück Arbeit ist die Verlegung eines riesigen Mastes für Sonnensegel ans äußerste Ende der Raumstation. „Schwer wie ein Bus“, sagen Experten, „ein Monster-Turm“, nennen es US-Medien. Drei Tage lang dauert die Verschiebeaktion, bei der die Roboterarme der ISS und der „Discovery“ sich die Tonnenlast in einer diffizilen „Choreographie“ („New York Times“) mehrmals hin- und herreichen müssen. Erst an diesem Dienstag, wenn das Ungetüm an seinem neuen Platz montiert wird, stellt sich heraus, ob der Einsatz ein Erfolg ist.

„Zuerst müssen wir alle elektronischen Systeme (des Sonnensegelmasts) runterfahren, alle Computer, die gesamte Beleuchtung, die Heizung“, beschreibt „Spacewalker“ Scott Parazynski. „Dann kommen die Kräne zum Einsatz“, wie er die Roboterarme etwas prosaisch nennt. Ein weiteres Problem: Die Astronauten können nicht mal immer direkt sehen, wie sie per Joystick mit ihren Roboterarmen zugreifen, denn zeitweise werden die Arbeiten in einem toten Winkel ausgeführt. Zudem gibt es Zeitdruck, denn ohne die Heizung droht die Technologie in dem Sonnensegel-Mast wegen der eisigen Temperaturen im All schnell einzufrieren.

„Eine der Sachen, die ich bei der NASA liebe“, meint Parazynski, „ist es, dass wir zwar den Erfolg planen, aber auch für Pannen vorbereitet sind.“ Die Vorbereitung auf eine Krise können die Männer, brauchen. Schon seit längerem bereiten der ISS-Besatzung verdächtige Vibrationen an einem Drehgelenk eines anderen Sonnensegels Sorgen. Niemand wusste genau, was los war. Bis ein Astronaut am Sonntag entdeckte, dass das Gelenk schleift, dass sich sogar feine Metallspäne angesammelt haben. „Das ist nicht normal, da reiben Metalle aufeinander“, meinte Astronaut Dan Tani besorgt.

Das Drehgelenk ist wichtig, damit sich die Solarflügel stets genau ausrichten können. Letztlich geht es also um die überlebenswichtige Stromversorgung der ISS. Falls das Problem nicht rasch behoben werden kann, macht sich die NASA laut US-Zeitungen schon Sorgen über den weiteren Ausbau der ISS. Es heißt, vor allem die geplanten Weltraumlabore bräuchten viel Energie. Eile ist daher geboten, schließlich soll schon am 6. Dezember das europäische Weltraumlabor Columbus an die ISS andocken. Auf die Schwerarbeiter im All kommt also eine neue Aufgabe zu.

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