Weibliche Genitalverstümmelung: In Österreich Tausende Betroffene

“Wir haben es hier mit einer schweren Körperverletzung zu tun”, sagte Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) beim Round-Table Gespräch in der Wiener Rudolfstiftung am Dienstag anlässlich des bevorstehenden Weltfrauentags.
Thema absolut präsent
Das Thema sei in unserer Gesellschaft absolut präsent, so Kneissl weiter. Im Verbund mit der Sektion für Integration, der Sektion für Entwicklungszusammenarbeit und dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) habe man es daher aufgegriffen. Mit einer Million Euro unterstütze das Außenministerium die medizinische Behandlung von betroffenen Frauen nicht nur im Ausland, sondern auch im Frauengesundheitszentrum FEM (Frauen, Eltern und Mädchen) Süd in Wien.
Warnung vor steigenden Zahlen
Hilde Wolf, Leiterin des FEM Süd , warnte vor steigenden Zahlen der von weiblicher Genitalverstümmelung (“Female Genital Mutilation”/FGM)-Betroffenen in Europa: “Wir gehen davon aus, dass derzeit 500.000 betroffene Frauen in der EU leben. Für Österreich gibt es eine Schätzung, die von 6.000 bis 8.000 Frauen ausgeht.” Diese Zahl stamme jedoch aus 2006 und die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher liegen, da sie durch Entwicklungen im Migrationsbereich deutlich angestiegen sei, so die Expertin. Als Beispiel führte Wolf Somalia an, das Land mit der weltweit höchsten FGM-Prävalenz – laut UNESCO sind dort 98 Prozent der weiblichen Bevölkerung betroffen, und zwar von einer schwerwiegenden Form der Verstümmelung.
Aufklärungsarbeit wichtig
Magdalena Pabinger, Co-Leiterin der Ambulanz für plastisch-rekonstruktive Gynäkologie in der Wiener Rudolfstiftung, erläuterte die Unterschiede zwischen den FGM-Formen und ihre Folgen für die Gesundheit: Unter Kurzzeitfolgen fallen starke Blutungen, bakterielle Infektionen und Blutvergiftungen, welche bis zum Tod führen können. Als Langzeitfolgen führte Pabinger chronische Infektionen, Blasenentzündungen, Unfruchtbarkeit und schwere Probleme bei der Geburt an. Jährlich werden in der Ambulanz in der Rudolfstiftung zwischen 20 und 40 Patientinnen behandelt.
Wolf zufolge ist vor allem die Aufklärungsarbeit in den betroffenen Communities wichtig. Eine wichtige Aufgabe der FEM Süd sei es daher, Frauen und Mädchen zu stärken, damit sie “hier in Österreich ein selbstbestimmtes, autonomes Leben führen können.”
Kenntnisse fehlen
Umyuma El Jelede, Ärztin aus dem Sudan und Beraterin im FEM Süd, erklärte, dass vielen betroffenen Frauen die Kenntnisse über ihre Gesundheit und über ihre Rechte fehlten. Sie lebten oft in konservativen Kulturen, in welchen FGM mehrere Funktionen habe, nämlich die “Reinheit” der Frau zu garantieren, Kontrolle über die weibliche Sexualität auszuüben und die Jungfräulichkeit von Mädchen sicherzustellen. Ihrer Meinung nach brauchen die Betroffenen muttersprachliche Aufklärung über ihre Rechte und darüber, dass sie sich strafbar machen, wenn sie ihre Kinder dieser Praktik unterziehen.
(APA/Red.)
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