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Was für ein Mensch war Joseph Haydn?

Würden Sie mit Joseph Haydn einen Abend verbringen wollen? Wäre er ein angenehmer Gesellschafter, ein anregender Gesprächspartner, ein einnehmender Mensch?

Der Mann, dessen Todestag sich am 31. Mai 2009 zum 200. Mal jährt, stammt, wie es heißt, aus einfachsten Verhältnissen, aber er brachte es zu seinen Lebzeiten zu einer Bekanntheit, wie sie heutzutage Filmstars oder Popmusiker erreichen. Allerdings fehlt ihm aus heutiger Sicht ein wesentliches Attribut: Haydn gilt nicht als „sexy“. Es sind nicht, wie von Franz Liszt etwa – von modernen Ikonen ganz abgesehen – Berichte überliefert, wonach bei seinen Konzerten den Fans reihenweise die Sinne schwanden. Das ist wohl auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass Haydn selbst in Schulbüchern als „Papa Haydn“ bezeichnet wird. Sein jüngerer Freund Mozart nannte ihn so in aller Verehrung und Hochachtung, aber es setzt der posthumen erotischen Ausstrahlung doch Grenzen.

Obwohl: eine gewisse Wirkung auf Frauen muss er gehabt haben, gab er doch selbst seinem Biografen Georg August Griesinger zu, „den Reizen von Frauen gegenüber nicht unempfänglich“ gewesen zu sein. Die italienische Sängerin Luigia Polzelli und die englische Witwe Rebecca Schroeter hätten uns mehr erzählen können …

Wenden wir uns seinem Äußeren zu: Albert Christoph Dies schildert Haydn als „unter der mittelmäßigen Größe“. Abbildungen zeigen abfallende Schultern, eine relativ große Nase, eine grüblerische Stirn und einen geschwungenen Mund, aus dem wir vielleicht einen gewissen Hang zum Genießerischen ablesen können. Wir würden ihn nach heutigem Schönheitsverständnis nicht als attraktiven Mann bezeichnen, aber was uns Portraitisten überliefern, zeigt eine sympathische Erscheinung. Die tief in die Stirn gezogene Perücke irritiert etwas. Haydn trug sie von frühester Jugend an, „der Reinlichkeit wegen“. Man möchte sich lieber nicht vorstellen, was sich darunter befand. Seine Vorliebe für Eleganz, bestickte Röcke und seidene Strümpfe mag uns dagegen für ihn einnehmen.

Aus Haydns Briefen und aus den Schilderungen seiner Zeitgenossen ergibt sich das Bild eines höflichen, doch nicht unkritischen Menschen, der seine Umgangsformen an einem der vornehmsten Fürstenhöfe der damaligen Zeit schleifen konnte. Er sprach neben Deutsch Latein, Ungarisch, Französisch, Italienisch und später auch Englisch. Seine beiden Aufenthalte in London – in einem Alter, in dem man sich heute normalerweise zur Ruhe setzt – lassen auf einen weltoffenen, aufgeschlossenen Geist schließen.

Sie hätten sich also vermutlich gut unterhalten mit dem fürstlich Esterházy’schen Kapellmeister beim imaginären Fest im Eisenstädter Schloss. Allerdings hätte es Ihnen passieren können, dass sich Ihr Gegenüber allzu früh unter höflichen Entschuldigungen und galanten Komplimenten entfernt hätte. Denn Joseph Haydn war zu allem auch ein fleißiger Arbeiter. 107 Symphonien, 6 Oratorien, 24 Opern, insgesamt 14 Messen, 32 Solokonzerte, 69 Streichquartette, Trios, Arien, Lieder und Sonaten wollten komponiert werden, auf dass wir uns heute noch daran erfreuen können.

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