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Warnung vor deutschem Wirtschaftseinbruch

©AP
Angesichts immer neuer Hiobsbotschaften aus der deutschen Wirtschaft mehren sich die Warnungen vor einem dramatischen Konjunktureinbruch.

Die Deutsche Bank schließt nicht mehr aus, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um mehr als fünf Prozent schrumpfen wird. Ihr Chefvolkswirt Norbert Walter warf Unternehmen und Politikern vor, die Lage schönzureden. “Alle bisherigen Konjunkturprognosen werden bis Ostern überholt sein”, sagte Walter der “Bild”-Zeitung (Montagausgabe).

Die deutsche Regierung bleibt dennoch vorerst bei ihrer Vorhersage, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2009 um 2,25 Prozent schrumpfen wird. Auch das wäre das größte Minus seit Bestehen der Bundesrepublik. Der Mannheimer Wirtschaftsweise Wolfgang Franz warnte, im Sommer könne es bei einer andauernden konjunkturellen Talfahrt zu Massenentlassungen kommen.

“Falls die zuletzt positiven Signale der Frühindikatoren trügen sollten, befürchte ich, dass am Arbeitsmarkt alle Dämme brechen werden”, sagte der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu Reuters. Bei einer Vertiefung der Krise könnten Kurzarbeit und Zeitarbeitskonten nicht mehr ausreichen, um die Lage zu meistern.

“Eine Prognose ist aber wegen der beispiellosen Finanzkrise sehr schwierig. Wir fahren auf Sicht”, sagte Franz, der für 2009 einen Rückgang des BIP zwischen 2 und 3 Prozent erwartet. Er ist damit optimistischer als etwa Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer, der von minus drei bis vier Prozent ausgeht.

Das vom ZEW veröffentlichte Barometer der Konjunkturerwartungen von Börsenexperten war im Februar kräftig gestiegen. Auch der Ifo-Geschäftsklimaindex, der die Stimmung von rund 7000 Managern aus den Chefetagen der Wirtschaft misst, hatte im Jänner erstmals seit acht Monaten zugelegt. Für das am Dienstag anstehende Februar-Barometer sagen Experten eine Stabilisierung des Frühindikators voraus, auch wenn sich die Lagebeurteilung weiter eingetrübt haben dürfte.

Angesichts der Absatzkrise im Automobilbau hat VW diese Woche mehr als 60.000 Mitarbeiter in die Kurzarbeit geschickt. In der Krise haben bereits viele andere Firmen zu diesem Mittel gegriffen – darunter Daimler, Siemens und ThyssenKrupp. Zugleich muss die deutsche GM-Tochter Opel um ihre Zukunft bangen.

Angesichts der dramatischen weltweiten Wirtschaftskrise forderte Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Walter ein global abgestimmtes Programm, um die Konjunktur wieder anzuschieben. “Wir müssen uns weltweit zusammensetzen, am besten unter Führung von US-Präsident Obama”, sagte Walter. Es müsse ein koordiniertes Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht werden, das “zu mehr privaten und staatlichen Ausgaben führt”.

Walter hatte bisher einen BIP-Rückgang in Deutschland von bis zu vier Prozent für 2009 vorausgesagt und war damit bereits pessimistischer als viele andere Experten. ZEW-Chef Franz hält die neue Prognose Walters für ein “Worst-Case-Szenario mit vergleichsweise geringer Wahrscheinlichkeit”. Auch aus der Politik erntete der Chefvolkswirt der Frankfurter Großbank Kritik: Der Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, sagte, Walter setze sich immer wieder an die Spitze der Katastrophenprognostiker: “Aber noch hat sich seine vorherige Prognose eines BIP-Minus von vier Prozent lange nicht erfüllt.”

Auch das Kieler Institut für Wirtschaftsforschung (IfW) teilt den Pessimismus Walters nicht. “Um eine minus Fünf vor dem Komma zu sehen, müsste es noch mindestens drei Quartale kräftig bergab gehen. Dafür haben wir vorerst keine Anzeichen”, sagte IfW-Konjunkturchef Joachim Scheide.

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