Wer Ibiza hört, der denkt an vergangene Hippiezeiten und wilde Partys. Doch die drittgrößte Insel der Balearen kann nicht nur mit Sonne, Meer und Discos punkten. Abwechslungsreise Wanderungen und Kulturerlebnisse warten! Als Joa auf die Insel kam, waren die Blumenkinder der 60er- und 70er- Jahre längst abgewandert oder aufgegangen in einer neuen Szene. Die kleine Kirche in Santa Gertrudis, einem Dorf zehn Kilometer nördlich von Eivissa (Ibiza-Stadt), hat sie alle kommen und gehen sehen, die Anhänger der Flower- Power-Bewegung. Heute strahlt der Ort Exklusivität aus. Galerien, Boutiquen und Antiquitätenläden präsentieren sich in weiß getünchten, kubischen Häusern. Die Holzstühle vor den Bars Costa, Es Canto und Ulivans am Dorfplatz vor der Kirche füllen sich wie an jedem Morgen mit Einheimischen und Gästen, die den ersten Café solo oder Café con leche des Tages genießen wollen.
40 Jahre nach der Hippie-Zeit
Seit sieben Jahren betreibt Joa Nesch das Libro Azul, eine kleine, internationale Buchhandlung am Rande des Ortes. Ein bisschen fühle ich mich auch als Hippie, meint Joa: Wer den Namen Ibiza hört, der denkt an Hippie-Zeiten, das ist nun mal so auch noch 40 Jahre danach. Vor 17 Jahren habe er eine dreitägige Reise nach Ibiza gewonnen, erzählt der gelernte Buchbinder. Sie wurde sein Schicksal. Er kehrte seiner Tübinger Heimat den Rücken und fand Arbeit im Buchladen von Santa Gertrudis, den er schließlich vor einigen Jahren übernahm. Althippies, Neuhippies jedenfalls Leute, die sich dafür halten Prominente und Nichtprominente gehören zu seinen Kunden und werden diskret bedient. Obwohl die Insel ihren ursprünglichen Charakter durch den Bauboom an vielen Orten, wie Santa Eularia oder Sant Antoni, bereits verloren hatte, gefiel Joa die Atmosphäre sofort besonders die Toleranz gegenüber Fremden. Hippies machten Ibiza einst bekannt und für den Massentourismus interessant. Was sie in den 70er- Jahren noch als beschaulich vorfanden, hatte sich bei Joas erstem Besuch längst in Bettenburgen verwandelt.
Das ursprüngliche Ibiza
Aber es gibt sie noch, die Ursprünglichkeit der Insel, beteuert der 45-Jährige: Einsame Buchten mit türkisfarbenem Wasser, üppige Pinienwälder, Mandel-, Feigen- und Zitronenbäume, schroffe Klippen. Wer statt heißer Strandpartys und schriller Discomusik das ursprüngliche Ibiza kennen lernen möchte, der begibt sich am besten auf Wanderschaft. Wanderwege gibt es über die gesamte Insel verteilt, erklärt Wanderführerin Marion Neumann: Auch wenn die Höhenunterschiede mit selten mehr als 300 Metern gering sind, so sind viele Pfade doch unbefestigt, geröllig und glitschig. Knöchelhohe Wanderstiefel mit gutem Profil sind unbedingt erforderlich. Die meisten Strecken lassen sich in vier bis fünf Stunden Gehzeit bewältigen.
Ein bequemer Start am Wasser
Wer es bequem angehen lassen will, der startet im westlichen Teil der Insel um Sant Antoni. Dort gibt es leicht begehbare Pfade, die sich am blauen Wasser entlangschlängeln gesäumt von Aleppokiefern, Schirmpinien, Wacholder und weithin gelb leuchtenden Immortellen. Der Duft von Lavendel, Thymian und Rosmarin betäubt die Sinne und verströmt einen Hauch von Sommer. Die geschützte, feinsandige Bucht Cala Bassa und die türkisfarbene Cala de Comte lassen fast Südsee-Feeling aufkommen. Auf dem Weg zur Cala Salada geht oder kraxelt man über rote Felsblöcke, während wenige Meter tiefer die Gischt des Mittelmeeres gegen die Felsen peitscht. Ibiza punktet mit seinen Buchten von feinsandig bis steinig, verrät Marion: 50 ,Calas sind es mindestens. Kulturell interessanter ist ein Wandertag durch Eivissa (Ibiza-Stadt). Ein Ort mit vielen Geschäften und Straßencafés, der sich in Ober- und Unterstadt teilt. Die obere, die Dalt Vila, wurde im 16. Jahrhundert nach Piratenangriffen ausgebaut und mit Wehrmauern und Türmen umschlossen. Eine Kathedrale, ein Kastell, ein paar Kirchen, ein Gewirr mittelalterlicher Straßen mit holprigem Pflaster, wild gespannten Kabeln und wehender Wäsche wurden 1999 zum UNESCOWeltkulturerbe erklärt.
Schmackhafte Ensaimadas
Gleich hinter dem Haupteingang Portal de ses Taules drängen sich Boutiquen, Restaurants und Souvenirshops. Wer höher hinauf steigt, wähnt sich auch mal ganz allein in einer kleinen, konsumfreien Gasse. Die Ensaimadas (Hefe-Schmalz-Schnecken) gibt es erst nach dem Abstieg Richtung Hafen in der 70 Jahre alten Pasteleria Los Andenes. Längst begrüßt die alte Dorfkirche in Santa Gertrudis keine Hippies mehr Wanderer sind ihr jederzeit willkommen.
Einmal pro Woche steigt noch der Hippie-Markt
Die Wände in Anitas Bar in Sant Carles, der ehemaligen Hippiehochburg im Nordosten der Insel, sind noch wie in den 70er Jahren mit Postfächern bespickt. Die meisten gehören Bauern, die hier ihre Briefe abholen, aber auch dem einen oder anderen Aussteiger, dessen Behausung nicht für eine normale Postadresse taugt. Einmal pro Woche findet gleich um die Ecke in Las Dalias ein Hippiemarkt statt. Den größten gibt es in Es Canar bei Santa Eularia. Hier boten die Blumenkinder selbstgefertigten Schmuck, gefärbte Hemden und Pluderhosen im Flower-Power-Stil an. Inzwischen tendieren viele Stände in Richtung Massenware und Markenkopien aus Asien und Afrika.
Ausflug zu den Salinen
Die Salinen, Ibizas weißes Gold, entdeckt der Wanderer im Naturschutzgebiet an der Südspitze. Salzgewinnung war einst ein Haupterwerbszweig der Bewohner. Schroff und felsig wird es auf einem Ausflug von der Cala den Serra zum nördlichsten Punkt der Insel, zum Punta des Moscartar mit dem schwarzweißen Leuchtturm. Steinige Küstenpfade führen zum Touristenort Portinatx und schließlich zur Cala Xarraca. Das burgartige Anwesen mit dem Namen Casa Cova direkt am Strand soll einst Schauspielerin Ursula Andress gehört haben.
REISEINFOS
Anreise: Die Anreise aus Deutschland dauert knapp drei Stunden und ist mit Billigfluglinien schon ab 70 Euro pro Flug buchbar. Vom internationalen Flughafen auf Ibiza gibt es zahlreiche Verkehrsmöglichkeiten zu allen Orten auf der Insel.
Sprache: Amtssprachen sind Spanisch und Katalanisch, der auf der Insel vorherrschende katalanische Dialekt wird Ibizenk genannt.
Tipps: Geldautomaten für EC- und Kreditkarten sind weit verbreitet, die gängigen Kreditkarten werden akzeptiert. Trinkgeld gibt man zwischen 5 und 10 Prozent, allerdings nur, wenn man mit dem Essen zufrieden war. In Taxis wird kein Trinkgeld gegeben.
Beste Reisezeit für Wanderurlaub: März bis Mai und September/Oktober
Anbieter von Wanderreisen auf Ibiza: Wikinger Reisen, Kölner Str. 20, D-58135 Hagen, Tel. +49 2331 9046, www.wikinger-reisen.de; ASI-Wanderreisen, AlpinSchule Innsbruck GmbH, In der Stille 1, A-6161 Natters, Tel. 051254 6000, www.asi.at
Anbieter von Wandertouren auf Ibiza: Rolf Hürten, Wanderführer, C./ Padre Vincente Costa, 14, E-07840, Santa Eulalia del Rio, Tel. +34 647020044, www.ibizawandern.de
Literatur: Reiseführer Ibiza & Formentera von Thomas Schröder, Michael Müller Verlag, Erlangen, 2008, 15,90 Euro; ein hintergründiges Reisehandbuch; Goodbye Tanit? Ibiza zwischen Traum und Trauma von Wiltrud Schwetje, Palmyra Verlag, Heidelberg, 2007, 26 Euro; Marco Polo Reiseführer Ibiza & Formentera, 2008, 9,95 Euro
Weitere Informationen: Fundació de Promoció dEivissa, Avda. Espana 49, 07800 Eivissa, Espana, Tel. +34 971 195900, www.ibiza.travel (deutschsprachige Internetseite); Spanisches Fremdenverkehrsamt, Walfischgasse 8, A-1010 Wien, Tel. 01 5129580.
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