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ÖVP schießt sich auf "Zeit im Bild" ein

Wien - Probleme bereitet dem ORF-Fernsehen derzeit die Programmierung von anspruchsvollen Formaten auf besseren Sendplätzen.

Dies berichtete ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz am Montag vor dem ORF-Publikumsrat. Unterdurchschnittlich habe sich demnach punkto Zuseherzahlen die Dokumentationsserie „Menschen und Mächte“ entwickelt, auch „kreuz&quer“ hinkt hinter dem durchschnittlichen Sendeplatz-Marktanteil hinterher.

Als „zu ambitioniert“ bezeichnete Wrabetz auch ein „Im Zentrum“ zur Wahl in Frankreich, das „die Österreicher genau nicht interessiert hat“ und die Theaterübertragung „Viel Lärm um nichts“, die sich bekanntermaßen als Flop erwiesen hat. Unerklärliche Einbußen gebe es laut Programmdirektor Wolfgang Lorenz derzeit aber auch bei der „Millionenshow“ und den „Simpsons“, obwohl die Programmreform an deren Programmierung nicht gerüttelt habe.

Wrabetz bezeichnete den Spagat zwischen Ausbau und besserer Programmierung anspruchsvoller Programme und damit Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags auf der einen Seite und schlechter Quotenbilanz auf der anderen Seite als eine der Hauptschwierigkeiten der ORF-Programmreform. Es stelle sich angesichts der öffentlichen Diskussion um die Quotenmisere die Frage, ob „der Marktanteil das einzige ist, was zählt, dem man alles andere unterzuordnen hat“, oder ob es nicht einen möglichen Mittelweg gebe. Der ORF sei jedenfalls bereit, punktuell den öffentlich-rechtlichen Mehrwert zu stärken, auch wenn man dafür Quoteneinbußen hinnehmen müsse.

Vor dem Publikumsrat stand der ORF-Chef für die ersten zwei Monate seiner Programmreform gerade. Wrabetz räumte dabei einmal mehr ein, dass einige Formate „nicht so funktionieren, wie wir uns das vorgestellt haben“. Behebbare Probleme attestierte Wrabetz dem ORF-Vorabend. Der Quotenkiller „Julia“ werde demnächst ersetzt, ansonsten sieht der ORF-Chef „keinen Anlass, das Vorabendprogramm zu überdenken“. Konkrete Pläne, wie der ORF seinem Quoten-Verfall beikommen möchte, hatte der Generaldirektor nicht im Gepäck, was von einigen Publikumsräten kritisiert wurde. Allgemein wird erwartet, dass Wrabetz diese Pläne bei einer Stiftungsratssitzung am 11. Juni offen legt.

Bürgerliche Publikumsräte schossen sich besonders auf die Fernseh-Information ein, die bisher als Gewinnerin der Programmreform galt. Der VP-nahe Hans-Paul Strobl bezeichnete etwa den Inhalt der „Zeit im Bild“-Sendungen als „Schande für den ORF und für unser Land“. Strobl warf dem ORF vor, keinen Blick über den Tellerrand zu wagen und eine der wenigen „echten Journalistinnen“, Ingrid Thurnher, als reine „Sprechpuppe“ einzusetzen.

Wrabetz wies diesen Vorwurf vehement zurück und betonte, dass sich das Niveau der Nachrichtensendungen seit dem Amtsantritt der neuen Geschäftsführung bereits deutlich verbessert hätte. Auf ORF 1 würde die „Zeit im Bild“-Familie nun vor allem ein jüngeres Publikum ansprechen. Hohes Potenzial sieht der ORF-Chef in der „ZiB 20“, bei der – mit einem anderen Vorlauf als „Mitten im Achten“ und „szene;)“ – noch weit mehr Zuschauer möglich wären, das habe sich an Feiertagen gezeigt.

Der Publikumsrat und Leiter des ÖVP-„Freundeskreis“ im Stiftungsrat, Franz Medwenitsch, kritisierte, dass die Nachrichtensendungen des ORF im April und Mai gegenüber dem ersten Quartal 2007 jeden fünften Seher verloren hätten. Konkret erreiche die „ZiB“-Familie samt „ZiB“-Flash derzeit durchschnittlich 2,99 Millionen Zuseher, ein Minus von 710.000 Menschen gegenüber den ersten drei Monaten dieses Jahres, so Medwenitsch. Im ORF spricht man von „nicht nachvollziehbaren Zahlen“. Nach seiner eigenen Rechnung habe der ORF im April und Mai gegenüber der Zeit vor der Reform lediglich ein Minus von 121.000 Sehern zu verbuchen gehabt – und das seien deutlich weniger als im gleichen Zeitraum im Vorjahr.

Der Vorsitzende des Programmausschusses im Publikumsrat, Andreas Kratschmar, hielt fest, dass laut Marktforschung 25 Prozent der „ZiB 20“-Seher zuvor bereits die „Zeit im Bild“ gesehen habe und demnach „Doppelseher“ sind.

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