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Vorsichtige Freude nach Trennung

Nach der Trennung der siamesischen Zwillinge Ahmed und Mohammed Ibrahim durch eine Marathonleistung in Dallas herrschte unter den Ärzten vorsichtige Freude.

Den beiden Buben wurde eine Chance auf ein eigenes Leben gegeben. Über mögliche Hirnschäden konnten vorerst aber noch keine Angaben gemacht werden. Ärzte trennten die am Kopf zusammengewachsenen Zweijährigen aus Ägypten am Wochenende in einer 34stündigen Operation, die sich in zwei höchst schwierigen Arbeitsschritten abspielte.

Zunächst wurden die Köpfchen getrennt und das komplizierte Netz gemeinsamer Blutgefäße individualisiert. Das dauerte 26 Stunden. Dann wurden die Wunden geschlossen, was großen Aufwand erforderte. Die Ärzte des Kindermedizinischen Zentrums in Dallas äußerten sich am Sonntag zurückhaltend optimistisch. In einer ersten Pressekonferenz nach dem Eingriff bezeichneten Ärzte des Medizinischen Zentrums für Kinder in Dallas (Texas) den Zustand der kleinen Brüder Ahmed und Mohamed Ibrahim als stabil.

„Wir haben bisher keine ernsten Probleme gesehen“ sagte der Leiter des Operationsteams, Dr. Kenneth Salyer. „Wir sind sehr glücklich, dass wir heute hier die Trennung der Zwillinge verkünden können. Es gab Momente von großer Freude, von Besorgnis und von Angst“. Nach der Trennung der kleinen Jungen wurde sofort mit der Neugestaltung der Schädelbereiche begonnen. Diese Arbeit sollte noch am Sonntagabend (Ortszeit) abgeschlossen werden. Nach den Worten der Ärzte drohen jetzt eine Reihe von Gefahren für die Kinder, darunter vor allem Thrombosen und Schlaganfälle sowie Infektionen. Es sei wichtig, dass die neu verlegten Venen halten, hieß es.

Der Eingriff in Dallas, an dem ein 40-köpfiges medizinisches Team beteiligt war, wurde ein Jahr lang vorbereitet. Erst im Juli waren die beiden am Kopf verbundenen erwachsenen iranischen Zwillinge Ladan und Laleh Bijani nach ihrer operativen Trennung in Singapur gestorben. Die Operation der Jungen hatte bereits am Samstagmorgen (Ortszeit) begonnen. Neurochirurgen mussten zunächst rund 100 Blutgefäße umleiten und die Gehirne trennen. Dann konnten die Köpfe der Zwillinge völlig getrennt werden. Zwei Expertenteams der plastischen Chirurgie waren danach mit der Formung neuer Schädeldecken und Kopfhäute für die Jungen beschäftigt.

Nur zwei Prozent aller Siamesischen Zwillinge sind am oberen Kopf zusammengewachsen – eine der schwersten Missbildungen in diesem Bereich. Rund die Hälfte der 60 so genannten Craniopagus-Zwillinge, die bisher weltweit operativ getrennt wurden, starben nach Angaben von Kenneth Salyer. 17 Operierte trugen Gehirnschäden davon und nur sieben konnten danach ein normales Leben führen. Nach Ansicht der Ärzte ist es wahrscheinlich, dass einer oder beide Jungen Hirnschäden erleiden. Ihr Vater wollte dieses Risiko jedoch eingehen. Ahmed und Mohammed wurden am 2. Juni 2001 in El Homr nahe der südägyptischen Stadt Kus geboren. Ein dortiger Arzt bat international um Hilfe für die Jungen. Im Juni 2002 wurden sie in die USA gebracht.

Die Kinder aus El Homr nahe der südägyptischen Stadt Kus waren von der World Craniofacial Foundation nach Dallas geholt worden. Die Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern mit Deformitäten an Kopf und Gesicht zu helfen. Gründer Dr. Kenneth Slayer sagte, seine Gefühle hätten während der Operation von „Ekstase bis zu Momenten der Angst“ gereicht. Abgesehen von möglichen neurologischen Schäden müssen die Kinder nun von Infektionen verschont bleiben und ihre Wunden gut heilen. Um das zu unterstützen wurden sie nach der Operation für drei bis fünf Tage in ein künstliches Koma versetzt.

Das Schicksal der Zwillinge wurde über Ägypten hinaus im Nahen Osten mit großer Anteilnahme verfolgt. Über die Operation berichteten viele Medien, in El Homr beteten die Menschen für die Kinder. Fünf Neurochirurgen und ein Team von über 50 Assistenten hatten sich ein Jahr lang auf den Eingriff vorbereitet. Für die Operation waren die Kinder in ein speziell angefertigtes Bett gelegt worden, mit dessen Hilfe die Ärzte die Jungen drehen können, um alle Seiten ihrer Köpfe zu erreichen.

Bereits am Samstag war in Rom ein am Kopf zusammengewachsenes Zwillingspaar getrennt worden. Die Operation dort war nach Angaben eines Klinikmitarbeiters allerdings weniger kompliziert. In den vergangenen drei Jahren wurden weltweit fünf Versuche unternommen, am Kopf zusammengewachsene Zwillinge zu trennen. Drei verliefen erfolgreich, eine Operation überlebte nur ein Zwilling, bei der Trennung von zwei 29-jährigen Schwestern aus Iran im Juli starben beide.

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