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Vorerst kein langfristiger Waffenstillstand im Gazastreifen

Die von Ägypten vermittelten Verhandlungen über einen längerfristigen Waffenstillstand im Gazastreifen sind ohne Ergebnis zu Ende gegangen.

Die Hamas-Delegation verließ am Donnerstag die ägyptische Hauptstadt, nachdem keine Einigung über die Öffnung der Grenzen erzielt werden konnte, wie der Unterhändler Mohammed Nasr mitteilte. Bei der Ausreise der Delegation wurde eine Millionensumme sichergestellt.

Einem ägyptischen Gewährsmann zufolge wollte sich die Gruppe am Grenzübergang Rafah zunächst nicht durchsuchen lassen. Schließlich seien in ihrem Gepäck neun Millionen Dollar (7,02 Mio. Euro) und zwei Millionen Euro gefunden worden. Ein Delegationsmitglied sei daraufhin mit dem Geld in Ägypten geblieben, die übrigen seien ins palästinensische Autonomiegebiet zurückgekehrt. Die Hamas hat schon häufig Geld sowie Versorgungsgüter in den Gazastreifen geschmuggelt, um die israelische Blockade zu umgehen. Über die ägyptischen Vermittler hat die radikalislamische Bewegung Israel eine einjährige Waffenruhe angeboten, wenn dies mit einer Grenzöffnung verbunden würde. Israel befürchtet jedoch, dass dann wieder vermehrt Waffen an die Hamas geliefert werden könnten.

Der ägyptische Präsident Hosni Mubarak bezeichnete indes israelisch-amerikanische Vereinbarungen zur Unterbindung des Waffenschmuggels in den Gazastreifen als nicht bindend für sein Land. “Der Schmuggel von Waren ist das Ergebnis der Blockade”, sagte er laut einem Redetext, der am Donnerstag von ägyptischen Zeitungen veröffentlicht wurde. Ein zweitägiges Treffen von EU- und US-Experten zur Verhinderung des Waffenschmuggels in Kopenhagen ging am Donnerstag ohne Einigung zu Ende.

Die israelische Marine stoppte am Donnerstag einen Frachter mit 60 Tonnen Hilfsgütern für den Gazastreifen. Die unter der Flagge Togos fahrende “Tali” wurde in den israelischen Hafen Ashdod geschleppt. Die Besatzung werde der Polizei übergeben und die Hilfsgüter auf dem Landweg in den Gazastreifen gebracht, teilten die Streitkräfte mit. Waffen seien nicht gefunden worden. Das Schiff hatte den Libanon am Dienstag mit Friedensaktivisten und Journalisten an Bord verlassen. Die israelische Marine wies Vorwürfe zurück, sie habe das Schiff beschossen und die Besatzung bedroht. Die Regierungen des Libanons und Syriens sprachen von einem Akt der Piraterie seitens Israels.

Die Europäische Union zeigte sich unterdessen empört über die Beschlagnahme von Hilfsgütern durch die Hamas im Gazastreifen. Sollte sich ein ähnlicher Vorfall wiederholen, werde man die entsprechenden Konsequenzen ziehen, erklärte eine Kommissionssprecherin in Brüssel. Die EU ist einer der größten Geldgeber der Palästinenser und hat ihnen 2008 rund 485 Millionen Euro gespendet. Die Hamas hatte am Dienstagabend mit Waffengewalt Hilfsgüter an sich gebracht, die für die notleidende Zivilbevölkerung gedacht waren. Der österreichische Caritas-Helfer Wolfgang Lindner bezeichnete die humanitäre Lage im Gazastreifen als “Drama”. “Es werden einfach zu wenige Hilfstransporte und Helfer über die Grenze gelassen”, sagte Lindner laut Kathpress-Meldung vom Donnerstag.

Bei einer Razzia im Westjordanland erschossen israelische Soldaten am Donnerstag einen 21 Jahre alten militanten Palästinenser. Der Kommandant der Gruppe Islamischer Jihad in Kabatiya sei bewaffnet gewesen und habe Anschläge gegen Israel geplant, erklärten die Streitkräfte. Nach Angaben seines Bruders wurde Ala a Din Abu Rop seit eineinhalb Jahren gesucht.

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas bezifferte die Kosten für den Wiederaufbau im Gazastreifen nach den Angriffen Israels auf 15 Milliarden US-Dollar (11,7 Milliarden Euro). Bei einem Besuch in London äußerte Abbas am Donnerstag gleichzeitig die Hoffnung auf eine Aussöhnung seiner Fatah-Organisation mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas. Dies könne zu einer Regierung der nationalen Einheit und zu Neuwahlen führen.

Bundespräsident Heinz Fischer äußerte sich bei einer Zusammenkunft mit dem New Yorker Rabbiner Arthur Schneier besorgt über die langfristigen Folgen des Gaza-Kriegs. Die große Zahl getöteter Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder, lasse befürchten, dass sogenannte “militärische Erfolge” Israels durch die zunehmende Verzweiflung und Verbitterung in der palästinensischen Bevölkerung mehr als kompensiert werden und sie Israel dem Ziel eines friedlichen Zusammenlebens mit den Palästinensern nicht näher bringen, sagte Fischer laut Aussendung der Präsidentschaftskanzlei am Mittwoch in Wien.

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