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Vorarlberger Feuerwehren bei Fahrzeug-Beschaffung in der Kritik

Ausländische Feuerwehr vertrauen in Walser-Fahrzeuge
Ausländische Feuerwehr vertrauen in Walser-Fahrzeuge ©Fahrzeugbau Walser
Rankweil - Obwohl der Rankweiler Feuerwehrfahrzeugbauer Walser oft günstigere Angebote bei gleichwertiger Ausstattung legt, kaufen Vorarlberger Feuerwehren laut Wirtschaftspresseagentur nicht so gerne im Ländle ein - für die an sich verschuldeten Gemeinden spielen Mehrkosten bei der Feuerwehr angeblich keine Rolle.

Die Berufsfeuerwehr München, die Berufsfeuerwehr St. Gallen, die Feuerwehr Zürich, die Feuerwehr des Flughafens Stuttgart, die Werksfeuerwehr von Bosch, die Werksfeuerwehr von VW oder die Werksfeuerwehr von Sandoz: Sie alle haben sich in den vergangenen Jahren für Feuerwehrfahrzeuge des Fahrzeug- und Feuerwehrfahrzeugherstellers Walser in Rankweil entschieden. Doch den freiwilligen Ortsfeuerwehren in Vorarlberg scheinen Qualität und Ausstattung der hierzulande hergestellten Walser-Fahrzeuge offenbar nicht zu genügen. Wiederholt haben sie sich bei ihren mit öffentlichen Geldern finanzierten Anschaffungen zuletzt mehrheitlich für Fahrzeuge von nicht in Vorarlberg ansässigen Mitbewerbern entschieden, wie ein Blick in die Jahresberichte des Landesfeuerwehrverbandes der vergangenen fünf Jahre zeigt – auch wenn diese Fahrzeuge zum Teil deutlich teurer waren.

Feuerwehrsparte von Walser wächst

Bei Walser beobachtet man die Entwicklung seit Jahren mit Argwohn. Noch gut kann sich die Walser-Geschäftsleitung an den Anruf ranghöchster Landespolitiker Ende 2007 erinnern, wo darum ersucht wurde, den in die Insolvenz geschlitterten Feuerwehrfahrzeugbauer Marte zu übernehmen und die Arbeitsplätze zu sichern. Aus den damals übernommenen 45 Mitarbeitern wurden mittlerweile bei Walser in der Feuerwehr-Sparte über 70 Beschäftigte, zudem werden mehrere Lehrlinge ausgebildet. “Diese positive Entwicklung ist jedoch primär unseren ausländischen Kunden zu verdanken. In Vorarlberg verkaufen wir leider nur zehn Prozent aller von uns produzierten Feuerwehrfahrzeuge und das sind zumeist kleinere Aufträge”, verdeutlichen Prokurist Ingo Nachbaur und Feuerwehrtechnik-Verkaufsleiter Bernhard Falch die Situation. Nicht einmal der landeseigene Energieversorger Illwerke-VKW habe sich zuletzt bei seiner Betriebsfeuerwehr für ein Tanklöschfahrzeug von Walser entschieden.

Zumeist öffentlich ausgeschrieben

In den vergangenen Jahren habe Walser laut Wirtschaftspresseagentur sehr häufig an den Ausschreibungen der Vorarlberger Ortsfeuerwehren hinsichtlich Neuanschaffungen von Fahrzeugen teilgenommen, so Nachbaur. Pro Jahr beschaffen die 120 Ortsfeuerwehren im Ländle unter Beratung durch den Landesfeuerwehrverband im Durchschnitt 18 neue Fahrzeuge im Wert von mehreren Millionen Euro, vom Kommandofahrzeug und dem Tanklöschfahrzeug bis hin zum Schweren Rüstfahrzeug. Da die Anschaffungskosten zumeist hohe Summen erreichen – so kostet ein Rüstlöschfahrzeug weit mehr als 400.000 Euro – müssen solche Beschaffungen öffentlich ausgeschrieben werden, sehr oft sogar EU-weit. Die Vergabe erfolgt dann durch die Gemeinde in Zusammenarbeit mit ihrer Ortsfeuerwehr anhand eines Bewertungskataloges mit Zuschlagskriterien, bei dem der Preis in der Regel zwischen 65 und 70 Prozent ausmacht. Jeweils etwa zehn Prozent entfallen auf Funktionalität, Technologie, Ausstattung, Qualität oder Unfall- und Betriebssicherheit. “Selbstverständlich erfüllen wir alle vorgeschriebenen Normen und Ausschreibungskriterien, sonst würden wir ja von vornherein ausgeschieden werden”, so Nachbaur. Und dass auch die Qualität passt, verdeutlichen namhafte Kunden aus dem Ausland.

40.000 Euro mehr für vergleichbare Fahrzeuge

Und trotzdem sei Walser in Vorarlberg wiederholt nicht zum Zug gekommen, obwohl man beim Preis teils deutlich unter den Angeboten von Mitbewerbern wie Rosenbauer (Leonding bei Linz), Magirus Lohr (Kainbach bei Graz) oder Empl (Zillertal) gelegen sei. Dieser Punkt ist insofern bemerkenswert, da Vorarlberger Bürgermeister bekanntlich nicht müde werden, auf die leeren Kassen in den Gemeinden hinzuweisen. Doch offenbar spielt Geld keine Rolle, wenn es um die ortseigene Feuerwehr geht, berichtet die Wirtschaftspresseagentur. So entschied sich beispielsweise die massiv überschuldete Stadt Bludenz im Jahr 2012 für ein Schweres Rüstfahrzeug von Rosenbauer mit einem Anschaffungswert von 664.952 Euro (exkl. Ust), obwohl das vergleichbare Fahrzeug von Walser um mehr als 42.000 Euro günstiger gewesen wäre. Ein vor der endgültigen Vergabe durchgeführtes Aufklärungsgespräch zwischen Walser, den Stadtobersten, Bludenzer Feuerwehrleuten und Vertretern des Umweltverbandes brachte hervor, dass alle 20 von der Feuerwehr und den Entscheidungsträgern der Stadt vorgebrachten Kritikpunkte am Walser-Fahrzeug nicht berechtigt waren. Trotzdem entschied sich die Alpenstadt für Rosenbauer.

Ähnliches Spiel in der Kleingemeinde Vandans. Dort kaufte die Gemeinde 2012 ein Versorgungsfahrzeug mit Bergeausrüstung um 358.850 Euro (exkl. Ust), obwohl das vergleichbare Angebot von Walser um 37.000 Euro günstiger gewesen wäre. Nachbaur und Falch führen neun Beispiele von Vorarlberger Ortsfeuerwehren seit 2012 an, wo die Gemeinden insgesamt mehr als 130.000 Euro an Steuergeldern mehr ausgaben, als beim Walser-Angebot notwendig gewesen wären.

Alberschwende bringt Fass zum Überlaufen

Jüngstes Beispiel ist die Gemeinde Alberschwende. Ihre Entscheidung Anfang Juni 2015, den Auftrag für ein Tanklöschfahrzeug um 386.513 Euro (exkl. Ust) an die Firma Rosenbauer zu vergeben, obwohl das vergleichbare Angebot von Walser um rund 20.000 Euro günstiger gewesen wäre, brachte das Fass beim mit Abstand größten Feuerwehrfahrzeughersteller in Vorarlberg zum Überlaufen. “Wir haben die Vergabe beeinsprucht”, so Nachbaur.

Bürgermeisterin Angelika Schwarzmann bestätigte auf Anfrage die Beeinspruchung des Vergabeverfahrens. Sie legt Wert darauf, dass das Vergabeverfahren in enger Abstimmung mit der Ortsfeuerwehr respektive dem Landesfeuerwehrverband sowie dem Gemeindeverband und dem Umweltverband durchgeführt wurde. “Es handelt sich hier um das Bestbieterprinzip, nicht um das Billigstbieterprinzip. Die Angebote wurden von unseren Leuten sehr genau verglichen.” Als Gemeinde sei man dabei auf die Unterstützung von Ortsfeuerwehr und Landesfeuerwehrverband angewiesen, weil von dieser Seite auch eine Reihe von Vorgaben hinsichtlich Ausstattung, Technik etc. komme. “Letztendlich trifft die Entscheidung zwar die Gemeinde, aber die Feuerwehr-Zuständigen im Lande sind bei diesen Entscheidungen involviert. Es ist nicht fair, bei teureren Anschaffungen dann allein die Gemeinden zu kritisieren”, so Schwarzmann.

Vetter: “Freue mich über jeden Auftrag für Walser”

Doch die heiße Kartoffel, wer jetzt für solche Entscheidungen maßgeblich verantwortlich ist, schieben sich Gemeinden und Landesfeuerwehrverband gegenseitig hin und her. “Die Entscheidung fällt die Gemeinde”, sagt auf Anfrage etwa Josef Schwarzmann, Geschäftsbereichsleiter Feuerwehrtechnik beim Landesfeuerwehrverband. “Wir beraten nur hinsichtlich Ausstattung, Ausführung und Leistungsverzeichnis.” Auf die Frage, warum Walser-Fahrzeuge bei vielen Vorarlberger Feuerwehren offenbar nicht so gern gesehen sind, wollte Schwarzmann nicht eingehen. Er verwies auf Landesfeuerwehrinspektor Hubert Vetter. Dieser wiederum sagte, dass er “keine genaue Einsicht” in die aktuellen Beschaffungsvorgänge der Ortsfeuerwehren habe. “Diese werden allerdings in Vorarlberg sehr gewissenhaft durchgeführt”, gibt sich Vetter andererseits überzeugt. Angesprochen auf Walser sagte er: “Ich freue mich über jeden Auftrag, den Walser von Vorarlberger Feuerwehren bekommt. Das ist ein regionales Unternehmen, das hier Arbeitsplätze schafft, Lehrlinge ausbildet und Steuern zahlt. Ich persönlich habe eine sehr hohe Meinung von Walser-Fahrzeugen. Aber die Entscheidung liegt bei den jeweiligen Ortsfeuerwehren, die sich beim Vergleich der Angebote auf die Bewertungskriterien stützen.”

“Bewertungskataloge lassen viel zu viel Spielraum”

Doch genau hier hacken die Verantwortlichen von Walser ein. Denn Prokurist Ingo Nachbaur kritisiert, dass diese vom Gemeindeverband mitentwickelten Vergabekriterien und die nicht immer ganz herstellerneutral gehaltenen Ausschreibungsformulierungen des Landesfeuerwehrverbandes genügend Spielraum bieten, um ein Fahrzeug, das eine Ortsfeuerwehr aus welchem Grund auch immer nicht wolle, schlechter zu werten. Und das, obwohl der Preis die mit weitem Abstand wichtigste Rolle spiele. “Es dürfte nicht entscheidend für den Erfolg des Einsatzes sein, ob die Beleuchtung im Mannschaftsraum angeblich blendet, der Rollladen angeblich klappert oder sich der Deckel einer Dachbox verwindet.”

Design-Elemente dürfen keine Rolle spielen

Auf der anderen Seite spiele es für die Feuerwehr-Verantwortlichen oft keine Rolle, dass Walser im Vergleich zu anderen Herstellern mit Abstand am wenigsten Kunststoffbauteile verbaue, sondern wo möglich im Außenbereich auf Aluminium setze. “Das erhöht die Haltbarkeit und Langlebigkeit des Fahrzeuges und ist ökologischer, weil es in der Regel problemlos 30 Jahre hält. Es schränkt allerdings den Einbau von Design- und Stilelementen ein.” Ein aus öffentlichen Mitteln finanziertes Einsatzfahrzeug habe jedoch nur seinen erforderlichen technischen Zweck zu erfüllen, ist man bei Walser überzeugt. Zudem könne Walser auch schwerwiegende Reparaturen an Feuerwehrfahrzeugen – etwa nach Unfällen – in Rankweil durchführen. Die Fahrzeuge müssten nicht nach Linz oder Graz gebracht werden. Gerade bei solchen Punkten könne der Landesfeuerwehrverband bei den mitgestalteten Ausschreibungsunterlagen entsprechende Vorgaben einbringen, gleich wie Gemeinde- und Umweltverband bei den Vergabekriterien, so Nachbaur.

Dass sich die Situation für Walser in den kommenden Jahren in Vorarlberg noch maßgeblich ändert, glauben aber weder Ingo Nachbaur noch Verkaufsleiter Bernhard Falch: “Der Prophet im eigenen Land gilt offenbar wirklich nichts.”

(Quelle: Wirtschaftspresseagentur)

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