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Vorarlberg: Judenwitze und "Jagd auf Flüchtlinge"

Schwurgerichtshof mit den Mitgliedern Sonja Nachbaur, Angelika Prechtl-Marte und Michael Fruhmann.
Schwurgerichtshof mit den Mitgliedern Sonja Nachbaur, Angelika Prechtl-Marte und Michael Fruhmann. ©VOL.AT/Christiane Eckert
Am Landesgericht Feldkirch hat heute der Prozess gegen einen 42-jährigen Vorarlberger Ex-Unteroffizier begonnen.
Unteroffizier im Visier

Von Christiane Eckert

Über eineinhalb Stunden war der Senat damit beschäftigt, das Fragenschema an die Geschworenen neu zu formulieren und umzustellen. Formal ist dies wichtig, inhaltlich geht es nach wie vor um gemachte Judenwitze, um unangemessene Behandlung von Flüchtlingen, um Aufhetzen von Untergebenen und nicht nachvollziehbares Verhalten gegenüber einer Kollegin. Staatsanwältin Konstanze Manhart bleibt dabei, dass hier nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks überschritten wurden, sondern dass auch das Strafgesetz tangiert ist. „So ein Verhalten kann man nicht tolerieren“, so die Staatsanwältin.

Entscheidung offen

Verteidiger Michael Konzett sieht die Sache naturgemäß anders. „Warum haben andere Kollegen und Vorgesetzte nichts unternommen?, stellt er die Frage nach der Mitverantwortung anderer Militärkameraden. Dass das Verhalten nicht korrekt war, darin seien sich ja wohl alle einig, doch man dürfe andererseits bei diesem Grenzeinsatz nicht jede Formulierung auf die Goldwaage legen, so der Anwalt. Die Geschworenen beraten, danach wird das Urteil verkündet und man wird sehen, welche Konsequenzen das Fehlverhalten des ehemaligen Unteroffiziers hat.

Angeklagter relativiert

Zu den einzelnen Vorwürfen befragt, relativiert der 42-Jährige seine Aussagen. Das Wort „Schweine“ habe er zwar für die Flüchtlinge verwendet, allerdings deshalb, weil einer von ihnen in den Lkw uriniert habe. Auf die Frage, ob das allenfalls aus Angst passiert sein könnte, antwortet der Mann: Kann sein, weiß ich nicht. Die Aufforderung, nicht zimperlich zu sein, sei deshalb gefallen, weil es nicht einfach sei, zu dritt 20 Flüchtlinge, die dauernd davon laufen wollen, zusammen zu halten. Der angeblich brutale Fußtritt sei ein Schubser mit dem Stiefel gewesen. Der betreffende Flüchtling habe ständig versucht, sich auf den Knien davon zu bewegen.

Angemessenes Mittel

Seine Vorgangsweise sieht der Angeklagte heute nicht mehr als richtig an, doch er erklärt, dass er damals eventuell übermotiviert gewesen sei. Auch sei es nicht immer einfach gewesen, im Stress seine Aggressivität unter Kontrolle zu halten. Damals habe ihm sein Verhalten als „angemessenes Mittel“ geschienen. Der Bludenzer scheint bemüht, die Sache aufzuklären, zu gewissen Dingen steht er, andere versucht er aus der damaligen Situation heraus zu erklären, andere Dinge bestreitet er. Das Motiv für eine der falschen Behauptungen sei beispielsweise, weil einer der Untergebenen eine Strafe für Zuspätkommen erhalten habe. Im Laufe des Tages werden die einzelnen Zeugen befragt.

Staatsanwältin Konstanze Manhart begann das Verfahren mit dem Eröffnungsplädoyer und hier kam bereits einiges an Vorwürfen zur Sprache. „Der Angeklagte erzählte bei seinem Geburtstag den Judenwitz: ‚Je größer der Jude, desto wärmer die Bude‘“, führt Manhart den angeblichen Verstoß gegen das Verbotsgesetz aus. Offenbar fand der Beschuldigte die Verbrennung der Ermordeten belustigend, so die Anklage.

Staatsanwältin Konstanze Manhart konfrontiert den Beschuldigten mit den Vorwürfen.
Staatsanwältin Konstanze Manhart konfrontiert den Beschuldigten mit den Vorwürfen. ©VOL.AT/Christiane Eckert

Der Angeklagte selbst bestreitet dies. Er könne sich nicht erklären, wie es zu dieser Behauptung kommt, so der Ex-Unteroffizier. Er habe den Witz erstmals aus der Anklage. Er habe zwar einen Judenwitz erzählt, der nicht viel besser sei, aber der in der Anklage erwähnte, entspreche nicht der Wahrheit. Die Situation habe sich hochgeschaukelt, zuerst „normale Witze“, dann rassistische Witze, dann Judenwitze. Rückblickend sei das nicht gut gewesen, so der Angeklagte.

Weitere Anklagepunkte

Weiters habe sich der Mann bei seinem Assistenzeinsatz, wo er die Aufgabe hatte, illegale Flüchtlinge, die über Ungarn versuchten nach Österreich zu gelangen, ungehörig verhalten. „Kommt, wir machen Jagd auf die Schweine!“, soll er seine Untergebenen aufgehetzt haben. Flüchtlinge soll er trotz psychologischer Ausbildung herablassend und entwürdigend behandelt, einem sogar in den Rücken getreten haben. Und als letzter Punkt wird ihm vorgeworfen, er habe einer Heereskollegin eine halbgeladene Waffe an den Körper geladen.

Verteidigung kontert

Verteidiger Michael Konzett kontert, dass im Bundesheer ein etwas rauherer Umgangston herrsche. „Das Bundesheer ist kein Mädcheninternat“, so der Verteidiger. Was genau dran ist an den Vorwürfen, wird das heutige Beweisverfahren klären.

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