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„Vor noch stärkerem Paradigmenwechsel“

35. Vorarlberger Wirtschaftsforum. Europa und die Welt – In welche Richtung drehen wir uns?

Bregenz Sie ist der beste Beweis dafür, dass Frauen in Männerdomänen authentisch bleiben können und damit höchst erfolgreich sind. Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger leitet seit 2015 als erste Frau die Wirtschaftsuniversität Wien. Die habilitierte Informatikerin und international anerkannte Gender- und Diversitätsforscherin ist überzeugt, dass es künftig mehr Menschen braucht, die mit Veränderungen und von Unsicherheit gekennzeichneten Situationen gut umgehen können.

Wenn sich Frauen in traditionellen Männerwelten wie Männer verhalten, gelten sie als unweiblich. Frauen, die in einem von Männern dominierten Umfeld ihren eigenen Stil entwickeln, gelten dagegen als unprofessionell. Ein Spagat, der von den Frauen viel fordert, bestätigt Edeltraud Hanappi-Egger aus Erfahrung. Die Rektorin der WU Wien, die gerade bis 2023 wiederbestellt worden ist, hat sich in ihrer Karriere über diese Zuordnungen hinweggesetzt und schon früh erkannt, dass Diversität der Schlüssel für eine neue Qualität ist – im Management genauso wie in der Forschung.

Geboren 1964 in Eisenstadt und aufgewachsen in einer Arbeiterfamilie im Tiroler Außerfern, mußte sie sich schon früh im Leben behaupten und setzte es durch, von der Hauptschule ins Gymnasium zu wechseln: Auch nach der Matura ließ sie sich nicht abhalten und übersiedelte nach Wien, um an der TU Informatik zu studieren – damals noch ein neues und wenig bekanntes Fach, eingeordnet „irgendwo zwischen Mathematik und Sozialwissenschaften“. Auch verlockende Angebote aus der Wirtschaft schafften es nicht, die Informatikerin von einer wissenschaftlichen Laufbahn abzuhalten. „Ich habe mich schon während meiner Diplom-Arbeit mit Fragen der sozialen Aspekte von technischen Systemen beschäftigt. Datenschutz, Datensicherheit – das hat mich fasziniert.“ Das Dissertationsthema von Edeltraud Hanappi-Egger „Datenschutz versus Informationsfreiheit“ hat nichts an Aktualität verloren und mit ihrer Habilitation zum Thema „Social Shaping of Technology“ hat sie sowohl der Technik als auch der Wirtschaft neue Perspektiven eröffnet. Bei internationalen Studienaufenthalten, vor allem in Skandinavien, hat die Wissenschafterin erforscht, wie sich technische und soziale Systeme gegenseitig beeinflussen.

Frauen in die Technik

Dabei hat sich schnell herausgestellt, dass in Organisationen massive Geschlechterphänomene wirken. „Als Informatikerin war ich ja schon immer mit dem Thema konfrontiert, warum so wenig Frauen Technik studieren. Ich war also sowohl persönlich als auch wissenschaftlich mit Gender-Fragen beschäftigt.“ Den Grund für dieses Phänomen sieht die Wissenschafterin jedenfalls nicht im gerne zitierten biologischen Unterschied: „Biologische Zuschreibungen halte ich für überholt. Es geht vielmehr um die gesellschaftlichen Konstruktionen rund um die Geschlechter-Verhältnisse, die immer wieder reproduziert werden.“ Diesen Kreislauf gelte es zu durchbrechen, denn für den Unternehmenserfolg brauche es in Führungspositionen Frauen und Männer, die auch die Unternehmenskultur aktiv positiv gestalten wollen.

Welche Qualifikationen und Fähigkeiten brauchen Menschen in zunehmend komplexen Arbeitswelten? Nachdem die Digitalisierung schon weit fortgeschritten ist, erwartet die Rektorin einen noch stärkeren Paradigmenwechsel. „Künftig wird es mehr Personen brauchen, die mit unsicheren und komplexen Situationen umgehen können. Die Frage wird sein: Wie kann ich aus enormen Datenmengen überhaupt noch Erkenntnisse gewinnen und auf dieser Basis Entscheidungen treffen.“ Eine andere, alarmierende Erkenntnis ihrer Lehrtätigkeit betrifft Fähigkeiten wie Konzentration und lang anhaltende Aufmerksamkeit, die bei der jüngeren Generation zunehmend zurückgehen. Diese Fähigkeiten müssen neben allen digitalen Kompetenzen wieder mehr gefördert werden. Wobei Hanappi-Egger auch eine klare Ansage an die Studierenden macht: in Österreich ist (universitäre) Bildung ein hohes Gut und wird von der Öffentlichkeit finanziert. Die Studierenden müssen sich daher bewusst sein, dass sie im Umgang mit diesem Gut auch eine gewisse Sorgfaltspflicht haben.

WIRTSCHAFTSFORUM

EUROPA UND DIE WELT – IN WELCHE RICHTUNG DREHEN WIR UNS?

  • Donnerstag, 8. 11.2018, Festspielhaus Bregenz
  • PREIS 325 Euro zuz. USt.
  • FIRMENBONUS Bei einer gemeinsamen Anmeldung ab fünf Personen 270Euro zuz. USt. pro Person.
  • ANMELDUNG wirtschaftsforum.vn.at
  • INFORMATION Russmedia GmbH, Telefon +43 (5572) 501-630, simone.koenig@russmedia.com

 

  • Reinhold Würth ist Unternehmer, Industriepionier und Kunstförderer. Im Alter von 19 Jahren übernahm er von seinem verstorbenen Vater einen Schraubenhandel mit zwei Mitarbeitern. Heute beschäftigt die Würth-Gruppe 73.000 Mitarbeiter, erwirtschaftet fast zwölf Milliarden Euro Umsatz im Jahr und ist Weltmarktführer im Handel von Montage- und Befestigungsmaterial. Würth ist mittlerweile 83 Jahre alt, ist Vorsitzender des Stiftungsaufsichtsrats und legt dabei großen Wert auf den persönlichen Kontakt zu den Mitarbeitern. Würth ist überzeugt, dass nicht Computer und Roboter die Wirtschaft antreiben, sondern die Menschen.
  • Julia Shaw ist Memory Hackerin, Psychologin und Bestsellerautorin. Mit kreativer Suggestion schafft sie es, Menschen Dinge einzureden, die nie passiert sind: Probanden gestanden Straftaten, die sie nicht begangen hatten. Diese Studie machte sie über Nacht zum Shooting Star und zur international gefragten Memory Hackerin. Sie berät Polizei, Justiz, Rechtsanwälte und die Wirtschaft, forscht am University College London in den Bereichen der Rechtspsychologie, Erinnerung sowie Künstlichen Intelligenz und gründete 2017 im Silicon Valley ein Start-up, das mithilfe von KI versucht, gegen Diskriminierung in der Wirtschaft vorzugehen.
  • Elisabeth Stadler ist Vorstandsvorsitzende der Vienna Insurance Group AG. Sie ist die erste Frau an der Spitze eines ATX-Unternehmens, will Frauen fördern und ist gleichzeitig Gegnerin der Frauenquote. Stadler studierte Versicherungsmathematik und gilt als faktenorientierte Topmanagerin. Ihre Mitbewerber haben großen Respekt vor ihrer Persönlichkeit und ihrem Fachwissen. Aktuell steht die Versicherungsbranche unter großem Kostendruck und auch die Digitalisierung wird immer mehr zum Wettbewerbsfaktor. Stadler sieht das als Chance, „weil wir gefordert sind, neue Produkte zu entwickeln und uns gut aufzustellen“.
  • Carsten Linnemann, Mitglied des Deutschen Bundestags und Bundesvorsitzender der Mittelstandsund Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, würde heute keine Wette eingehen, dass die große Koalition noch drei Jahre hält. Die größte Gemeinsamkeit ist die Sorge vor Neuwahlen, sagt der sachliche Kritiker von Angela Merkel. Sie habe nur dann eine Chance, wenn endlich Schluss ist mit den Streitigkeiten. Der Politiker ist durch das eigene Familienunternehmen geprägt von der Privatwirtschaft. Nach dem Abitur arbeitete er in der Buchhandlung seiner Eltern, um anschließend seine wissenschaftliche Karriere voranzutreiben.
  • Thore D. Hansen ist Politikwissenschaftler, Wirtschaftsjournalist und Schriftsteller. Er ist spezialisiert auf die Analyse internationaler Politik und die Arbeit von Geheimdiensten. Ausschlaggebend dafür waren die Freundschaft zu einem ehemaligen CIA-Agenten sowie sein Studium bei Noam Chomsky. Thore D. Hansen war zwischen den Jahren 2006 und 2010 Pressesprecher zweier europäischer Großbanken und erlebte in dieser Zeit den Ausbruch der Finanzkrise hautnah mit. Heute schreibt er politische Thriller, die geprägt sind vom Anspruch der faktischen Recherche, um geheime und zeitgenössische Phänomene zu hinterfragen.
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