Von wegen Häuslebauer: Zwei Drittel ohne Baugrund, Haus oder Wohnung

Vorarlberg gilt seit jeher als das Land der Häuslebauer. Eine umfassende Studie der Telesis GmbH und des ISK-Instituts im Auftrag der AK Vorarlberg zeigt:
Fast zwei Drittel der Vorarlberg besitzen weder ein Baugrundstück noch ein Haus noch eine Eigentumswohnung. Der Besitz von Grundstücken ist laut der Studie zwar sehr vorarlbergbezogen, aber sehr einseitig.

Studie dauerte ein Jahr
Die Eigentumsverhältnisse zusammenzufassen, sei erstens aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr schwierig, erklärt AK Präsident Bernhard Heinzle gegenüber VOL.AT. Zweitens seien es unglaublich viele Datensätze. "Wir haben das in Auftrag gegeben. Die Studienautoren haben ein Jahr benötigt, aber jetzt wissen wir, wem Vorarlberg gehört", so Heinzle.
"Politik die nächsten Monate sehr gefordert"
"Zehn Prozent der Eigentümer besitzen nämlich drei Viertel der gesamten bebauten und unbebauten Wohnbaugrundstücksflächen, magere 16 Prozent verfügen über noch unbebaute Wohnbauflächen", erklärt AK Präsident Bernhard Heinzle. Noch viel knapper wird es bei Betriebsgrundstücken: 773 Hektar stehen noch zur Verfügung und diese Flächen sind kaum verfügbar. "Wenn wir uns als Land weiterentwickeln wollen, ist die Politik die nächsten Monate sehr gefordert", gibt er zu verstehen.
Video: Wem gehört das Land?

"Benötigt hier Spielregeln"
Ein großer Teil der Flächen liegt mit rund 50 Prozent auch in öffentlicher Hand. Das sei Natur der Sache, so Heinzle. "Es ist jedoch so, dass einige wenige relativ viel Fläche haben und da sagen wir als Arbeiterkammer Vorarlberg, das darf nicht zur Spekulation herangezogen werden für Investoren, sondern es benötigt hier Spielregeln", verdeutlicht er im VOL.AT-Gespräch. "Wenn jemand eine Wohnung für sich und für seine Kinder benötigt, ein Grundstück kaufen will: sehr gerne. Es kann jedoch nicht sein, dass ausländische Investoren hier Gold anlegen in Boden in Vorarlberg." Er zieht hier auch den Vergleich zu Liechtenstein. Dort gebe es genaue Spielregeln, was dies angehe. "Das wollen wir auch in Vorarlberg", betont der AK-Präsident.

Wohnen muss leistbar sein
Der Arbeiterkammer Vorarlberg ging es bei der Studie nicht darum, Neid aufzubringen. "Neid ist nie gut", verdeutlicht Heinzle. "Es ist, wie es ist. Es ist eine Studie. Jedoch glauben wir, können wir die nächsten Jahre Vorarlberg gut entwickeln." Man wolle hier leben, arbeiten und wohnen. Es müsse leistbar sein. Leistbares Wohnen sieht er als Grundrecht: "Es kann nicht sein. Eine 60 Quadratmeter Wohnung 500 000 Euro in Lustenau. Wer soll sich das leisten?", gibt er zu verstehen.
Vonseiten der AK Vorarlberg gibt es klare Forderungen:
- "Leistbares Wohnen" als Grundsatz staatlichen Handelns in der Vorarlberger Landesverfassung und als Raumordnungsziel im Vorarlberger Raumplanungsgesetz verankern
- Grundverkehrsgesetz ändern – Kauf von bebautem und unbebautem Bauland/Bauerwartungsland nur noch nach Bedarfsprüfung
- Verkehr mit Freiflächengrundstücken beschränken
- Einrichtung des Vorarlberger Bodenfonds – dieser wurde von der Arbeiterkammer bereits vor rund 30 Jahren gefordert
- Sozialer Wohnbau als Schlüssel zu mehr Entspannung auf dem Wohnungsmarkt
- Umwidmungsgewinne fair verteilen
- Infrastruktur-Bereitstellungsabgabe

"Wieso darf niemand wissen, wem das Land in Vorarlberg gehört?"
"Es ist ungeheuer schwierig, diese Daten [...] zu bekommen", erklärt Prof. DI Dr. Gerald Mathis. Er ist Geschäftsführer des ISK Institut für Standort-, Regional- und Kommunalentwicklung in Dornbirn. Das sei bereits der erste große Kritikpunkt, meint er. "Wieso darf niemand wissen, wem das Land in Vorarlberg gehört?", gibt er zu verstehen. In allen Diskussionen gehe es darum, Evidenz-basierende Daten zu haben und nicht Populismus. "Genau das wird eigentlich einem ein bisschen schwer gemacht", erklärt Mathis.
"Es ist eigentlich fünf vor zwölf"
"Vorarlberg wird immer mehr ein Land der Mieter und nicht mehr der Besitzer und Häuslebauer", meint er. Das werde auch gesellschaftliche Konsequenzen haben. "Je mehr Menschen Eigentum besitzen, desto besser ist die soziale Qualität", nennt er hier ein Beispiel. Man müsse aufpassen, dass sich das ganze nicht zu sehr zuspitze und sich eine Elitegesellschaft entwickle, bei der der Rest zurückbleibe. Es gelte, die Ergebnisse anzuschauen und zu handeln: "Es ist eigentlich fünf vor zwölf", betont Mathis gegenüber VOL.AT.
(VOL.AT)
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