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©Canva/VOL.AT/Schwärzler

Von der Bieridee zur Kernfusion: Schüler bauen Reaktor im Montafon

Forschungsreaktoren kosten meist Milliarden. Vier HTL-Rankweil-Schüler zeigen, was mit wenig Mitteln möglich ist. Nach 16.000 Arbeitsstunden, viel Internetrecherche und Ausprobieren nehmen die jungen Tüftler VOL.AT stolz mit ins Labor. Bei einem Besuch eines Wiener Universitätsprofessors geht es um die entscheidenden Fragen: Können Sie die Fusion nachweisen und hat sich die ganze Arbeit gelohnt?

Worüber sprechen Mitte-20-Jährige bei einem Bier? Man würde meinen, über Sport, Arbeit, Schule, Dates oder das Reisen. Schüler, die berufsbegleitend die HTL besuchen, sprengen dieses Vorurteil: "Wir haben uns getroffen und ein Bier getrunken. Dabei sind wir zufällig auf das Thema Fusion gekommen."

Zwei der vier Bastler im VOL.AT-Interview:

Anleitung aus dem Internet

Ein Bereich, der Felix Latzer, Adrian Gössl, Fabio Bonelli und Dominic Franic interessiert. Dieser Moment war die Geburtsstunde ihres Projekts, ein "Proof of Concept" für einen Farnsworth-Fusionsreaktor. Woher man 2025 die Anleitung für den Bau eines Reaktors nimmt? Klar, aus dem Internet: "Da gibt es einige Webseiten von Hobby-Bastlern, die das gerne alles öffentlich zugänglich machen."

Die illwerke vkw unterstützt die Schüler bei ihrem Projekt. Sie durften am Standort in Rodund in Vandans im Labor ihren Reaktor bauen. ©VOL.AT

Energiequelle der Zukunft

Doch was ist Kernfusion? Dabei handelt es sich nämlich nicht um eine sogenannte Kernspaltung wie bei Atomkraftwerken, was man als Laie womöglich erst fälschlich denken könnte. Fusionierung bedeutet Zusammenschmelzung. "Wir möchten zeigen, dass es prinzipiell möglich ist, zwei Atomkerne zu einem neuen Kern zu vereinen", erklärt Felix Latzer den Hintergrund.

Die Tür steht VOL.AT offen, um Bilder des leuchtenden Plasmas für euch zu machen. ©LauraSchwaerzler

Der Nenzinger bezeichnet die Kernfusion als Energiequelle der Zukunft: "Das große Problem, vor dem wir in der Energiewende eigentlich stehen, ist, dass wir aktuell keine richtigen, grünen, nachhaltigen Kraftwerke zur Verfügung haben, die 24/7 Energie liefern können."

Felix Laxer blickt auf viele Stunden Arbeit im Labor zurück. ©LauraSchwaerzler

"Gab kein Tag, an dem es reibungslos funktioniert hat"

Heute, viel Einsatz und Kopfzerbrechen später, leuchtet das Plasma im Labor in Rodund. Das macht die Schüler stolz. Der Weg dahin war holprig: "Es hat eigentlich kaum einen Tag gegeben, an dem es so funktioniert hat, wie wir es uns vorgestellt haben."

Sie behalten hier bei den vielen Kabel und Knöpfen den Durchblick. ©LauraSchwaerzler

Viele Stunden Arbeit

"Nach grober Schätzung hat jeder von uns etwa 400 Stunden Arbeit investiert", ergänzt Adrian Gössl. Trotz mehrfacher Rückschläge blieb das Team ungebremst. Bis spät in die Nacht wurde experimentiert, getestet und umgebaut. Umso größer war die Freude dann, als das Plasma pink-violett aufleuchtete.

Hier wird der Code noch angepasst. ©VOL

Um diesen besonderen Anblick zu sehen, reiste Universitätsprofessor Peter Steier vergangene Woche eigens aus Wien an. Er hatte die vier teilweise als Externer mit Wissen beim Projekt unterstützt, wenn sie mit Internetrecherchen nicht mehr weiterkamen. Für finanzielle Unterstützung sorgten gleichzeitig mehrere Vorarlberger Unternehmen.

Ein Blick auf den Laptop zeigt, wie viel Arbeit dahinter steckt. ©LauraSchwaerzler

Plasma leuchtet, Beweis für Fusion steht noch aus

Der Wissenschaftler hatte beim Besuch das Gerät mit im Gepäck, um mit den Schülern Messungen durchzuführen. Diese aktuellen Messwerte liefern jedoch noch keinen eindeutigen Nachweis für Fusion.

Hier soll es gleich leuchten. ©VOL

"Es gibt Anzeichen, welche eine Vermutung auf Fusion zulassen, jedoch wollen wir einen stichfesten Beweis", so Latzer. Die Tüftler lassen sich aber nicht unterkriegen: "Wir konnten das Problem bereits lokalisieren und planen die nächsten Schritte."

Jalousien dunkeln ab, um das pinke Licht noch besser sichtbar zu machen. ©LauraSchwaerzler
Das Leuchten funktioniert reibungslos. ©LauraSchwaerzler
Bei ihrem ersten damaligen Versuch klappte es nicht nach ihren Vorstellungen. Um so toller ist das Gefühl jetzt für sie. ©VOL

Uni-Professor zeigt sich begeistert

Der Wissenschafter zeigt sich dennoch sehr beeindruckt von den jungen Physikinteressierten: „Ich habe während meines Aufenthalts gesehen, wie sie auftretende Probleme durch logisches Denken und kreative Ideen gelöst haben.“

Es ist viel mehr als nur eine Lampe für die vier. ©LauraSchwaerzler

"Mich beeindruckt der Mut"

Er betont gleichzeitig, dass Naturwissenschaften und Technik leider in Österreich noch immer zu wenig Anerkennung finden. Deswegen liegt ihm besonders am Herzen, junge Interessierte aktiv zu fördern. "Mich beeindruckt der Mut, sich an so ein Thema – welches sie sich übrigens selbst ausgesucht haben – heranzutrauen", so der Physiker.

v.l.: Felix Latzer und Adrian Gössl zeigen stolz ihr leuchtendes Plasma. ©LauraSchwaerzler

(VOL.AT)

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