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Virtuos aneinander vorbei: Die "Wiener" und ihr Solist in Salzburg

Pierre-Laurent Aimard und die Philharmoniker bei Salzburger Mozartwoche kunsthandwerklich sauber, aber uninspiriert und im Detail nicht exakt zusammen.

Natürlich haben sie es drauf, das Konzert in A-Dur für Klavier und Orchester, KV 488, von Mozart. Es ist schließlich eines der beliebtesten und meist gespielten Konzerte aus der Feder des Meisters. Der “Artist in Residence”, Pierre-Laurent Aimard, sowie die Wiener Philharmoniker haben gestern, Sonntag, Abend unter der Leitung von Ingo Metzmacher zum konzertanten Stelldichein ins Große Festspielhaus gebeten. Fürs Publikum der Salzburger Mozartwoche fiel dabei nur kunsthandwerkliche Meterware ab – die Philharmoniker und ihr Solist haben ihr Mozart-Konzert ganz offensichtlich nicht detailgenau und exakt geprobt.

Da ein Motiv, mit dem das Orchester später dran ist als der Solist, und dort ist ein Akzent nicht auf dem Punkt. Hier verlangsamt das Klavier, aber die Geigen gehen nicht mit oder steigen an anderer Stelle eine Nuance zu früh ein. Sie scheinen im feinstofflichen Bereich nicht zu hören oder sich nicht darum zu kümmern. Nichts atmet gemeinsam, jeder schwingt für sich. Das kommunikative musikalische Miteinander von Solist und Orchester erstickt in glatter, uninspirierter Brillanz.

Wahrscheinlich haben die Musiker die Sätze dieses Standardwerkes vor dem Konzert gerade einmal angespielt – Probezeit ist knapp und teuer, international professionalisierter Konzertbetrieb eben. Also spulten sie ab, spielten, was drin steht in den Noten. Ohne sich einzulassen auf die – zugegeben etwas anstrengendere – Gefühlswelt Mozart, in der Wachheit, Aufmerksamkeit und verspielte Vitalität durch Routine nicht zu ersetzen sind. Eine gute CD wäre inspirierender gewesen als diese Musiker auf der Bühne. Das beste Orchester der Welt und der zentrale Pianist der Internationalen Mozartwoche sind virtuos aneinander – und damit auch an ihrem Publikum – vorbeigeschrammt.

Und dann kam das Konzert doch noch in Gang. Der erste kleine Schritt gelang mit Olivier Messiaen und seinem “Reveil des Oiseaux” für Klavier und Orchester. In dieser extrem filigranen, ja kammermusikalischen Komposition aus dem Jahr 1953 sind es fast immer einzelne Stimmen hoher Instrumente, mit denen der Komponist Vögel imitiert und Klangbilder der Natur nachzeichnet. Durch einen virtuosen Klavier-Part schlägt Messiaen formale Brücken und gibt dem Erwachen der Vögel kompositorische Form.

Und doch fand Messiaen mit diesem Stück auch gestern Abend nicht zu seinem Publikum. Die rhythmisch hochkomplexen Einzelteile lassen das Gros der Musiker unbeschäftigt, nie nützt Messiaen die Möglichkeiten des großen orchestralen Tutti. So zerfranst das Klangbild, und die Komposition zerrinnt zwischen den Fingern, obwohl der motivische Ideenreichtum im Detail viele lebendige Eindrücke hinterlässt.

Etwas behäbig angehen ließen die Philharmoniker dann nach der Pause das von entwaffnender, federleichter Schlichtheit gekennzeichnete Menuett in Mozarts Es-Dur-Symphonie KV 543. Aber in den beiden Ecksätzen haben die Mannen (plus zwei Frauen) aus Wien dann doch wieder einiges gut gemacht. Schwung kam auf, die Luft geriet in Bewegung, endlich Leben im Festspielhaus. Auch Metzmacher war plötzlich da, wo vorher irgendjemand den Takt geschlagen hat. Immerhin, aber das inspirierte Ende kann den seelenlosen Anfang nicht mehr aus dem Gedächtnis verdrängen.

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