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Viennale: Musil-Adaption "A Portuguesa"

Die Einstellungen verharren zum Teil minutenlang in der Totalen.
Die Einstellungen verharren zum Teil minutenlang in der Totalen. ©Viennale
Rita Azevedo Gomes hat mit "A Portuguesa" eine hochstilisierte Adaption der Novelle "Die Portugiesin" von Robert Musil geschaffen. Zu sehen in der Urania und im Metro.

Für Filmemacher stellt sich bei einer Literaturadaption stets die Frage, wie nahe man an der Vorlage bleiben möchte, wie sich der Geist eines Werks in ein anderes Medium transponieren lässt. Rita Azevedo Gomes hat sich bei "A Portuguesa", basierend auf Robert Musils Novelle "Die Portugiesin", für einen anderen Weg entschieden, wie sich nun bei der Viennale zeigt.

"A Portuguesa" als Robert Musil in Erstarrung

Die portugiesische Regisseurin hat für ihre Interpretation von Musils nüchterner Novelle - Teil der Trilogie "Drei Frauen" - einen theatralen Stil entwickelt, der seine Künstlichkeit ostentativ ausstellt. Im Zentrum der im Mittelalter angesiedelten Geschichte steht die junge, aus Portugal geholte Gattin des Lords von Ketten, als ätherische und doch willensstarke Frau von Clara Riedenstein interpretiert. Die nimmt das unwirtliche Familienschloss im Norden Italiens in Besitz, während sich ihr Gatte (Marcello Urgeghe) für elf Jahre auf Kriegszug begibt. Bei seiner Rückkehr muss sich das Paar erst richtig kennenlernen, um sich wieder einander nähern zu können.

Nun hätte der nüchterne Musil-Stil auf der Leinwand durchaus das Potenzial, zu einem intimen Frauenporträt zu werden. Stimmige Psychogramme zu schaffen, interessiert Gomes allerdings nicht. Sie treibt den Musil'schen Symbolismus stattdessen parabelhaft auf die Spitze und scheut den psychologischen Naturalismus wie der Teufel das Weihwasser.

Chansonikone Ingrid Cave als Minnesängerin

Der Text wird von den Akteuren deklamiert, mehr ins Nichts als zueinander gesprochen. In der Farbintensität und Lichtgebung orientiert sich der Bildaufbau bewusst an den Gemälden der Zeit. Die Statisten tragen ihr Statistendasein wie eine Monstranz vor sich her, die Kostüme machen in ihrer unbefleckten Farbigkeit den Eindruck, allesamt frisch aus der Schneiderwerkstatt entsprungen zu sein, während die Einstellungen teils minutenlang in der Totalen verharren. Und die mittlerweile 81-jährige deutsche Chansonikone Ingrid Caven gleitet als geisterhafte, musikalische Kommentatorin, als der Zeit entrückte Minnesängerin durch die Szenerie.

So verrinnt in der Geschichte die Zeit selbst, ohne dass man als Zuschauer im Fluss orientiert wäre. Ob Jahre zwischen zwei Einstellungen verstrichen sind oder Stunden? Man weiß es oft nicht. Einzig, dass bei aller Bildgewalt die zweieinviertel Stunden von Gomes' Werk ihre Längen haben, das ist gewiss.

"A Portuguesa" ist am 5. November um 18.30 Uhr in der Urania und am 6. November um 13.30 Uhr im Metro zu sehen.

(APA/Red)

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