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Viennale: "Austrian Shorts" drehen sich, prallen ab, explodieren

Mit einem Kleinod für großes Kino beginnt das Programm "Austrian Shorts" bei der diesjährigen Viennale:

“12 Explosionen” nennt sich die nächtliche Stadteroberung von Johann Lurf, der sich nach der sinnlichen Dolly-Zoom-Studie “Vertigo Rush” im vergangenen Jahr heuer mit Feuerwerk und damit nicht weniger eindrucksvoll zurückmeldet. Eine ähnlich bleibende Wirkung erzielen Harald Hund und Paul Horn mit ihrem installativen Kurzfilm “Dropping Furniture”, in dem genau das passiert, was der Titel verspricht: Aus sieben Meter Höhe werden Möbel in ein Wohnzimmer fallen gelassen – und die Wirkung bleibt nicht aus, wie man morgen (Dienstag) um 20.30 Uhr und am Donnerstag um 15.30 Uhr im Stadtkino überprüfen kann.

Die österreichische Avantgardefilm-Szene muss sich über fehlende Aushängeschilder nicht beklagen. Von Peter Tscherkassky bis Mara Mattuschka, von VALIE EXPORT bis Kurt Kren sind die großen Namen zahlreich. Neue oder eigene Richtungen einzuschlagen ist für junge heimische Filmemacher angesichts der langen Schatten der prominenten Vorreiter oftmals dementsprechend schwer. In den “Austrian Shorts” präsentiert die Viennale nun wieder einige jener Namen, die in den vergangenen Jahren neu aufgetaucht sind oder bereits von sich reden gemacht haben. Zu letzterer Kategorie gehört Siegfried A. Fruhauf, dessen “Ground Control” eine weitere starke Referenz für seine Bildrausch-Miniaturen darstellt.

Ebenfalls im Kanon findet sich mittlerweile Sasha Pirker wieder, die mit “Angelica Fuentes, The Schindler House” an die gelungene Arbeit “John Lautner, The Desert Hot Springs Motel” indirekt anknüpft und so ihre architektonische Wanderschaft durch die USA fortsetzt. Der junge Performance-Künstler Jan Machacek befindet sich anschließend “in the mix” und zieht auch sein Publikum in einen hypnotischen Strudel, der bis zur Erschöpfung reicht. Angelika Brudniak und Cynthia Madansky widmen sich in ihrer Doku danach dem Städtchen “Minot, North Dakota”, das zur Gänze auf einem nuklearen Waffendepot liegt und eindeutig im Kalten Krieg stecken geblieben ist.

Michael Aschauer hat für “24/7 (Into the Direction of Light)” sieben Tage lang den Horizont am Meer gefilmt, im Zeitraffer entstand aus dem beschleunigten Blick auf die natürliche Veränderung eines fast ikonischen Sehnsuchtsbildes ein meditatives Spiel aus Farben, Licht und Landschaft. Am Ende des insgesamt 67-minütigen Programms folgen zwei Filme von Christoph Weihrich: In “Via Carera” baut er ein sanftes, in schwarz-weiß gehaltenes und ausschließlich in der Kamera geschnittenes Zeitraffer-Porträt einer schmalen Gasse. Und in “14. März 1938 – Ein Nachmittag” geht es zum Abschluss um den “Anschluss”: Hitler fährt in Wien Hadersdorf ein, ein gemütlicher Nachmittag folgt – Weihrich hat an der Montage seines Flohmarktfundes nichts mehr geändert, das Dokument bleibt – so wie es ist – gänsehauterregend.

Weitere Kurzfilme aus Österreich sind im Kurzfilmprogramm 1 zu sehen. Josef Dabernigs neuer Film “Hotel Roccalba” und Martin Bruchs gemeinsam mit Reinhilde Condin erstelltes Daheim-Reise-Projekt “home.movie” sind darin mit Ben Russells “Black and White Trypps Number Three” (Großbritannien) und “Horizontal Boundaries” von Pat O’Neill (USA) gekoppelt.

Austrian Shorts“, Stadtkino, Dienstag, 20.30 Uhr, und Donnerstag, 15.30 Uhr – http://www.viennale.at

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