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"Viel Schweigen um..." - Territorialkonflikte in Europa

Georgien am 8. August 2014: Gedenken an Opfer des Kaukasuskrieges vor sechs Jahren.
Georgien am 8. August 2014: Gedenken an Opfer des Kaukasuskrieges vor sechs Jahren. ©EPA
Auch Europa, das sich seiner friedlichen Entwicklung rühmt, war und ist in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz blutiger Konflikte. Diese enden nicht selten als "frozen conflicts", die scheinbar unlösbar auf internationalem Parkett nur noch wenig Beachtung finden. Russland spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle, Teile Osteuropas sind daher über Moskaus eurasische Pläne besorgt.

In der Ostukraine tobt der blutige Konflikt um die abtrünnigen Regionen Donezk und Luhansk, die sich selbst zu “Volksrepubliken” erklärten. Während der Wirren der “Maidan”-Revolution im Frühjahr 2014 annektierte Russland die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim.

2008: Georgien verlor Kontrolle

2008 verlor die Südkaukasusrepublik Georgien in einem Krieg gegen Russland komplett die Kontrolle über Südossetien und Abchasien. Die Region Transnistrien sagte sich Anfang der 1990er Jahre von Chisinau (Republik Moldau) los und wird von Moskau wirtschaftlich und politisch unterstützt.

Die Bemühungen der OSZE um eine Lösung des Berg-Karabach-Konflikts um die international nicht anerkannte “Republik Nagorny-Karabach” zwischen Baku (Aserbaidschan) und Eriwan (Armenien) verlaufen seit Jahren im Sand. Russland hat dabei die Rolle der Schutzmacht Armeniens.

Obwohl die internationale Gemeinschaft offiziell die territoriale Integrität der Staaten unterstützt und die separatistischen Regionen nicht als unabhängig anerkennt, findet sich zu den Gebietsverschiebungen keine (lautstarke) Diskussion auf dem internationalen Parkett.

Staaten suchen Schutz in gestärkter NATO

Zugleich zeigen sich weitere Staaten in Osteuropa besorgt über die Pläne eurasischer Kremlideologen und suchen Schutz in einer gestärkten NATO. Mit der Eurasischen Union wollen einige frühere Sowjetrepubliken ein Gegengewicht zur EU schaffen, die weit nach Osten hin expandiert ist.

“Ein Traum von Putin”

Beim eurasischen Projekt des russischen Präsidenten Wladimir Putin gehe es um ein “Erneuerungsprojekt der Hegemonie”, eine Vereinheitlichung sämtlicher Ressourcen im post-sowjetischen Raum, um ein aufgebautes Zentrum den USA entgegenstellen zu können, meinte Kostiantyn Bondarenko, Direktor des Institutes für Ukrainische Politik in Kiew, jüngst bei einem Vortrag in Wien. “Es ist ein komplexes, ambitioniertes, strategisches Projekt, ein Traum von Putin, die unipolare Welt soll durch eine bipolare Welt ersetzt werden.” Die Eliten der Partnerländer würden dazu verlockt, Putin habe wirtschaftliche (zollgestützte) Einnahmen geopfert, für politische Einflussnahme.

Russland bestätigt diese Annahmen. Putin erfreut sich in Umfragen unter seinen Landsleuten mit seiner Territorialpolitik eines Umfragehöhenflugs. Innenpolitische Probleme werden zum Verstummen gebracht.

Medwedew: “Einzig richtige Entscheidung”

Der russische Regierungschef Dmitri Medwedew verteidigte den Krieg um Südossetien und Abchasien – das am Sonntag (24.8.) einen neuen “Präsidenten” wählt – vor wenigen Tagen als “einzig richtige Entscheidung”, wie die russische Agentur Ria Novosti berichtete.

“Damals musste ich den wohl schwersten Beschluss in meinem Leben fassen und den Beginn einer Operation zur Befriedung Georgiens verkünden. Jetzt haben wir uns alle davon überzeugt, dass dies die einzig richtige Entscheidung war”, schrieb Medwedew auf seiner Facebook-Seite. Die Weltgemeinschaft sei vor sechs Jahren weise genug gewesen, um Russland zu verstehen, nachdem Moskau die Souveränität von Südossetien und Abchasien anerkannt hatte. “Im Endergebnis leben Abchasien und Südossetien seit sechs Jahren in Frieden.” Russland sowie Venezuela, Nicaragua, Nauru und Tuvalu sind die einzigen Staaten, welche die Unabhängigkeit der beiden Regionen anerkannt haben.

“Zeit, die Teile einzusammeln”

Geht es nach Russlands nationalistischem Vize-Regierungschef Dmitri Rogosin, ist das alles erst der Auftakt: Es sei ein knappes Vierteljahrhundert nach dem Zerfall der Sowjetunion “Zeit, die Teile einzusammeln”, twitterte Rogosin am 12. Juni. Anlass seiner Mitteilung war der 24. Jahrestag einer “Souveränitätserklärung” des damals noch sowjetischen Russlands. Dass es auch innerhalb Russlands Teilrepubliken gibt die seit Jahren ihre Unabhängigkeit einfordern – wie etwa Tschetschenien, Dagestan, Kabardino-Balkarien oder Inguschetien – passt da wenig ins Konzept.

(APA)

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