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Verschwörung um "Verschwörung": Umstrittene "Millennium"-Fortsetzung

Larssons Lebensgefährtin Eva Gabrielsson ist mit der Wahl nicht glücklich.
Larssons Lebensgefährtin Eva Gabrielsson ist mit der Wahl nicht glücklich. ©AP
Stieg Larsson ist tot, doch seine Helden leben und leben und leben: Elf Jahre nach dem Tod des Verfassers der "Millennium"-Trilogie kommt am Donnerstag eine Fortsetzung in die Buchläden - nicht nur posthum veröffentlicht wie die ersten drei Bände des Thrillers, sondern gleich ganz aus fremder Feder.

Der schwedische Verlag Norstedts und Larssons Erben behandeln “Verschwörung” wie ein Staatsgeheimnis, Larssons Witwe und seine Freunde eher wie einen Fall besonders düsterer Korruption. Von Anfang an begleiteten Verschwörungstheorien des Verlags die Entstehung von Thriller Nummer vier: Damit kein echter Hacker vorab von den neuen Abenteuern um die erfundene Hackerin Lisbeth Salander und Journalist Mikael Blomqvist erfuhr, durften Autor, Lektoren und Übersetzer nur an Computern ohne Internet arbeiten. Das Original wurde zur Übersetzung per Kurier zu den anderen Verlagen gebracht, Berge von Geheimhaltungsabkommen mussten unterzeichnet werden, Interviews blieben bis zur Erscheinung von “Verschwörung” untersagt.

Kleine Vorschau auf Band 4

“Millennium”-Fans gewährte Norstedts auf seiner Internetseite nur eine kleine Vorschau auf Band 4: “Eines Nachts ruft Frans Balder, führender Kopf bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz, Blomkvist an. Er berichtet, er sei im Besitz welterschütternder Informationen über US-Geheimdienste. Er habe zudem in Kontakt mit einer Superhackerin gestanden, die gewisse Ähnlichkeiten mit einer Blomkvist wohlbekannten Person aufweise.”

“Völlig idiotische Wahl”

Ausgedacht hat sich die neue düstere Geschichte der schwedische Journalist David Lagercrantz, Verfasser der offiziellen Biografie von Fußballstar Zlatan Ibrahimovic. Eine “völlig idiotische Wahl” von Larssons Vater und Bruder, findet Larssons Witwe Eva Gabrielsson, die bei all den Entscheidungen außen vor stand. Lagercrantz habe keine Ahnung von dem Milieu, das ihr langjähriger Partner in seinen Büchern beschreibt, sagte sie einmal der Nachrichtenagentur AFP.

Obwohl Gabrielsson 32 Jahre mit Larsson zusammenlebte, bis er im Jahr 2004 mit 50 Jahren einem Herzinfarkt erlag, fiel das Erbe an seine direkten Angehörigen – Larsson und Gabrielsson waren nicht verheiratet. Nicht nur die 61-Jährige ist über die Fortsetzung verärgert, auch enge Freunde glauben, Verlag, Erben und Lagercrantz handelten aus reiner Gier. In der Zeitung “Dagens Nyheter” sprachen Larssons Freunde von “Grabschändung”.

Kein Ghostwriter

Norstedts weist die Vorwürfe zurück. Verlagssprecherin Linda Altrov Berg wird nicht müde zu betonen, dass “Verschwörung” die Erinnerung an Stieg Larsson nicht trüben werde: Lagercrantz sei kein “Ghostwriter, der Stiegs Stimme imitiert. Es ist sein eigenes Buch”, sagt sie der AFP. Im übrigen publizierten Verlagshäuser Bücher, um damit Geld zu verdienen, fügte sie hinzu. “Wir sein kein Wohltätigkeitsunternehmen.”

Welchen Umsatz sich Norstedts von Band vier erhofft, verrät der Verlag nicht. Nur soviel: Rund 2,7 Millionen Exemplare werden am Donnerstag in 25 Ländern auf den Markt kommen, gefolgt von den USA am 1. September. Larssons Vater und Bruder wollen den Erlös nach eigenen Angaben seinem Lebenswerk zukommen lassen, der von ihm mitgegründeten antirassistischen Zeitschrift “Expo”.

Verfilmungen

Von Larssons düsteren Krimis wurden bisher mehr als 80 Millionen Exemplare verkauft, hinzu kamen Verfilmungen in Schweden und den USA. Literaturwissenschafterin Sara Kärrholm von der Universität Lund ist davon überzeugt, dass Verlag und Erben von den Konzessionen rund um sein Werk profitieren wollen.

“Verschwörung” werde in jedem Fall ein Erfolg, glaubt sie: “Es gibt genügend Menschen, die Larssons Helden mögen und wissen wollen, was aus ihnen wird.” Buch vier sei wie die neue Folge einer beliebten Fernsehserie: Weil die Charaktere zu guten alten Bekannten geworden seien, wolle man sie nicht mehr missen. (APA)

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