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Verluderte Sitten bei Politikern

Wien - Korruptionsbekämpfer Franz Fiedler freut sich, dass immer mehr Missstände aufgedeckt werden.
Politiker in Schwierigkeiten

Der BZÖ-Nationalratsabgeordnete Stefan Petzner dürfte heute zurücktreten. Sein Parteichef Josef Bucher veranstaltet am Vormittag eine Pressekonferenz, die auch unter dem Titel „Personelles“ steht. Gestern ließ er bereits wissen, dass es dabei um Petzner gehen werde. Der langjährige Weggefährte des verstorbenen FPÖ-Politikers Jörg Haider („mein Lebensmensch“) ist nicht über ein politisches Vergehen gestolpert, sondern über eigene Unzulänglichkeiten: Wie er selbst mittlerweile zugegeben hat, ist er zuletzt zumindest einmal ohne Führerschein mit dem Auto gefahren; dabei soll er auch von der Polizei erwischt worden sein. Der Führerschein selbst war ihm im Dezember 2010 wegen Schnellfahrens abgenommen worden, Medienberichten zufolge war er nicht mit den erlaubten 130 km/h, sondern mit 180 km/h unterwegs gewesen. Im Februar setzte er sich nun wieder ins Auto. Allerdings nicht aus Jux und Tollerei, wie Petzner selbst beteuert, sondern aufgrund eines „medizinischen Notfalls“ – er habe aufgrund eines vom Arzt diagnostizierten (und letztendlich gutartigen) Tumors ins Spital müssen.

Schwierigkeiten bekommen

Vorfälle wie dieser, die genauso gut auf den Chronikseiten einer Zeitung berichtet werden könnten, häufen sich; es handelt sich um Meldungen über Politiker, die außerhalb ihres unmittelbaren Aufgabenbereichs in Schwierigkeiten geraten (siehe auch nachfolgende Auflistung dazu). Die Zahl der Fälle à la Strasser und Co. nehme nicht zu, meint der Korruptionsbekämpfer Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler im VN-Gespräch: „Man erinnere sich nur an die Skandale der 80er-Jahre.“ Fiedler geht vielmehr davon aus, dass von den Medien immer mehr aufgedeckt werde. Aus demokratiepolitischer Sicht sei das erfreulich. In der Causa Prima tat sich gestern wieder etwas: Ernst Strasser reichte seinen Antrag auf Niederlegung seines Mandats als EU-Abgeordneter ein. Gegen elf Uhr hatte er dazu das Parlamentsgebäude in Brüssel betreten – und zwar durch die Hintertür; damit entging er wartenden Fotografen und Journalisten. Als Lobbyisten getarnte Enthüllungsjournalisten hatten Strasser immerhin dazu gebracht, Interesse an einem „Geschäft“ zu signalisieren: 100.000 Euro für das Einbringen bestimmter Gesetzesanträge.

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