Einigung auf neues Strommarktgesetz
Es sei ein Kompromiss gefunden worden, mit dem sie gut leben könne, machte die frühere Infrastrukturministerin und nunmehrige Grünen-Klubobfrau Leonore Gewessler am Abend die Zustimmung ihrer Fraktion endgültig klar. Sie sei sehr froh, dass die Einspeise-Entgelte (für Private), die die Koalition geplant hatte, nun Geschichte seien. Wenige Stunden davor hatte Energiesprecher Lukas Hammer schon bei einem gemeinsamen Medientermin mit Vertretern der Koalition klar gemacht, dass es für die Grünen untragbar gewesen wäre, Menschen, die mit ihren Photovoltaik-Anlagen in die Energiewende investiert haben, zu bestrafen.
Sozialtarif für einkommensschwache Haushalte
Ziel des Gesetzes ist es, die Netzkosten gerechter zu verteilen und einen Sozialtarif für rund 280.000 einkommensschwache Haushalte zu entwickeln. Die Koalition verspricht sich daraus niedrigere Strompreise. Gewessler warnte hingegen vor solchen Versprechungen, könnte doch so Glaubwürdigkeit verspielt werden. FP-Mandatar Arnold Schiefer war überzeugt, dass das Gesetz Strom weder für Menschen noch für Unternehmen billiger machen werde.
Dennoch sprach Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) bei seinem Auftritt im Nationalrat konsequent von einem "Billig-Strom-Gesetz". Die Novelle hält er ohnehin für die größte Reform des Strommarkts seit 20 Jahren. Man habe pragmatisch und ohne ideologische Scheuklappen verhandelt. Es gebe nun eine "Preis-Runter-Garantie", müssten Tarifsenkungen an den Märkten doch weiter gegeben werden.
Sozialtarif ausgeweitet
Gewürdigt wurde vom Minister auch der Sozialtarif in Höhe von 6 Cent pro Kilowattstunde für die ersten 2.900 Kilowattstunden (kWh). Davon profitieren nach der Einigung nun nicht nur die rund 250.000 vom ORF-Beitrag befreiten Haushalte, sondern auch einige zehntausend Arbeitslose und Notstandshilfe-Bezieher. Die Kosten des Sozialtarifs von rund 60 Mio. Euro jährlich muss laut dem Gesetz die Strombranche tragen. SP-Energiesprecher Alois Schroll sah heute den Start für eine sozialere, fairere und modernere Ära am Strommarkt.
Auch ÖVP-Energiesprecherin Tanja Graf sprach von der "größten Strommarktreform der letzten zwanzig Jahre", Karin Doppelbauer von den NEOS lobte unter anderem, dass nun Batteriespeicher zu einem Geschäftsmodell werden und das Netz entlasten.
150 Seiten und 191 Paragrafen
Das Gesetz fixiert auf rund 150 Seiten und in 191 Paragrafen einen neuen Rechtsrahmen für den sich rasch verändernden Strommarkt. Neben der Beteiligung von großen Energieeinspeisern an den Kosten des Netzausbaus kommen Spitzenkappungen für neue Windkraft- und Photovoltaikanlagen zur Entlastung der Netze. Batteriespeicher wiederum werden von den Netzentgelten befreit, wenn sie "systemdienlich" betrieben werden.
Die Spitzenkappungen waren vor allem von der Windindustrie scharf kritisiert worden, weil sie die Wirtschaftlichkeit von neuen Projekten gefährden würden. Die Einigung mit den Grünen sieht nun vor, dass die Kappung nicht zwei, sondern nur ein Prozent der Jahresmenge betrifft. Bei Photovoltaik wird nun nicht bei 60, sondern erst bei 70 Prozent gekappt.
(APA)
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