Vatikan will Briefe zwischen Wojtyla und Jugendfreundin überprüfen
Die 88-jährige Wanda Poltawska hatte Karol Wojtyla nach dem Zweiten Weltkrieg an der Universität kennengelernt. Der künftige Papst war ihr Seelsorger geworden.
Die Polin, die als katholische Widerstandskämpferin im KZ Ravensbrück eines der Opfer der brutalen Experimente deutscher SS-Ärzte gewesen war, war 55 Jahre lang mit dem Papst schriftlich in Verbindung. Öfters besuchte sie Johannes Paul II. in Rom und verbrachte Sommerurlaube in der päpstlichen Sommerresidenz von Castel Gandolfo.
Die Psychiaterin sammelte im Laufe der Jahre Hunderte von Briefen des Papstes. Einige davon gab sie der Heiligsprechungskongregation weiter, andere veröffentlichte sie in einem Buch, das in Polen bereits erschienen ist und im kommenden Februar auch in Italien gedruckt wird. Die Briefe sollen jetzt von der Kongregation überprüft werden, die das Verfahren um die Seligsprechung von Johannes Paul II. leitet. “Alle Dokumente über einen Kandidaten zur Seligsprechung interessieren uns”, sagte Kardinal Jose Saraiva Martins, emeritierter Präfekt der Heiligsprechungs-Kongregation nach Angaben der Turiner Tageszeitung “La Stampa”. Das Blatt spekulierte, dass wegen der zusätzlichen Korrespondenz zwischen Wojtyla und Poltawska, die die Kongregation jetzt überprüfen muss, die Seligsprechung von Johannes Paul II. verzögert werden könnte.
“Ich habe Wojtyla 1950 getroffen. Ich war nach dem KZ zerstört. Ich wollte die Seele des Menschen ergründen, um zu begreifen, warum die Menschheit zu einem derartigen Horror fähig ist. Wojtyla wurde zu meinem Seelsorger. Er half mir, aus dem schrecklichen Schmerz des Lagers herauszukommen. Dank ihm fühlte ich mich nicht mehr schuldig, weil ich noch am Leben war, während so viele Mütter ihre Kinder verloren hatten. Die Albträume des Lagers hielten mich aber wach. Er half mir, die Fragen zu beantworten, die mich innerlicht quälten”, berichtete die in Krakau lebende Psychiaterin im Gespräch mit “La Stampa”.
“Wir haben viele Interessen, wichtige Momente, Spiritualität und diese Liebe für die Natur geteilt, die wir bei den Zeltlagern in den Bergen im südlichen Polen bis zu den Sommerurlauben im goldenen Käfig von Castel Gandolfo nach seiner Papst-Wahl erlebten. In Krakau haben wir gemeinsam zur Rettung von Kindern vom kommunistischen Regime gekämpft, das die Abtreibung förderte. (…) Vom Anfang an wusste ich, dass er ein Heiliger werden würde. Er strahlte ein inneres Licht aus, das er nicht verbergen konnte. Ich habe einen ganzen Koffer voll mit seinen Briefen. Ich weiß nicht, wie viele davon ich der Heiligsprechungskongregation gegeben habe. Ich habe keinen Brief vernichtet. Ich habe einige Briefe ausgewählt und sie in Polen veröffentlicht, selbst wenn einige Personen damit nicht einverstanden waren”, sagte die Psychiaterin.
In den 60er Jahren erkrankte die Polin an Krebs. 1962 bat Johannes Paul II. den später heiliggesprochenen Kapuzinermönch Padre Pio (1887-1968) schriftlich um Hilfe für Poltawska, die kurz darauf geheilt wurde. Die Korrespondenz zwischen der Polin und dem Papst dauerte bis zum seinem Tod im Jahr 2005.
Die Veröffentlichung der Briefe zwischen Poltawska und dem Papst sorgte für Aufregung im Vatikan. “Poltawska hätte alle Briefe des Papstes in Krakau oder in Rom während der diözesanen Untersuchung über sein Leben abgeben sollen. Jetzt ist das Verfahren im Vatikan im Gange, das Kollegium der Theologen, das das Verfahren überprüft, müsste jetzt die komplette Briefsammlung überprüfen”, meinte Saraiva Martins.
Der Privatsekretär von Johannes Paul II. und heutiger Erzbischof von Krakau, Stanislaw Dziwisz, kritisierte Poltawska. “Leider gibt es Personen, die sich wichtig machen wollen und nicht so diskret sind, die Privatkorrespondenz mit Karol Wojtyla geheim zu halten”, wurde Dziwisz von “La Stampa” in der Montagausgabe zitiert. “Wojtyla hat in seinem Leben Kontakte mit vielen Menschen gepflegt, die er als junger Priester in Polen kennengelernt hatte. Die anderen Menschen haben jedoch die Briefe nicht publik gemacht”, meinte Dziwisz.
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