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Varoufakis pocht auf Schuldenschnitt - Vermittlung gescheitert

Varoufakis pocht auf Schuldenschnitt und längere Tilgungszeiten
Varoufakis pocht auf Schuldenschnitt und längere Tilgungszeiten ©AP
Während sich das griechische Schuldendrama unaufhörlich seinem letzten Akt nähert, und der sieht für Athen nicht gut aus, pocht Varoufakis auf längere Laufzeiten zur Schuldentilgung und einen Schuldenerlass.

Im festgefahrenen Schuldenstreit mit den internationalen Geldgebern pocht Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis auf längere Laufzeiten zur Schuldentilgung und einen Schuldenerlass. In einem im Voraus veröffentlichten “Bild”-Interview (Montag) sagte Varoufakis, das Land brauche eine Umschuldung.

Schuldenschnitt statt weiterer Hilfsgelder

“Nur so können wir die Rückzahlung von so viel Schulden wie möglich garantieren und auch leisten.” Er würde auf weitere Hilfsgelder verzichten, wenn die Gläubiger von EZB, IWF und EU einen Schuldenschnitt anbieten würden. Auch der IWF wolle eine Umschuldung. Außerdem benötige Griechenland “eine Streckung der Laufzeiten”. Einen Grexit halt er für keine sinnvolle Lösung. “Aber alles ausschließen kann niemand, auch ich kann nicht ausschließen, dass ein Komet die Erde trifft.”

Varoufakis: “Wir wollen kein weiteres Geld mehr”

Der Finanzminister des von einem Staatsbankrott bedrohten EU- und NATO-Staates sagte zugleich: “Wir wollen kein weiteres Geld.” Deutschland und der Rest der Eurozone hätten Griechenland “doch schon zu viel Geld gegeben – und zwar gehörig”. Griechenland wolle “keinen Cent für Löhne und Pensionen und Schuldentilgung”.

Trotz der festgefahrenen Gespräche könne es eine schnelle Einigung geben, sagte Varoufakis. “Eine Einigung könnte in einer Nacht erreicht werden. Aber: Die (deutsche, Anm.) Kanzlerin muss dabei sein.” Das seinem Land von den Gläubigern auferlegte Sparprogramm sei gescheitert. “Es führt kein Weg daran vorbei: Wir müssen ganz von vorn anfangen, Tabula rasa machen.”

Zugleich räumte er massive Probleme in der staatlichen Finanzverwaltung ein, etwa bei der Mehrwertsteuer: “Wissen Sie, was unser wirkliches Problem mit der Mehrwertsteuer ist? Wir sind nicht in der Lage, sie zu kassieren”, erklärte der Athener Finanzminister. Er warnte davor, wie von den Gläubigern gefordert, die Mehrwertsteuer für “wichtige Lebensbereiche” auf 23 Prozent zu erhöhen: “Dann kommt noch weniger in die Kassen. Klingt verrückt, aber es ist so: Je höher diese Steuern, je weniger zahlen die Leute, sie fühlen sich dann berechtigt, nicht mehr zu zahlen.”

Vermittlungsgespräche gescheitert

Am Sonntag war ein Vermittlungsversuch von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vorerst gescheitert. Bei den diskutierten Reformen bestehe zwischen den Geldgebern und der Regierung in Athen noch immer ein deutlicher Unterschied, teilte ein Kommissionssprecher am Sonntag nach dem Abbruch der Beratungen in Brüssel mit. Die weiteren Verhandlungen müssten jetzt in der Eurogruppe geführt werden. Das nächste Treffen der 19 Euro-Finanzminister ist am Donnerstag in Luxemburg geplant. Nach dem Scheitern des Vermittlungsversuchs können nur noch die Finanzminister der Euro-Länder das Schlimmste verhindern.

Schulz sieht Spielraum für Einigung

Trotz des Abbruchs des Vermittlungsversuchs sieht der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, Spielraum für eine Einigung. Bis zum Treffen in Luxemburg würden die Gespräche weitergeführt, sagte er in der ARD-Sendung “Günther Jauch”. Man werde weiter hart verhandeln müssen, weil beide Seiten ein Interesse daran haben müssten, dass es zu einem vernünftigen Kompromiss komme.

Die Uhr im Griechen-Drama tickt

Die Zeit drängt: Am 30. Juni läuft das schon zwei Mal verlängerte Hilfsprogramm für Griechenland auf europäischer Seite aus. Ohne Einigung droht dem Land der Staatsbankrott. Am 30. Juni muss Athen zudem rund 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen. Umstritten bei den Verhandlungen sind insbesondere Reformen bei den Renten oder der Mehrwertsteuer.

Reformpaket Voraussetzung für Hilfszahlungen

“Präsident Juncker bleibt überzeugt, dass mit verstärkten Reformanstrengungen auf der griechischen Seite und politischem Willen auf allen Seiten eine Lösung bis Monatsende gefunden werden kann”, sagte der Kommissionssprecher in Brüssel weiter. Ein Reformpaket ist Voraussetzung für die Auszahlung von blockierten Hilfen in Höhe von 7,2 Milliarden Euro.

Dem Sprecher zufolge wurden am Wochenende einige Fortschritte erzielt. Die Pläne der Geldgeber und von Griechenland lägen auf einer jährlichen Basis um etwa zwei Milliarden Euro auseinander. “Außerdem bleiben die griechischen Vorschläge unvollständig”, bemängelte der Sprecher

In Athener Regierungskreisen hieß es, man werde “auf keinen Fall Kürzungen von Renten und Löhnen oder der Erhöhung der Mehrwertsteuer wie für die Elektrizität” zustimmen. Der IWF bestehe auf Rentenkürzungen in Höhe von 1,8 Milliarden Euro jährlich, hieß es.

Gabriel: Keine Rettung “um jeden Preis”

SPD-Chef Sigmar Gabriel schloss eine Rettung Griechenlands “um jeden Preis” aus. In der ARD-Sendung “Bericht aus Berlin” sagte der Vizekanzler, nicht nur die Zeit laufe ab, sondern in vielen Teilen Europas sei auch die Geduld zu Ende. In der griechischen Regierung säßen Leute, “die glauben, dass die Angst vor einem Ausscheiden Griechenlands so groß ist, dass wir alles mitmachen. Das wird nicht passieren, wir lassen uns nicht erpressen.”

Gabriel sagte zudem: “Was wir natürlich nicht wollen, ist, dass die griechische Regierung ihre Verpflichtungen nicht erfüllt, sondern sozusagen auch noch auf die deutschen Steuerzahler übertragen will und auf die europäischen – das geht nicht.” (dpa/APA/red)

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