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USA: Konservativer an Spitze des Höchstgerichts

Mit der Berufung eines neuen Richters hat US-Präsident George W. Bush das konservative Gewicht des Obersten Gerichts verstärkt. Die Wahl fiel auf den 50-jährigen Richter John G. Roberts.

Die Entscheidung für den mit 50 Jahren noch vergleichsweise jungen Richter John G. Roberts wurde von Bushs Republikanischer Partei begrüßt. Weil die Richter am Höchstgericht bis zu ihrem Tod oder ihrer Pensionierung im Amt bleiben, beeinflusst Bush mit seiner ersten Neuberufung für den Supreme Court auch die Justiz in der Amtszeit seiner Nachfolger.

Roberts soll das Amt der in den Ruhestand tretenden Richterin Sandra Day O’Connor (75) übernehmen, deren Entscheidungen keine Präferenz für eine bestimmte Partei erkennen ließen. Sie gab oft den Ausschlag zwischen dem liberalen und konservativen Lager, dem je vier der neun Richter angehören. In seinem bisherigen Amt als Richter am Bundesberufungsgericht im District of Columbia (Bundeshauptstadt Washington) habe sich Roberts voll in den Dienst der Gerechtigkeit gestellt, erklärte Bush am Dienstagabend (Ortszeit) in einer Fernsehansprache. Der 50-Jährige sei weithin anerkannt für seine vernünftige Urteilsfindung und seine persönliche Aufrichtigkeit. Bush hatte Roberts im Jahr 2003 selbst zum Bundesberufungsrichter in Washington ernannt.

Roberts sagte, dass er als Anwalt und als Jurist der Regierung schon 39 Fälle vor dem Supreme Court vertreten habe. Jetzt freue er sich auf seine Aufgabe. Der in Harvard ausgebildete Jurist ist eng mit dem politischen Establishment in Washington vertraut, da er unter den Präsidenten Ronald Reagan (1981-89) und George Bush (1989-93) bereits verschiedene Aufgaben im Weißen Haus und im Justizministerium übernommen hat. Anfang der 1980er Jahre war er Mitarbeiter des Obersten Richters William Rehnquist. Der erzkonservative Jurist hat trotz seines Alters von 80 Jahren und einer schweren Schilddrüsenerkrankung bekräftigt, er werde seine Aufgaben als Vorsitzender des neunköpfigen Richterkollegiums weiter erfüllen.

Die Nominierung von Roberts muss noch vom Senat bestätigt werden. Der führende republikanische Seantor John McCain forderte eine schnelle Bestätigung. Roberts bringe eine „reiche Erfahrung“ für die „höchste Richterbank der Nation“ mit. Einige Parteifreunde Bushs hätten eine Frau oder einen Vertreter einer Minderheit vorgezogen. Andere Republikaner hatten auf Ernennung eines streng Konservativen gedrängt, um das Oberste Gericht politisch rechts auszurichten.

Der demokratische Minderheitenführer im Senat, Harry Reid, bescheinigte Roberts zwar „angemessene juristische Eignung“. Es müsse aber erst noch überprüft werden, ob er in der Vergangenheit das notwendige Bekenntnis zu den amerikanischen Werten von Freiheit, Gleichheit und Fairness gezeigt habe. Der demokratische Senator Edward Kennedy will überprüfen, ob Roberts fähig sei, „zwischen seiner persönlichen Ideologie und der Herrschaft des Rechts zu unterscheiden“. Die Demokraten können die Ernennung von Roberts blockieren, ähnlich wie sie dies schon bei zehn Kandidaten von Bush für niedrigere Richterposten gemacht hatten.

Die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) erklärte sich „tief besorgt“ wegen einiger Stellungnahmen von Roberts. So habe dieser vor Jahren dafür plädiert, das Urteil in dem so genannten „Roe gegen Wade“-Prozess zu kippen. In der Grundsatzentscheidung von 1973 hatte das Verfassungsgericht geurteilt, die Entscheidung über eine Abtreibung liege bei der Frau.

Das Oberste US-Gericht nimmt eine Schlüsselstellung im politischen System der USA ein. Seine wohl wichtigste Funktion besteht darin, über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen sowie von Anordnungen der Exekutive zu entscheiden. In diesen Fragen sind seine Urteile so gut wie endgültig.

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