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US-Wahlen: Obamas Reformen auf dem Prüfstand

Mit dem Verlust der parlamentarischen Mehrheit seiner Demokratischen Partei geraten mehrere Reformvorhaben von US-Präsident Barack Obama in Gefahr.

Die Republikaner könnten neue Projekte verhindern und versuchen, bereits verabschiedete Vorhaben zurückzunehmen.

Abrüstung:

Der Machtzuwachs der Republikaner gefährdet den neuen START-Abrüstungsvertrag mit Russland. Das Abkommen, das eine Reduzierung der Atomwaffenarsenale beider Staaten vorsieht, muss mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat ratifiziert werden. Viele Republikaner vertreten eine Politik militärischer Stärke. Sie betrachten den Vertrag – und Russland allgemein – mit Argwohn. Die Demokraten werden im neuen Senat nur noch eine knappe Mehrheit haben. Sie könnten nun versuchen, das Abkommen in den kommenden Wochen durchzupeitschen, ehe im Januar der neue Senat zusammentritt, in dem sie statt 59 wohl nur noch 52 oder 53 von 100 Sitzen halten.

Gesundheitsreform:

Die Republikaner wollen die bereits verabschiedete Gesundheitsreform zurücknehmen. Die Chancen für eine komplette Rücknahme sind gering: Im neuen Senat fehlt ihnen dafür die Mehrheit, und der Präsident kann ohnehin gegen jeden Beschluss des Kongresses sein Veto einlegen. Allerdings könnten die Republikaner versuchen, die Großreform über den Haushaltsweg auszuhöhlen: Für den geplanten Umbau des Gesundheitswesens werden Dutzende Milliarden Dollar an Staatsgeldern nötig sein. Diese müssen im Haushalt bewilligt werden, der wiederum vom Repräsentantenhaus verabschiedet werden muss. Beobachter erwarten ein heftiges Tauziehen zwischen Kongress und Präsident.

Klima und Energie:

Der von Obama in Aussicht gestellt Kurwechsel der USA beim Klimaschutz wird auf absehbare Zeit nicht kommen. Eine parlamentarische Mehrheit für ein System des Handels mit Emissionsrechten für Treibhausgase ist völlig außer Reichweite. Das Repräsentantenhaus hatte 2009 ein solches Gesetz verabschiedet, doch im Senat gab es dafür keine Mehrheit, da auch viele Demokraten das Vorhaben ablehnten. Obama wird nun versuchen, für kleinere Projekte eine Mehrheit zu finden – etwa zur Förderung erneuerbarer Energien, um die Abhängigkeit von Ölimporten zu vermindern. Eine Mehrheit im Senat für ein internationales Abkommen – etwa eine Nachfolgevereinbarung für Kyoto – wird es bis auf weiteres nicht geben.

Guantanamo:

Obamas Pläne zur Schließung des Gefangenenlagers und zur Verurteilung der Drahtzieher von 9/11 sind noch unrealistischer geworden. Die Republikaner wollen die mutmaßlichen Terrorplaner um Khalid (Khaled) Scheich (Sheikh) Mohammed nicht vor ein Zivilgericht in den USA bringen, sondern vor Militärtribunalen in Guantanamo aburteilen lassen. Weiter offen ist das Schicksal jenes Teils der 174 Guantanamo-Insassen, die als ungefährlich eingestuft wurden, aber nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können, weil ihnen dort Folter droht. Eine Übersiedlung in die USA lehnen die Republikaner, aber auch viele Demokraten ab.

Der Handlungsbedarf ist angesichts von mehr als zehn Millionen illegalen Einwanderern, die in prekären Umständen in den USA leben, unbestritten. Allerdings ist das Thema ideologisch derart aufgeladen, dass selbst der Reformbefürworter Obama bislang noch keinen eigenen Gesetzentwurf vorlegte. Bisherige Vorschläge sehen vor, den Einwanderern eine symbolische Strafe für illegalen Grenzübertritt aufzuerlegen, ihnen dann aber einen Weg zum Bleiberecht zu öffnen. In einem mit fremdenfeindlichen Tönen unterlegten Wahlkampf lehnten viele Republikaner ein solches Vorgehen als “Amnestie” ab – und ließen die Möglichkeit eines Kompromisses in weite Ferne rücken.

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